4
und ich will es auch nicht, weil ich das im letzten Grunde der Dinge für das Judentum mehr für schädlich als für nützlich halte. Staaten kommen und vergehen. Nom ist untergegangen und das heilige Römische Reich, auch Juda ist untergegangen als Staat, aber in der Diaspora ist burcf) die Jahrhunderte und Jahrtausende der jüdische Gedanke, der Schristgedanke der Thora ewig geblieben und wird ewig sein. Weshalb sollen wir da noch einmal einen nationalen Staat gründen, um ewige seelische Werte zu erhalten? Glauben Sie, wenn in Saloniki ein -Königreich errichtet wird, daß das die jüdischen Werte irgendwie verbessern wird? Mag sein. I ch bedarf des j ü d i s ch e n Staates nicht. Ich sehe eine Gefahr in der Uebertreibung des Nationalgedankens und lasse den jüdischen GemeinschafLsgedanken nur gellen als Stammes- gedanken in dem Sinne, wie Oppenheimer, ein in der zionistischen Bewegung sehr angesehener Mann, das getan hat. Das Judentum mag einst eine Nation, ein Volk gewesen sein, hellte sind die Juden des Westens nur eine religiöse und soziale Gruppierung im Staat, kein Volk im Staat, ein Stamm in der Nation, keine Nation. Ich sage, es ist eine Gefahr, die die Zionisten für das I n b c n t it nt hernnsbe s ch w ö r e n , w e n n s i e den nationalen Gedanken ü vertreibe n."
Die Ursachen für die Z w i st i c\ £ c i t e n mit den Zionisten hat Fuchs vielfach in dem Verhalten der Gegner erblickt und betont:
„Unser Prinzip ist immer gewesen, Feindseligkeiten zu ver- nleiden, dem Zwist llnd beit Allseillandersetzungen aus dem Wege zu gehen, es nicht zllm Bruderkrieg kommen zu lassen. Wir haben daran festgehalten, daß wir für eine gemeinsame heilige Sache kämpfen und daß es töricht wäre, wenn wir nicht eine lange Strecke Weges sollten rnitcinander gehen können."
Von besonderer Bedeutung für die h e u L i g e Zeit sind in diesem Zusammenhang die Allsführungen, die Fuchs im K a i s e r s a a l d e s R h e i n g o l ft a m 26. Februar 1919 gesprochen Hai:
„Es ist schwer, zu einer Verständiglrng zu kommen, da die Parteileitung auch nicht ganz die Heißsporne in der Hand hat, denen sie in ihrem Moniteur, in der „Jüdischen Rundschau", im „Echo" freies Wort und freie Rede läßt. Gewiß ist das recht demokratisch, aber sie sollte dann allch in einer Fußnote sagen: diese Auffassung entspricht nicht dem Standpunkt der Parteileitung. Daß Herr Erich C o h n in der „I ü d i s ch e n R u n d s ch a u" zuerst ilnangefochten folgende Sätze hinausgehen läßt: ,Was geht uns Republik und Revolution an, wir haben uns hier bloß um jüdische Dinge zu kümmern, wir wollen uns auch bloß um jüdische Dinge kümmern', würde ich allenfalls gelten lassen — ich habe für alles Verständnis —, aber Erich Cohn entblödet sich nicht, mit folgendem Satz nachzuhinken: Wir brauchen ja diese Frage, was deutsche Interessen sind, glicht gar zu ängstlich irnd zu spitzfindig zu lösen', denn sonst könnten loir ja gar nicht mehr Aerzte und Amvälte sein. W elche Begriffsverwir r u n g. Glaubt er denn, daß man einen Mann, dem es gleichgültig ist, ob in Deutschland Republik oder Kaisertum, ob Revolution oder nicht Revolution ist, als einen deutschen Anwalt wird annehmen können? Glaubt er, daß man einen solchen Mann als einen Arzt für Deutsche wird erachten können? Und lvenn er für sich ein Hinterpförtchen haben will, alte andern möge man herausschmeißen, aber die deutschen Aerzte und deutschen Anwälte — ich glaube, er ist Anwalt — soll man beibehalten, so ist das eine Würdelosigkeit, für die ich gar kein Verständnis Hab e. Später hat dann allerdings die „Jüdische Rundschau" in einem Artikel nachträglich gesagt, daß sie diese Auffassung nicht billige, gute Staatsbürger wollen wir hier auch schon bleiben, unsere Staatsbürgerrechte und Pflichten wollen wir erfüllen. Das haben wir als selbstverständlich vorausgesetzt, das ist das mindeste, daß man als Staatsbürger seine Rechte und Pflichten erfüllt. Aber es ge h ö r t mehr dazu, es gehört Volks- empfinden d a z it, nt a n m u ß s i ch' f ü h len wie Brüder mit den andern d e u t s ch e n Brüdern u n d nicht bloß wie S t a a t s b n r g e r. Ich kann mir denken, daß man in der Schweiz, wo man Italiener, Franzosen und Deutsche vereinigt hat, sagt, ich bin Deutschschweizer, ich bin Französischschweizer, ich Lin Jtalienischschweizer, und daß man in Amerika Deutschamerikaner, Bindestrich-Amerikaner ist. Aber in Deutschland gibt es solche Bindestrich-Deutsche nicht."
Palästina ein geistig - religiöses Zentrum.
Einer Besiedlung Palästinas hat Fuchs wohlgeneigt gegenübergestanden. In einem früheren Stadium der politischen Entwicklung meinte er, daß schon um Deutschlands und der deutschen Interessen willen die Besiedlung gefördert werden müsse. Tie politische Entwickelung hat natürlich diese Auffassung auch bei ihm zerstört. Stets sah er aber in der Besiedlung Palästinas ein aufs innigste zu wünschendes Ziel,.
vorausgesetzt, .daß dort eine unparteiisch geleitete, kommerzla- Wischen Gesichtspunkten völlig ferne jüdische Siedlung entstehen könnte. In dieser Anschauung ist ihm die Gesamtheit des Central-Vereins nicht gefolgt. Fuchs hat sich aber in vorbildlicher Weise dieser Auffassung der Gesamtheit gefügt und hat, wie aus einer großen Reihe von Voten und Ausführungen in den Vorstandssitzungen des Central-Vereins hervorgeh H im Lause der Jahre den Standpunkt der Mehrheit des Vorstandes durchaus gebilligt. Immer hak er wiederholt, daß er in Palästina ein geistig-religiöses Z e n t r u m s ü r alle 'I u d e n s ah e, d a ß er a b e r aus der anderen Seite die Hervorhebung des Völkischen i n> der Palästinapolitikder Z r o n i - st e n n i ch t mit m a ch e it k 5 n n e.
Es ist eben die Sprache seines ungeteilten Bekenntnisses zum Vaterlande, die ihm dem bekanntest Juristen, Herrn Ee- heimrat Binder in Würzburg, der den deutschen Juden die .Fremdheit vorgeworfen hat, antworten ließ: „Wir deutschen Juden und insbesondere wir Ceutral-Vereinler wollen nicht nur deutsche Staatsbürger, sondern deutsche Volksgenossen sein, die deutsch denken und fühlen. Und das sind wir."
In derselben Gedankenrichtung bewegen sich die Erörterungen, welche Fuchs mit T r e i ts ch k e, Eduard von Hart- m a n n und S o m b a r t geführt hat. Viele Freunde fragen immer wieder beim Centrstl-Verein an, wie sie den Angriffen attf die angebliche Fremdheit der Juden in Deutschland ent- gsgentreten können und meinen, unsere Literatur über diesen Punkt genüge nicht. In den Werken von Fuchs ist alles, aber auch wirklich alles ausgesprochen, was zu sagen ist, und eine Wiederholung würde die Dinge nur schlechter machem
Ansere Rechlsschirhiätigkeit.
Der Wille zu nachdrücklicher Bekämpfung des Judenhasses ist es gewesen, die Fuchs zur Begründung des Central-Vereins beitragen ließ. Er hat darum zunächst auf den Aufbau des Rechtsschutzwesens besonderen' Wert gelegt und hat auch den Standpunkt vertreten, daß selbst in Kleinigkeiten das Recht unter allen Umständen von uns gesucht werden müsse. Es ist ja bekannt, daß die Judenfeinde den Central-Verein sehr gern als „Denunziantenverein" bezeichnen. Dein- gegenäber hat in dem Bericht der Rechtsschutz- komMission des Central-Vereins Fuchs im Jahre 1894 ausgesprochen:
„Wir als Verein scheuen weder Zeit noch Mühe. Wir wollen mtd werden eine Zentralstelle sein, die demjenigen einen Rückhalt gewährt, der lediglich um seines Judentums wegen in seinen Rechten und Interessen gekränkt wird. Ob die „Staatsbürger- Zeitung" und die gesinnungsverwandte Presse uns Denunzianten nennt und in langen Leitartikeln tms ntit den römischen Kalum- niatoren (Verleumdern) auf eine Stufe stellt, ist uns gleichgültig. Daß die antisemitische Presse die Verleumdeten Verleumder nennt, wer wollte darüber mit ihr rechten! Nicht wir sind es. die verleuntden, sondern loir wehren nur dis uns zu gefügten Verleumdungen und Kränkungen mit denjenigen Mitteln ab, welche der Rechtsstaat seinen Bürgern gewährt. Man nennt uns Denunzianten', weil man uns fürchtet und weil wir unseren Gegnern unbequem sind, und in diesen: Sinne könnten wir über den Namen als Schmeichelei- quittieren. Wenn die Antisemiten als ihr Recht prätendieren, unsere Ehre, unsere Religion, unser Empfinden zu beschimpfen, sollen wir dann, nur um nicht als Denunzianten zu gelten, die Pflicht haben, uns das gefallen zu lassen? Nicht denjenigen hat man in Nom Kalumniator genannt, der sich seiner Haut gewehrt und der für die ihm zugefügten Kränkungen im Wege Rechtens Sühne verlangt hat, sondern denjenigen, der unberufen und grundlos Fremder Meinungen, Reden und Handeln vor die Gerichte gezogen hat. Wann haben wir uns um der Antisemiten Tun und Treiben gekümmert, soweit es die Juden ungestört läßt? Wann haben wir Delikte verfolgt, die uns nicht persönlich betroffen haben? Tie antisemitischen Agitatoren mögen unbesorgt sein; sie brauchen unsere Denunziationen nicht zu fürchten, welche Schandtaten sie auch sonst begehen mögen. Nur wenn sie uns als Juden verleumden, verletzen und beschimpfen, so werden wir die Straftat mit dem Strafantrage und der Strafanzeige zur Sühne bringen, wie dies unser gutes staatsbürgerliches Recht und im Interesse der Selbsterhaltung unsere Pflicht ist."
Unsere Rechtsschutztätigkeit ist aber kurzsichtig auch von jüdischer Seite angegriffen worden, und man hat gesagt: Viele Schritte werden notwendigerweise von Mißerfolgen begleitet sein, und dadurch gebe man den Angriffen