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der Gegner nur ein gewisses Relief. Fuchs hat gegen-solche Einstellung stets hervorgehoben, -daß man aus Mißerfol­gen nicht das Signal zum Rückzug, sondern zu neuen Angriffen heraushören müsse. Er hat ausgeführt, daß Recht Recht bleiben mutz, und daß wir uns selbst aufgeben, wenn wir unserem Optimismus nicht unter allen Umständen zum Siege verhelfen würden. Bis zum heutigen Tage hat nach dem Willen Eugen Fuchs der Rechts­schutz in der Gesamttätigkeit des Central-Vereins einen nicht unerheblichen Raum eingenommen.' Er ist wohl bei der Fülle weit bedeutenderer Ausgaben zurnckgetrelen, aber er bleibt eine Grundlage unserer Tätigkeit.

Unsere Aufklärungsarbeit.

Dieser Schwerpunkt unserer Organisation ist die Auf­klärung der Gegner, der Boreingenommenen, der Gleichgül­tigen oder Unwissenden. Das Wirken bei Politischen W a h l e n war darum stets eine wesentliche Aufgabe des Cen- tral-Bereins. Er mufe durch Redner, durch Flugblätter, durch Wort und Schrift die Verleumdungen der Judenfeinde nicht nur abwehren, sondern dafür sorgen, daß d i e V e r g i s t u n g, die die Jndenhetze in der ganzen Welt hervorgerufen hat, ge­rn i n d e r t w i r d. Fuchs hat immer auf diese Tätigkeit den entscheidendsten Wert gelegt und erklärt, däß der Central- Verein schon seine Ausgabe erfüllt Hütte, roenn er nichts ande­res täte, als diese Entgiftung vorzunehmen oder wenigstens einzuleiten.

Ein weiteres, verwandtes Ziel von Fuchs lag in dem.Bestreben, einen unbedingt aufdem Standpunkt desCentral-Vereinsstehen­den jüdischen Politiker zu einem M a n d a L i n d e n gesetz­gebenden V e r s a m m l u n g e n zu verhelfen. In einem Vortrage überkonfessionelle" Kandidaturen hat Fuchs diesen Standpunkt, den der Central-Vorein bisher immer ein­genommen hat, ausführlich begründet und vor allen Dingen den Nachweis geführt, daß der Wunsch des Central-Vereins, einen seiner Freunde im Parlament zu sehen, nicht das ge­ringste mit dem Begriff derkonfessionellen Kandidaturen" zu tun habe:

Von einer konfessionellen Kandidatur, speziell einer jüdisch- konfessionellen, kann nur dann die Rede sein, wenn ein Jude ge­wählt wird, der, ohne die Dualität eines Abgeordneten der Partei, zn der er sich bekennt, zu haben, von seinen Glaubensgenossen ledig­lich um seines Judentums -willen -gewählt wird, oder der'sich dazu hergibt, im Parlament die Zwelle seiner Glaubens ge nossen als Sonderiuteressen zu fordern, nnt anderen Werten jüdische Politik zu treiben.

...Wen n w i r G l e i eh h eit u n d (ü e r e ch l i g k e i t v e r. 1 a n g en, to c n n w i r tv ollen, d a ß Recht -Re ch t b I c t b t, d a ß K l a s s e n -, R a s j e n - it n d M a s s e n h a ß i rn d c h i f ch e n Bäte r l a n d e s ch lo i n den, D a n n treiben w i v keine Sonder Politik, s o n d e r n f ö r d e r n d a Z I u t e r e s jede s Date r I a n d e s.

Die Gerechtigkeit ist die Grundlage des Staates. Diejenigen aber, die, durch Haß verblendet, ganzen Gesellschaftsklassen ihre Menschen- und Bürgerrechte verkümmern wollen, -leisten dein Hirn stürz Vorschub und sind die Feinde einer ruhigen Killturentwick- lnng. Es handelt sich nicht darum, der, Antiiemitenpartei, den Männern, die aus kein anderes Programm als auf das des Juden­hasses gewählt sind, eine Judenpartei entgegenzustellen. Lassen Sie sich nicht d -u x ch das S -ch l a g tv o r t beirren, daß w i r ei n jüdisches Zent r u m s ch a s f e n w olle n! Wer von uns hatte das je verlangt und erstrebt? Sie fragen, was nuferen Kandidaten von den Kandidaten des Zentrums unterschei­det? Die Katholiken, die als Zentrmnslente gewählt sind, treten als eine geschlossene Partei in das Parlament ein, sie sind gegen­über den großen Parteien, die sich abscheiden als Konservative, Liberale, Sozialisten, Polen, Dänen, Westfalen usw.^ eine Sonder- vartei, die kein anderes Programm hat als die Verfolgung spezi- sisch-katholischer Interessen, die »lediglich durch das einigende Band des Glaubens zusammengehalten wird. Von alledem ist bei -den jüdischen Kandidaten keine Rede, und wenn ihrer nicht zwei, son­dern zwanzig gewählt wären, so würden wir nicht wollen, daß sie ein jüdisches Zentrum bildeten, eine eigene jüdische Partei schüfen. Je nach ihrer politischen lleberzengung werden die jüdischen Kan- bibaren sich den bestehenden politischen Parteien, sei es der Volks- .parteft sei es der Freisinnigen Vereinigung, 'vielleicht auch der Nat'wnal-Weralen Partei oder anderen anschließen. Die Partei s i ch a ii § g u w ä h l e n , i st Sache des einzeln e n. So wenig wir eine jüdische Partei bilden wollen und bilden, so wenig -identifizieren wir uns als Juden mit einer Panter. Wer -uns vor­wirft, daß wir ein .jüdisches Zentrum schassen wollen, -möchte selbst gern im Trüben fischen, durch verdächtigende Schlagworw bered)* tigte Jllteressen froren."

Daß Fuchs der H a u p t f ö r d e r e r aller-großen Werke, die der Central-Verein veröffentlicht hat, daß ,er eine der bewegendsten Kräfte im ganzen Schristtllm der jüdi­schen Deutschen geworden ist, und daß er dadurch die politische Literatur, die von uns cmsgeht, mit seinem Geiste angeregt und befruchtet hat, wird das Bild ergänzen, das wir über seine Auffassung von der Aufstellung jüdischer Kandidaten ge­geben haben. 'Leider konnte Fuchs im Gegensatz zu Rießer niemals zu einem Parlamentssitz gelangen. Ich null hier nicht bitter werden und die Erfahrungen mitteilm, die ich speziell in dein Bestreben, dem deutschen Vaterlande zu dienen, machen mußte, als ich mich bemühte, Fuchs zu einem Mandate zu verhelfen. In den eigenen Rechen und in den Reihen fort­schrittlich gesinnter Politiker hat sich damals ein solches Maß von Borniertheit gezeigt, daß man ohne unseren Optimismus an' ein starkes Stück Mittelalter hätte glauben können. Was Fuchs schon als Jurist dem deutschen Parlamente hätte nützen können, soll hier gar nicht erst erörtert werden. Seine Fach­genossen werden es beurteilen können. Aber man kann es wohl glauben: Man fürchtete seinen Einzug in das Paria- menk, w eitern m seine G e s i it n u ngni ch tfeiIschen ließ und weil jede Leisetreterei, aber auch jede, seinem i n n e r st e n Wesen m eilenweit ent­fernt l a g. Cirren so innerlich deutschen Mamr^rvie Fuchs konnte man nicht gebrauchen, weil er auf dem Standpunkte beharrte: Alan wird auch besser, wenn man jüdischer wird-

Unvergessen wird das Feuer -bleiben, mit dem Fuchs in einer Vorstandssitzung des Central-Vereins ein Bekennt- n i s z n r W e i m a r e r Verfass u n g n n d z u m d e m o - rratischen Gedanken a b legt e. Er erklärte, daß alle die Opfer, die er in seinen höheren Jahren infolge der Um­wälzung des Reiches und des Staates hatte bringen müssen, nichts bedeuteten gegenüber dem Umstande, daß Deutschland demokratisiert sei und daß infolgedessen trotz allen Unglücks, das über unser Vaterland gekommen ist, der sieghafte'Fort­schritt, im Lichte der Ewigkeit betrachtet, uns vorwärts ge­bracht habe. Dieses Gut müsse für uns alle ein Heiligtum bilden.

Der Wert jüdischer Versammlungen.

Ter Kamps gegen die Leisetreterei war eigentlich immer das hervorragende in der Richtung, die Fuchs der äußeren Politik des Central-Vereins gab. Man hat in einer Reihe von Vorstandssitzungen in früheren Jahrne darüber gesprochen, ob man denn nicht die Versammlungen unter den Juden mit Rücksicht auf die hohen Kosten, die sie bereiten, auf ein möglichst geringes Maß beschränken könne. Dem hat sich Fuchs mit allem Nachdruck widersetzt. Jnr Gegenteil, er hat eine solche Anzahl von jüdischen Versammlungen verlangt, daß man sie praktisch gar nicht durchführen konnte. Fuchs ging dabei von dem Gesichtspunkte aus: Wenn man die Juden immer und immer wieder auf ihre Pflichten, auf die Notwendigkeit zu voller Be­tätigung, auf die Verdrängung der in ihren geistigen Regionen enthaltenen Ghettospuren hinweist, so wird besser als durch vieles andere die Arbeit des Central-Vereins gefördert: denn die M e n scheu w e r d e n d u r ch diese Ve r s a m m - langen treu und frei.

Und diese Worte treu u n d frei führen uns, nachdem wir aus gewisse gemeinsante Punkte zwischen Stein- thal und Eugen Fuchs schon hingewiesen haben, zu unserem verstorbenen Moritz Lazarus, dessen gesammelte Reden und Vorträge unter dem Titel'Treu und Frei" erschienen sind. Lazarus hat darauf aufmerksam gemacht und das deckt sich mit der Ueberzeugnng von Engen Fuchs, der immer für die Versammlungen eintrat, daß für die­jenigen, welche Juden im Geiste zu sein geneigt sind, das Judentum im Gegensatz zu denjenigen, welche Juden nur von Geburt sind und dies als ein Unglück betrachten, einen Stolz darstellt, einen Stolz, weil wir einen Beruf in der Welt­geschichte haben. Jede besondere Gemeinschaft 'hat ihren be­sonderen Beruf und darum sei schon lediglich der Bestand und die Aufgabe einer Abwehr- o r g a n i s a t i o n notwendigerweise mit der sittlichen Hebung unseres Selbst verknüpft. Wenn darum Fuchs immer wieder Versammlungen imd wieder Versammlungen beantragte, so wußte er, welchen inneren Wert diese in allen Fällen haben.

Demokratisierung der Abwehr.

In einem überaus wichtigen Punkte unterschied sich aber im Ausbau des Central-Vereins Fuchs von Lazar ms. Fuchs war ein ausgesprochener Gegner der Komitees oder Ausschüsse,, -wie sie Lazarus- verlangt. Ri e tz e r schlug in I seiner ersten Schrift bereits erneu' Verein vor: Lazarus