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Serlin, 24. September 1-2- V. Jahrgang d Nr. 3-
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„Nationale Autonomie."
Genfer Nachklänge. ^ von Dr. Paul Nathan.
Neben den großen Vorgängen, die sich soeben in Gens abgespielt haben, ging dort, in dieser Stadt internationaler politischer Beratungen, in diesem Anti-Babel, wo aus der Zer- : setzung Harmonie geschaffen werden soll, auch ein inoffizieller Kongreß nationaler Minderheiten einher. .Der Krieg der Staaten gegeneinander soll gebannt werden; und der Krieg innerhalb der Staaten oder zum wenigsten die zersetzenden, verbitternden Gegensätze im einzelnen Staatskörper desgleichen. Aus diesem Minderheitenkongreß wurde auch das jüdische Problem behandelt: die Frage, wie die Reibungen innerhalb eines Staatsgebildes, die Zwischen Juden und Nichtjuden vorhanden sind, ausgeschaltet oder doch zur Bedeutungslosigkeit herabgemindert werden können.
Ohne weiteres statuierten jüdische Redner auf diesem Kongreß, daß die Juden eine „Nation", ein „Volk", eine ethnologische Einheit seien, obgleich sie seit zweitausend Jahren keinen eigenen Staat mehr besitzen, obgleich sie dementsprechend seit ebenso langer Zeit keine gemeinsame Werktagssprache sprechen, obgleich sie, wie politisch so in der Kultur an die Entwicklung anderer und der verschiedensten Völker angegliedert sind, und unzweifelhaft in einem Umfang, der nicht näher bestimmt werden kann, sich mit jenen vermischt haben, und obgleich sie nur ein einziges gemeinsames Band umschlingt: ihre Religion; und eines kommt angeblich noch hinzu, die sogenannte ,Mutsgememschaft", ein Kriterium, das natur- wissenschastlichexakt aussieht, und mit dem die exakten Naturwissenschaften nichts, aber, auch gar nichts in diesem konkreten Falle anzufangen vermögen. Schließlich bleibt die krumme Nase übrig, die viele Juden nicht ihr eigen nennen, und die schwarzen Haare und die dunklen Augen, und auch diesen Eigentümlichkeiten entziehen sich viele Juden mit durchaus anders geformten Nasen und mit hellen Haaren und hellen Augen. So bleibt übrig: Jude ist, wer sich zum Judentum bekennt, und das tun auch die Abkömmlinge der südrussischen Ehasaren, die Semiten ganz und gar nicht sind, und die schwarzen Juden in Abessinien, hinter deren Abstammung ein großes Fragezeichen zu setzen ist. Also Jude ist jeder, der von Bekennern der jüdischen Religion, abstammt, und auch hier stocke ich schon faustisch, denn: Pater semper incertus.
Freilich ist eines nicht zu bestreiten: Es gibt bekanntermaßen Juden, und diese Juden sollen nach Ansicht jüdischer Vertreter auf dem Minderheitenkongreß, wo sie „zahlreich" sind, durch eine völkische Autonomie beglückt werden.
Unter welchen Voraussetzungen ist nun diese völkische Automie zu erstreben?
Es soll die Sophisten-Frage nicht ausgeworfen werden, wie viele Sandkörner sind zu einem Hausen Sand notwendig; es mag also nur angedeutet werden, welche Schwierigkeiten es macht, den Anspruch auf eine politische Autonomie einigermaßen sachlich, das heißt zahlenmäßig zu umgrenzen. Daß es eine politische Karikatur ergeben würde, verschwindende Minderheiten mit einer Autonomie zu beglücken, ist klar.
^Die Beglückung wäre überdies eine furchtbare Last; denn daß die Minderheiten für ihre speziellen Einrichtungen auch finanziell aufzukommen hätten, ist wohl unabwendbar; ich wenigstens kann mir keinen Staat vorstellen, in dem die Majorität bereit sein würde, auch jene Lasten tragen zu helfen, die den Liebhabereien der Minoritäten ihre Entstehung verdanken. Die Minoritäten würden im allgemeinen unter dieser Bürde, die sie häufig bis zur Ueberbürdung drücken könnte, furchtbar seufzen, und sie würden bald froh sein, die Last, die man ihnen als Wohltat anpries, wieder abwersen zu können.
Und bis zu welcher Grenze geht die Autonomie? Die großen Entscheidungen im Leben der Völker bringen schließlich die Existenzkämpfe; Existenzkümpse nach außen, die wir Kriege nennen, und Existenzkümpse der Massen im Innern, die wir in ihrer letzten Zuspitzung Revolutionen nennen. Sobald die politische Entwicklung zu letzten Konsequenzen sich auswächst, zerbricht die schattenhafte Autonomie, und der jüdische Proletarier wird vor allem proletarisch empfinden und handeln, und der jüdische Patriot: — national als Deutscher, als Franzose und so fort, und nicht als Jude; aus Instinkt wie aus Interesse; beide fallen schließlich in letzten Entscheidungen bei gesund empfindenden Menschen immer zusammen.
So bleibt für die Autonomie das religiöse Gebiet — über dessen selbständige Gestaltung eine Meinungsverschiedenheit nicht besteht — und das Erziehungswesen im allgemeinen.
In engeren Grenzen haben natürlich in allen zivilisierten Staaten die Eltern das Recht, die religiöse Erziehung der Kini- der zu leiten und zu gestalten. Jede Einengung, auf diesem Gebiet wäre verwerflich; und auch für die Erziehung im weiteren Sinne kann der moderne Staat große Freiheiten, gewähren; freilich mit einer Folgewirkung: erzieht eure Kinder wie ihr mögt; aber im Staatsdienst, den ich, der Staat, einrichte und überwache, kann ich nur jene Elemente gebrauchen, deren Eignung für ihre Ausgabe ich als ausreichend erachte; und -entsprechen eure Minderheitsschulen diesen meinen
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