4S2 WMWtteSWMU Sklmekmeli m UletM junmu . Von Dr . Gertrud Bäumcr . Man hat sich gewöhnt , das Schicksal Fried¬ rich Naumanns als Politiker mit dem Worte „ tragisch " zu bezeichnen . Für alle diejenigen , die seine Mitarbeiter gewesen sind , nicht nur in optimistischen , vielleicht sogar illusionsseligen Anfangszeiten , sondern auch in dem Jahrzehnt vor seinem Tode , enthält diese Charakteristik neben ihrer besonderen Wahrheit doch einen Zug von Sentimentalität , der nicht zu ihm paßte . Tragisch ist sein Leben insofern , als das deutsche Schicksal selbst tragisch war und diese Tragik alle diejenigen besonders trifft , die besondere Verantwortung getragen haben . Als persönliches Schicksal war es nur für den tra¬ gisch , der das Leben und Werk des Politikers nach dem sofortigen Erfolg beurteilt . Ein solcher Erfolg war Friedrich Naumann allerdings nicht beschieden , es sei denn , daß man seine große Vertrauensstellung während des Krieges und als Verfasser des Buches über Mitteleuropa als einen Erfolg ansieht . Dieser Erfolg aber brach mit dem Kriegsende zu¬ sammen . Die „ Vision Mitteleuropa " hatte mit einem anderen Kriegsausgang gerechnet . Aber Mitteleuropa war in dem politischen Werk Naumanns nur sozusagen eine Gelegenheits¬ arbeit . Es mußte jemand den Phantasten und Annexionisten ein vernünftiges , durchdachtes Kriegsziel gegenüberstellen . Es mußte der Sinn des mitteleuropäischen Bündnisses im Weltkrieg gedeutet werden . Die „ Generalidee " in Nau¬ manns politischem Leben war dennoch eine andere . Innerhalb ihrer war die Außenpolitik und die äußere Macht Deutschlands zwar Be¬ dingung , aber der Kern war doch die innere Umgestaltung des Klasseustaates zur Demo¬ kratie . Gegen Naumanns Vision von der deutschen Demokratie kann der übliche und beliebte Ein¬ wand von der Nachahmung „ westlicher formal¬ demokratischer Ideen " nicht geltend gemacht werden . Sie entstand nicht aus Enthusiasmus des politischen Theoretikers für bestimmte Nechtsideen , sondern aus einem lebendigen vielumsassenden Volksbewußtsein . In diesem Volksbewußtsein verband sich in einzigartiger Weise die große Intuition für das seelische Leben in all seinen verschiedenen Aeußerungeu und Ausdruckssormen und eine wissenschaftlich geschulte lebendige Anschauung der sozialen und wirtschaftlichen Wirklichkeit . Diese Verbindung einer umfassenden Intuition mit einem strengen Tatsachensinn kennzeichnet den Politiker Naumann vor allen anderen Figuren , die in Deutschland - über den politischen Schauplatz gegangen sind . Er fühlte den inneren Rhythmus des Maschinenzeikalters , sah seine seelischen Wir¬ kungen , seine Arbeit an den Weltanschauungen , ahnte seine künstlerischen Ausdrucksformen und versuchte zugleich mit äußerster statistischer Gewissenhaftigkeit seine wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen sich gegenwärtig zu halten . Politik aber konnte in der Vorkriegszeit für alle , die nicht durch Geburt und Überzeugungen zu einer Machtstellung in der Regierung ge¬ langen konnten , nur Parteipolitik in der wesentlich kritischen und negativen Rolle des früheren Reichstages sein . Bei solcher Ein¬ engung mußte das , was Friedrich Naumann vertrat und wollte , naturgemäß begrenzt und verschoben erscheinen . Seine Wirkung konnte sich nicht in der begrenzten Rolle eines Partei - ofsiziers ausleben und erschöpfen . So . wie ein Freund zu seinem Gedächtnis gesagt hat , daß seine Gestalt als evangelischer Christ nicht in die Geschichte der protestantischen Theologie , aber in die Geschichte der deutschen Frömmig¬ keit hineingehört , so kann man sagen , daß seine Gestalt als Politiker nicht in die Partei¬ geschichte , sondern in die Geschichte des poli¬ tischen Willens und des politischen Volks¬ bewußtseins in Deutschland hineingehört . So liegt seine Wirkung nicht in der Sphäre der beweisbaren praktischen Erfolge , sondern in der Sphäre der fruchtbaren Gedanken , der neuen Maßstäbe , der großen schöpferischen Anschau¬ ungen . Seine Vision des deutschen Volkes , seiner Bestimmung und seiner Kraft war vollkommen frei von jeder „ völkischen " Enge . Davor ' be¬ wahrte ihn nicht nur sein Gerechtigkeitssinn , sondern viel mehr noch seine weltpolitische Ein¬ stellung und sein Verständnis für den Eigenwert der mannigfaltigen zur deutschen Nation ge¬ hörigen Kräfte und Gruppen . Sein religiös begründeter sittlicher Idealismus hat ihn mit manchen jüdischen Trägern des gleichen Idealis¬ mus in herzlicher Freundschaft zusammen¬ geführt . Er hat für fein Werk in den ver¬ schiedenen Phasen feiner rein sozialen und spä¬ teren politischen Entwicklung viele Hilfe von solchen Freunden gewonnen . Sie haben zum engsten Mitarbeiterkreis der „ Naumann¬ gemeinde " und der „ Hilfe " gehört . Aus solcher Verbundenheit der Arbeit und Gesinnung heraus ist er stets und ganz beson¬ ders während des Weltkrieges ein entschiedener Kämpfer gegen den Antisemitismus gewesen . Er hat insbesondere wieder und wieder , auch in seinem Buch „ Mitteleuropa " , aus die Be¬ währung der jüdischen Volksgenossen im Kriege hingewiesen , und es war für ihn selbstverständ¬ lich , daß diese Bewährung ihre Verpflichtungen seitens der Nation in sich schloß . Das alles brauchte vielleicht gar nicht er¬ wähnt zu werden , wenn nicht das von Nau¬ mann für seine politische Idee erstmalig ge - SCHOKOLADEN UND | ERFRISCHUNGSWAFFELN ZARTE BISKUITS lEIBNIZ - Keks Enthält nur feinste Molkereibutter SCHOKOLADEN UND | prägte Wort „ national - sozial " in der Folge n diese antisemitische Verengung erfahren hätte . @ Naumann war vollkommen frei von ihr . Es jj hat keine Etappe seines politischen Weges ans dem christlich - sozialen in den demokratischen 8 Kreis gegeben , in der er seine Ausgabe in 11 diesem engen Sinne als „ völkisch " ausgesaßt hätte . Die Fruchtbarkeit und Lies be¬ gründete geschichtliche Sicherheit seiner G e d a n k e n enthüllt sich h e u t e auf nt a nch e n Gebieten . Viel¬ leicht wird die E n t wi cklun g a uch dahin k o m ui e n , daß das Wort „ n a t i o n a l - s o z i a l " seinen weiten u n d freien Sinn w i e d e r g e w i n n t . Stils Lallen - sechzig Sichre alt ? Felix Salten nehme das Fragezeichen an sich schon als eine Gratulation . Tenn gibt es Jubi¬ lanten , deren fast schon wieder vergessenen Erdeuwandels man sich daun erst in leiser Be¬ schämung erinnert , wenn sie — zig Jahre alt werden ( und das müssen manchmal nicht mehr als fünfzig sein ) — es gibt andere , denen man weissagen kann , daß man obiges Fragezeichen gleich ungläubig auch noch hinter die Feststellung ihres achtzigsten Geburtstages setzen wird . Sc ist nun also tatsächlich auch Felix Salten ein Sechziger , lieber das , was er geschaffen hat , wird eben jetzt in der Tagespresse so viel zu lesen sein , daß wir uns durch den Hinweis aus sie von einer literarisch - kritisch - hymnischen Wür¬ digung seines Werkes als enthoben erachten . Uns interessiert hier der Mann , uns interessiert der Typus . Wie er literarisch in die Nähe Arthur Schnitzlers zu reihen ist , so wurzelt auch seine Person in Schnitzlers Sphäre : er ist die glückliche Inkarnation jenes österreichischen Judentums , das , in liberaler Aera blühend , einen kleinen literarischen Staat und eine Aristokratie neben der Aristokratie des alten Reiches gebildet hat . Aber diesen Zirkel ver¬ wurzelten , verfeinerten , kultiviert patriotischen und aufrecht zu seiner Abstammung sich , beken¬ nenden Großbürgertums gibt cs heute nicht mehr : politischer Vorkriegs - Antisemitismus hat in ihn Bresche gelegt , Krieg hat ihn gesprengt , Inflation hat seinen Wohlstand zerrieben — ge¬ blieben sind Einzelgänger , spärliche , immer spär¬ licher werdende , die ihren gedämpften Protest gegen den Lärm der Zeit nur darin zum Aus¬ druck bringen , daß sie sich von eben diesem Lärm in ihrer guten Haltung nicht beirren lassen . Sie sind ( wie Juden oft ) die eigentlichen Konser¬ vativen : sie bekämpfen nicht Geräusch mit Ge¬ räusch . Uns interessiert hier der Typus . Sein Bild wäre nicht zu Ende gezeichnet , gedächte man nicht einer für diesen Typus charakteristischen , in seinem Besten , im Ideellen verwurzelten und den Realitäten ein wenig abholden Eutflamm - barkeit — einer Entflammbarkeit , die einen Manu wie Salten geradezu zwangläufig dazu führen mußte , der zionistischen Idee einer fried¬ lichen Eroberung Palästinas trotz ihrer real - politischen Aussichtslosigkeit , ja vielleicht gerade wegen ihrer ' realpolitischen Aussichtslosigkeit die volle Bewunderung eines begeisterungsfähigen und jung gebliebenen ' Menschen zu widmen , j Trotz und wegen ihrer Aussichtslosigkeit : denn j die " erst stempelt dem ästhetisch , dem geistig | Wertenden die Bemühung zum Heroismus . | Und es ermangelt nicht eines gewissen Humors . | daß die Zionisten Felix Salten eben aus diesen ! ] Mißverständnis und weil sie seine Sozial - 1 Ideologie mit realpolitischem Bekenntnis ver - | wechselten — daß sie , sage ich , Felix Salten lange Jahre lang als einen der Ihren auszugeben beflissen sein konnten . So lange , bis Salten vor kurzem anläßlich einer Gedenkfeier für Theodor Herzl vor einen : zionistischen Auditorium in einer freimütigen Rede sehr eindeutig sich als Nicht - Zionist erklärte , als Deutsch - Oesterreicher , § |