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Abwehrorganisation, den C. V., 311 unterstützen. Das wollen sie aber nicht aus Gegnerschaft gegen den C. V. Deshalb fordern sie, daß die Synagogengemeinden und die Landesverbände der Synagogengemeinden die Abwehrarbeit übernehmen, sich als Abwehrorganisation kon­stituieren sollen. Nichtig ist nun, daß die Auf­fassung des C. V. sich in wesentlichen Punkten von der zionistischen unterscheidet. Trotzdem wäre zu prüfen, ob bei aller Gegensätzlichkeit der Meinungen nicht doch die Zionisten mit dem C. V. im Abwehrkampf eine gewisse Strecke Zusammengehen können. Wird diese Frage be­jaht, so ist die weitere Frage zu erörtern, ob die gemeinsame Abwehrarbeit durch Eingliede­rung der Zionisten in den C. V. in irgendeiner Form möglich wäre oder ob die Organisierung des Abwehrkampses durch die Synagogen­gemeinden und ihre Verbände möglich und vor- zuziehen wäre.

Ausgehend von den jüngsten Ereignissen suchen sowohl dieJüdische Rundschau" in dem eben zitierten Artikel vom 20. Juni d. I. als auch die in Breslau erscheinendeJüdische Zeitung" vom 27. Juni d. I. nachzuweisen, warum sie die Arbeit des C. V. für verfehlt halten und weshalb die Gemeinden die Arbeit übernehmen sollen.

Beide Artikel gehen dabei von falschen Vor­aussetzungen aus, indem sie dem C. V. Auf­fassungen unterstellen, die ganz und gar nicht dem C. V.-Standpunkt entsprechen. Insbeson­dere werfen sie dem C. V. vor, er suche zu leugnen, daß die jüdischen Deutschen sich von den nichtjüdischen in etwas anderem als der Religion unterscheiden. DieJüdische Zei­tung" schreibt:Die Juden aber treiben Vogel- Strauß-Politik, wehren sich nicht gegen das Grundsätzliche dieses Angriffs, sondern behaup­ten einfach, keine Gruppe zu sein. Hier rächt sich, daß die deutschen Juden starrsinnig an den Anschauungen festhalten, die ihnen aus der Asstmilationszeit überkommen sind. Kein nor­maler und vernünftiger Nichtjude zweifelt an der besonderen Art der Juden. Niemand wird sich einreden lassen, daß das Judentum nur eine Religion und nichts anderes sei. Der nationalsozialistische Agitator hat leichtes Spiel, wenn man ihm so kommt."

Dem stellt er die zionistische Auffassung das Nationaljudentum völlig maskierend wie folgt gegenüber:

Früher hat man vom Zionismus gesagt, er schädigt das deutsche Judentum; denn er hat der nichtjüdischen Umwelt die Wahrheit verraten und ihr mitgeteilt, daß Judentum mehr als Religion; daß der Jude ein beson­derer Menschenthp sei." Wenn dies und nichts anderes die Ausfassung der Zionisten über unser Verhältnis zur nichtjüdischen Umwelt wäre, dann wüßte ich kaum, was noch der Unterschied zwischen C. V. und Zionismus wäre. Denn auch der C. V. steht auf dem Standpunkt, daß wir nicht nur eine Religions­gemeinschaft, sondern auch eine Stammes­gemeinschaft sind. Schon unser verstorbener Führer Eugen Fuchs hat in seinem grund­legenden AufsatzGlaube und Heimat" in nicht mißzuverstehenden Worten ausgesprochen:Es wäre unaufrichtig zu leugnen, daß ich als Jude eine besondere Eigenart habe, daß die jüdische Abstammung, das jüdische Vaterhaus mir eine nicht bloß religiöse, son­dern auch eine besondere geistige und wohl auch körperliche Prägung mitgegeben haben."

Aber Fuchs grenzt seine Auffassung gegen­über dem Zionismus scharf mit den Worten ab:Für mich ist das Judentum eine Re- ligions-, eine Stammesgemeinschaft, keine Ratio n." Hier besteht in Wirklichkeit der grundlegende Gegensatz, den wir offen auf­decken müssen, lvenn wir zur Klarheit kommen wollen. Würde der Zionismus nur sagen, wir seien einbesonderer Menschenthp", dann würde uns vielleicht nur noch die etwas stärkere Betonung von ihm trennen. Seine Argumen­tation geht aber weiter. Er sagt, weil wir ein besonderer Menschentyp seien, hätten wir kein Recht, uns zum deutschen Volkstum zu rechnen, sondern bildeten ein e i g e n e s j ü d i - sches Volk. Der Zionismus will ans den

Saperns ^ustizminister gegen Streicher.

Das falsche Spiel mit -er Pressefreiheit entlarvt.

Nach dem Bericht desBayerischen Kurier" Nr. 177 erklärte der bayerische Justizminister Dr. Gürtner (Deutschnational) bei der Aus­sprache zum Justizetat im Plenum des bayeri­schen Landtags:

Es geht nicht an, etwa den Standpunkt zu vertreten: Ich habe kein Vertrauen zu dieser Justiz, und deshalb entziehe ich mich ihr, ungefähr so, wie das jetzt zwei­mal in der Presse geschehen ist, daß man zunächst einen verantwortlichen Redakteur be­nennt, verjähren läßt und schließlich mit d e m wirklichen Redakteur herausrückt. Es kommt

mir nicht darauf an, dieses Verfahren zu qualifizieren oder jemand einen Vorwurf zu machen. Glauben Sie nicht, daß mit einem solchen Verfahren das ganze Privilegium der Presse mit der Sechsmonateverjährung ge­fährdet wird? Wenn sich dies wie­derholen sollte, dann muß in das Preßgesetz eine Bestimmung hinein, welche kurz lauten könnte: Die . Verjäh r u n g be­ginnt an dem Tage, an dem der verantwortliche Redakteur bekannt i st." '

Me Rede des Justizministers hat in der gesamten Presse von rechts bis links leb­haften Widerhall gefunden.

Unterschieden auch politische Konse­quenzen ziehen. Er fordert für das jüdische Volk ein eigenes nationals Heim und weil in Deutschland das Recht alsnationale Min­derheit" nicht wohl gefördert werden kann wenigstens dieVolksgemeinde" mit einer ge­wissen nationalen Autonomie. Demgemäß spricht er von den Juden alsGästen" im deutschenWirtsvolk". Hier scheiden sich unsere Auffassungen. Wenn wir auch anerkennen, daß die Juden sich nicht nur durch die Religion, sondern auch durch die Abstammung vom Nichtjuden unterscheiden, so stehen wir doch aus dem Standpunkt, daß, wie es als Erster der bekannte Soziologe Franz Oppenheimer ein­gehend begründet hat, daß verschiedenartige Ab­stammung Gemeinsamkeit des Volkstums nicht ausschließt. Denn es gibt andere Faktoren, andere Gruppierungen, welche die verschiedenen Volksteile viel schärfer trennen als die Ab­stammung. Hat nicht etwa der christliche Tuch- sabrikant in Aachen mit dem jüdischen Berufs­kollegen viel mehr Berührungspunkte als mit dem oberbaherischen Bauern oder auch nur dem kommunistischen Arbeiter der gleichen Stadt? Verschiedenheit der Abstammung hindert uns nicht, uns dem deutschen Volke zuzuzählen, mit dem wir nicht nur das Staatsbürgertum teilen, mit dem uns auch Gemeinschaft der Sprache und Kultur und die Gemeinschaft des Schicksals im Wettstreit mit den anderen Völkern ver­bindet, das im gemeinschaftlichen Kriegserlebnis den starken Ausdruck gesunden hat.

Daß die verschiedenartige Auffassung nicht ohne Einfluß auf die Ziele des Abwehrkampfes sei kann, ist selbstverständlich. DieJüdische R u n d s ch a u" verkennt dies nicht. Als kürzlich an der Weimarer Universität von Amts wegen die Bildung vonStudentennationen" gefordert und den jüdischen Studenten die Aufnahme in die deutsche Studentennation verweigert wurde, fand dieJüdische Rundschau" das ganz in der Ordnung. Sie schrieb am 16. April d. I.:

Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Juden ein Volkstum bilden und daß die jüdischen Studenten, wenn schon einmal Studentennationen an einer Universität stipuliert sind, zur jüdischen Nation ge­hören.

In den Schlußaussührungen, in denen sie die jüdischen Studenten, die sich als Deutsche fühlen, alsAssimilänten" bezeichnet, heißt es:

Die Nichtanerkennung des deutschen Volkstums jüdischer AssimUanten ist eine Sache, die die deutschen Studenten selbst auszutragen haben. In diesem Punkte sind wir desinteressiert."

Wir aber wollen uns unsere Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum nicht streitig machen lassen. Wir werden stets dafür kämpfen und können in dieser Frage nichtdesinteressiert" beiseite stehen.

Hier handelt es sich auch nicht um Diffe­renzen taktischer Art, über die ein Kom­promiß möglich wäre, sondern um entscheidende grundsätzliche Fragen.

Damit ist schon ein wesentlicher Punkt auf­gedeckt, weshalb es unmöglich ist, den S h n a g 0 g e n g e m e i n d e n die Durchfüh­rung des Abwehrkampfes zu übertragen. Denn von welchem Standpunkt aus sollten sie ihn führen? Etwa vom C. V.-Standpunkt aus, indem sie für die Anerkennung unserer Zu­gehörigkeit zur deutschen Volksgemeinschaft eintreten? Das wäre vermutlich den Zionisten nicht recht. Wir aber würden einen Abwehr­kamps nicht billigen, der unseren Anspruch aus unser Deutschtum Preisgabe. Ein Vorbeigehen an dieser Frage ist nicht möglich; denn die Hauptfrage des Antisemitismus wie auch seiner Abwehr ist die Frage nach unserer Stellung im Deutschtum.

Aber es sprechen noch zahlreiche andere Gründe gegen die Uebernahme des Abwehr­kampfes durch die Synagogengemeinden. Unsere Synagogengemeinden sind religiöse Körper­schaften, nur als Religionsgesell- schäften können sie nach der deutschen Reichs- Verfassung die R e ch t e einer öffent­lichen Körperschaft genießen. Der Ab­wehrkampf ist aber eine Politische Aufgabe: würden sich die Gemeinden zu Abwehrorgani- satiouen ausbauen, würden sie was die Zionisten bei derVolksgemernde" erstreben Politisiert werden, dann würden sie den Rechts­anspruch verlieren, als öffentliche Körperschaft zu gelten, sie würden nur noch als Vereine anerkannt werden und z. B. auch das Steuer­recht verlieren, das die Grundlage ihrer Existenz ist.

Man brauchte auch nur daran zu denken, wie wenig sich mit dem Charakter einer religiösen Körperschaft der politisch eKa mp fverträgt. Sie können sich'nicht in die politische Arena hineinbegeben, ohne ihre Stellung und ihr Ansehen einzu­büßen.

Schließlich fehlt es aber auch den Syn- agogengemeinden an der Erfahrung für den politischen Kampf, die der C. V. in jahrzehntelanger Arbeit gesammelt hat. Wie sollen sie diese Arbeit neben ihren großen kul­turellen und sozialen Aufgaben bewältigen? Denn mit einigen schönen Kundgebungen oder Protesten ist es nicht getan. Wer etwas vorn Abwehrkampf kennt, wer ernstlich die Folgen durchdenkt, wird sofort den Gedanken, die Ge­meinden mit dem Abwehrkampf zu belasten, ablehnen.

Darum wäre sehr wohl die Frage zu er­örtern, ob es den Zionisten möglich wäre, sich in den Abwehrkampf des C. B. einzugliedern, ähnlich wie es doch möglich war, daß in de:' Jewish Agency Nichtzionisten für das zionistische. Ziel, die nationaljüdische Heim­stätte in Palästina, Mitarbeiten, ohne daß. die Zionisten in ihrem nationalen Palästinaziel oder in ihrer nationalen innerjüdischen Kampf­stellung irgend etwas von ihrer Gesinnung oder ihrer Weltanschauung geopfert hätten.