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Jlasse und Siaats & ücaeclum
Von Qectcud tBäumec
Es widerstrebt dem anständigen Staats¬
bürger , immer wieder selbstverständliche Tinge
zu sagen . Und doch müssen sie gesagt werden ,
so lange es „ dem bösen Nachbar " gefällt , dies
Selbstverständliche anzufechten . Dabei handelt
es sich angesichts der Form , in der die Rassen¬
frage neuerdings wieder in Deutschland behan¬
delt wird - nicht um Notwendigkeiten sachlicher
Diskussion , sondern lediglich um die Pflicht Zum
Protest . Die Rassenhetze ist noch immer Kenn¬
zeichen und Mittel politischer Verrohung ge¬
wesen . Es ist so furchtbar billig , jemanden
nur deshalb Zu mißachten , weil er anderer Art
ist . Dann bedarf es weder der Mühe sachlicher
Auseinandersetzung noch des Beweises der
höheren Fähigkeiten und Leistungen . Ter
Dümmste und Minderwertigste kann sich diese
Ueberheblichkeit auf Grund unverdienter und
unbewiesener Vorzüge leisten . Der Mangel an
Selbstkritik , mit dem oft gerade die vom Rassen¬
standpunkt ( wenn schon ! ) anfechtbaren Exem¬
plare arischen Blutes bei den Nationalsozialisten
in dieser Ueberheblichkeit schwelgen , ist ja ge¬
radezu grotesk . Ist einer der vielen Beweise
für das Niveau , auf das heute das deutsche
öffentliche Leben gesunken ist — in die halb -
barbarische Atmosphäre einer kleinbürgerlichen
russischen Provinzstadt hinein , in der sich die
widerliche und erbarmungswürdige Mischung
von innerer Oedigkeit , kleinbürgerlichem Neid¬
gift und Halbkultur in Pogromen entlädt . Daß
auch in Deutschland jeder Maßstab für geistige
und sittliche Qualitäten , aller Respekt für Lei¬
stungen , alle Schätzung für die Werte seelischer
Verfeinerung , vornehmer Familienkultur , ver¬
antwortungsbewußten Bürgertums , daß jedes
Unterscheidungsvermögen zwischen Gut und
Böse , Verdienst und Schädlichkeit in diesem
Sumpf der Rassenwütigkeit versinkt , ist ein
niederdrückendes Symptom .
Das Schlimme ist , daß diese Welle der Ge¬
hässigkeit , in der ja hundert andere menschlich
begreifliche Gefühle der Unzufriedenheit , Sorge ,
sozialen Gedrücktheit mitschwimmen , nicht tm
eigenen Bett bleibt , sondern die Beziehungen
solcher Volksgenossen berührt , die diese Gefühle
nicht kennen . Sie rückt einfache und natürliche
menschliche Fragen in eine Empsindlichkeits -
sphäre hinein , die für jeden , der aus inter¬
konfessionellem Boden mit jüdischen Mitbürgern
arbeitet , oft genug ohne irgendeines Menschen
Schuld hinderliche Spannungen schafft .
Die Gründung der D e u t s ch e n Staats -
partei , an der Kreise beteiligt sind , deren
politische Anschauungen sehr stark an den Be¬
griffen von Volkstum und Stammesart ver¬
ankert sind , hat leider eine „ Judenfrage " ( es
widerstrebt einem innerlich , das Wort hinzu -
schreiben ! ) in der Partei aufgeworfen . Daß von
außen her dabei Oel ins Feuer gegossen wird ,
gehört zu den Methoden des politischen
Kampfes . Um so sachlicher sollte die Frage be¬
sprochen werden bei denen , die durch politische
Gesinnungsverwandtschast sich verbunden fühlen .
Zu solcher Sachlichkeit gehört die Unter¬
scheidung von Jungdeutschem Orden ,
Volksnationaler Reichsvereini¬
gung und Deutscher Staatspartei .
Der Jungdeutsche Orden hat einen Arierpara¬
graphen in seiner Satzung . An sich ist das für
einen „ Orden " nicht weniger anstößig , wie
wenn jüdische Logen oder Vereine nur jüdische
Mitglieder ausnehmend ) . Man mag das eine
wie das andere ablehnen — es gibt genug Arier ,
die das erste und genug Juden , die das Zweite
für bedenklich und gefährlich halten . ( Ich
persönlich meine , daß in einer Zeit , in der der
Antisemitismus so wüste Formen angenommen
fjat , die Betonung eines exklusiv arischen Be¬
wußtseins immer - die Gefahr mit sich bringt ,
daß man in eine üble Gesellschaft gerät . ) Aber
wenn ich mich auf die Ebene der gleichen Selbst¬
achtung und der gleichen gegenseitigen Achtung
beider Gruppen stelle , so ' kann ick in exklusiv
arischen oder exklusiv jüdischen Bünden keine
gegenseitige Kränkung sehen .
Vorausgesetzt , daß solche Exklusivitäten nicht
in die Politik getragen werden und politische
Haltungen und Handlungen beeinflussen .
Die Deutsche Staatspartei vertritt
in ihrem Aufruf die Gleichberechtigung aller
Staatsbürger . Die Mitglieder des Jung -
deutschen Ordens , die durch das Sieb der
Volksnationalen Reichsvereinigung Mitglieder
der Staatspartei geworden sind , haben schon in
ihr die arische Exklusivität tatsächlich und grund¬
sätzlich aufgeben müssen . Es ist wahrscheinlich ,
daß viele von ihnen damit eine Umstellung von
Anschauungen haben vornehmen müssen , die in
einem Orden mit einem Arierparagraphen ohne
Zweifel sich bestärkt haben . Die an seinen jung¬
deutschen Kreis gerichteten Worte von
M a h r a u n über die Frage des Antisemitismus
lassen die Mentalität erkennen , mit der er sich
nunmehr als politischer Führer bei seiner Ge¬
folgschaft auseinanderzusetzen hat . Und es ist
begreiflich , daß die große Zahl von Mitgliedern
aus diesem exklusiv arischen Bund in der Deut¬
schen Staatspartei unsere jüdischen Gesinnungs¬
freunde besorgt macht , ob nicht Antisemitismus
in die Partei getragen wird . Anderseits aber
sollten sie sich sagen , daß d i e gemeinsame
A r b e i t in e i n e r P a r t e i d o ch nicht
nur Ausdruck st a a t s b ü r g e r liche n
Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t s w i l l e n s i st ,
sondern darüber hinaus doch auch
menschlich - bürgerliche G es i n -
n u n g s - und A r b e i t s g e m e i n s ch a f t
schasst . Wenn Menschen heute den Weg aus
der Exklusivität des Ordens in die umfassende
politische Gemeinschaft der Partei finden , so kann
das doch denen gewiß nicht unwillkommen sein ,
denen die Absonderung schmerzlich war . Und
im übrigen bürgt für die Gleichberechtigung
jüdischer Mitbürger in der Staatspartei wohl
die ihnen bekannte Haltung von Persönlichkeiten ,
die schon länger mit ihnen politisch gearbeitet
haben .
Darüber hinaus aber führt das Wesentlichste .
Ist es sinnvoll , heute durch solche sachlich un¬
begründeten Besorgnisse jene große Notwendig¬
keit des Zusammenhaltens aller den Bolksstaat
stützenden Kräfte zu verdunkeln ? Ist ( auch an¬
gesichts der nationalsozialistischen Hetze , mit der
ja die Jungdeutschm besonders den Kampf auf¬
zunehmen haben ) heute Zeit zur Ueberbetonung
solcher Spannungen , wenn es doch um Sein
oder Nichtsein der staatlichen Ordnung und
wirtschaftlichen Existenz geht — einer Ueber¬
betonung , die ja doch wieder von der anderen
Seite her die Rassenfrage in die Politik trägt ?
Gerade um sie aus unserer politischen Aus¬
gabe auszuschalten , sollten diese Auseinander¬
setzungen von hüben und drüben jetzt abge¬
schlossen werden und das unbefangene Neben¬
einander staatsnotwendiger politischer Arbeit
beginnen !
Artur Mahrarm
über seine
Gteittrrrg stmt Judentum
* ) Wir vermögen den Gedanzengängen der ver¬
ehrten Verfasserin hierin nicht ganz zu folgen und
werden darauf noch zurückkommen . Die Schriftleitung .
Die „ Welt am Montag " druckte am 4 . August
einen Brief des Hochmeisters des Jungdeut¬
schen Ordens , Artur M a h r a u n , nach , den
„ Der Angriff " des nationalsozialistischen Abge¬
ordneten Dr . Göbbels veröffentlicht hatte ; in
diesem Schreiben , datiert vom Mar d . I . ,
nimmt Mahraun zur Judenfrage in einer
Form Stellung , die in jüdischen Kreisen zu -
mindestens stark befremden mußte .
Nunmehr veröffentlicht Mahraun im „ Jung¬
deutschen " vom 6 . August an leitender Stelle
und in ausfälliger Druckart einen Aufsatz :
„ Meine Stellung zum Judentum " , der zunächst
wohl als Kommentar zu diesem Briefe , daneben
aber auch als Antwort auf die vielen Anfragen
aufzusassen ist , die gelegentlich der Gründung
der Deutschen Staatspartei an ihn gerichtet
worden sind . Der Artikel lautet :
„ Verschiedene Zeitungen veröffentlichen
einen Brief , in dem ich einem besorgten
Freunde die Versicherung abgab , daß sich die
Volksnationale Reichsvereinigung selbstver¬
ständlich energisch gegen alle diejenigen Juden
zur Wehr setzen werde , welche an den Grund¬
sätzen unserer christlichen und deutschen Kultur
rütteln wollen . Andere Zeitungen bezeichnen
das Vorhandensein des sogenannten Arier¬
paragraphen , der eine der Grundlagen des
Jungdeutschen Ordens ist , als Antisemitismus .
Der Jungdeutsche Orden läßt an dieser
Grundlage seiner Mitgliedschaft nicht rütteln .
( Gesperrt gedruckt . D . Red . ) Er erkennt im
staatsbürgerlichen Leben , wie viele seiner Ver¬
lautbarungen seit Jahren beweisen , den jüdi¬
schen Staatsbürgern die volle staatsbürgerliche
Gleichberechtigung zu . Wir geben aber keinem
das Recht , in Wesen und Form unserer jung¬
deutschen . Gemeinschaftsbildung hineinzureden .
Wir erkennen genau so , wie wir für uns das
Recht der Gemeinschaftsbildung nach unseren
Gesetzen fordern , auch jedem andern das gleiche
Recht zu . Ebenso wie wir in der Bildung von
jüdischen Vereinigungen bündischer , politischer
oder kultureller Natur keinerlei Angriff auf
uns sehen , so verlangen wir auch , daß das
Judentum in unseren völkischen Grundlagen
keinen Angriff auf sich fleht .
Unser Kampf gilt allen denen , die an den
Grundlagen der christlichen und deutschen Kul¬
tur rütteln , einerlei ob sie Juden sind oder
nicht . In unserem staatsbürgerlichen Dienst
an Staat und Volk kennen wir nur eine ein¬
zige Gemeinschaft mit den deutschen Staats¬
bürgern , welche unseren Ideen vom sozialen
und nationalen deutschen Bolksstaat vorbehalt¬
los zustimmen .
Die gegen mich gerichteten Angriffe be¬
grüße ich , weil sich auf diese Weise die Ge¬
legenheit ergibt , einmal in aller Oeffentlich -
WOW
Pensionspreis von JUi 8,50 an . Aerztliche Behand¬
lung auf Wunsch . Neuer Fernruf Nr . 7342 . Prospekte .
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