liuniiL'H wir weiter darüber sprechen. Aber beim nächsten Fünfer gibt ’s Tiniuitngsverboi.“
Heinz lief aus dem Zimmer und knallte die Tiire hinter sich zu. Dann setzte er seine Mütze auf und fuhr per Rad zu seinem besten Freund, dem Kurt. „Ja, weißst du, Heinz, so ganz unrecht hat deine Mutter nicht. Damals hat meine Mutter zu mir dasselbe gesagt. Was verstehen denn Erwachsene von Sport? Denen ist es wichtiger, man schreibt gute Noten und bringt ein anständiges Zeugnis heim. Wenn du wieder anständige Noten hast, haben deine Eltern sicher nichts dagegen, und du darfst nach Berlin.“ . „Du bist schon genau so wie Mutter und all die anderen Erwachsenen. Ich kneife einfach aus. Nach den Zeugnissen hau ich ab, und wenn ich dann in Berlin mitgemacht ha'be, komme ich wieder heim.“ „Bist du verrückt geworden“, sagte Kurt* „das brauchst du doch gar nicht. Zeig’, deiner Mutter, dass du lernen kannst. Wenn du nur eine Eins im Turnen hast, hilft dir das überhaupt nicht. Deiner Mutter imponieren nur Einser in wichtigen Fächern.“ „Sag’ doch deine Weisheit gefälligst jemand anderem. Geh’ nur gleich zu meiner Mutter und klatsche, dass ich ausrücken will, du alter Feigling.“ Weiter kam er nicht; denn wütend hatte Kurt ihm eine Ohrfeige gegeben. „Na warte“, brüllte Heinz und boxte Kurt ein paar in die Rippen. Der liess sich das nicht gefallen, und bald war die schönste Keilerei im Gange. Kurls Mutter kam, von dem Lärm angelockt, und trennte die Zwei. „Heinz hat augefangen“, schrie Kurt. „Er hat angefangen“, schrie Heinz. „Wenn ihr euch nicht vertragen könnt, dann braucht ihr auch nicht miteinander zu spielen. Kurt,, du gehst jetzt mit mir in die Stadt. Heinz kann mit, wenn er will, aber gebalgt wird sich nicht.“ Heinz wurde rot. „Ich muss aber heim, Aufgaben machen“, sagte Heinz, froh, eine Ausrede gefunden zu haben.
A <11 nächsten T.iyo sprach Kurt in der Schule» kein Wort mit
Heinz. In der dritten Stunde schrieb die Klasse eine Arbeit. Hein« gab nicht acht, konzentrierte sich nicht und machte Fehler. Die» Arbeit war grundfalsch und wurde mit „5“ zensiert. Heinz bekam wirklich Trainingsverbot. Das war ja sehr schmerzlich, aber es war wenigstens ein Ansporn für ihn. Er lernte jetzt ordentlich und schrieb in allen entscheidenden Arbeiten eine Eins. Sechs Wochen später gab es Zeugnisse. Heinz hatte sich inzwischen mit Kurt wieder ausgesöhnt. Er hatte eingesehen, dass er damals unrecht gehabt hatte. Jetzt warteten beide gespannt auf ihre Zeugnisse. Kurt war seiner Sache ganz sicher, Heinz hatte aber etwas Angst. Seine Eltern hatten ihm, nachdem er wieder gute Noten gehabt hatte, wieder Erlaubnis zum Trainieren gegeben. „Wenn du in zwei Hauptfächern eins hast, darfst du nach Berlin.“ Jetzt sass die Quarta in der Aula und wartete auf den Direktor, der die Zeugnisse ausleilen wollte. Kurt kam an die Reihe. „Sehr gefreut habe ich mich über dich, weil du bis auf eine kurze Zeit Reissig gearbeitet hast. Du hast das beste Zeugais und Heinz, der jetzt drankommt,, das drittbeste Zeugnis.“ .
Zwei Wochen später. Auf dem Bahnhof stehen Heinz, Kurt und der Trainer. „Zug nach Berlin, alles einsteigeu!“ ruft der Schaffner. Heinz und Kurt beugen sich aus dem Abteilfenster und nehmen die letzten Ermahnungen der Eltern entgegen. Langsam verschwindet der Bahnhof. Die Quarta aber bekam nach einigen Tagen folgenden Brief: „Liebe Klasse! Hier in Berlin ist es prima. Alle Kameraden simd sehr nett. Der Sportplatz ist fabelhaft. Bei den Wettkämpfen hatten wir einem Mordsdusel. Kurt wurde Erster im Weitsprung und ich Erster im 50-Meter-Lauf. Kurt erreichte 4,27 und ich brauchte 7,7 Sekunden, meine Bestzeit. Alles weitere mündlich. Heinz.“ Annemio Hoinemaun, Mainz.
An Stelle der euch allen sicherlich bekannten Quarteltspiele sollt ihr heute ein Terzettspiel kennenlernen, ein Jomtow- Melodien-Terzett spiel, das ihr euch allein hersteilen
Ihr braucht nur die untenstehenden Figuren auezuschneklen und auf etwa 6X7 cm grosse Blättchen aufzükleben, die ihr aus alten
Heften zurechtschneiden.könnt. Bei diesem Spiel gelten die gleichen Regeln wie beim Quartett. Auf dem 1. Blättchen steht der Melodie-Anfang, auf dem zweiten der T extanfang und auf dem dritten der dazugehörige Feiertag.
Und nun viel Vergnügen und ein schönes Pessachfest!
Margarete Cohn,
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Beilage
A. Beiblatt
eitung
Berlin, 14. April 1938
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E s gibt grosse und kleine Mazzot, und als ich klein war, vielleicht noch kleiner als du, aber doch grosser als eine grosse Nazza, da ass ich nur kleine Mazzot, und sie schmeckten mir so gut (ich habe schon wieder Appetit darauf, du auch?), dass ich meinen Vater fragte: „Wie macht man eigentlich Mazzot?“
„Junge“, sagte mein Vater, „ich will es dir zeigen, du musst aber fein aufpassen, und es wird ein ganzes Jahr dauern.“
Ein ganzes Jahr? dachte ich, und inzwischen soll ich nur auf die Mazzot aufpassen? Und die Schule? dachte ich. Aber so war es nicht gemeint. Vielmehr nahm mich der Vater bei der Hand und führte mich aufs Feld, da sland Getreide grün im Halm, es sah fast noch wie Gras aus, und der Vater fragte mich, was das wäre.
„Weizen“, sagte ich, und es stimmte. „Guck dir den Weizen gut an“, meinte der Vater, „daraus macht man Mazzot.“ Das mochte ich nun nicht glauben, der Weizen war ja noch kaum recht frühlingsgrün, aber der Vater sagte, ich würde es schon sehen. Ein paar Wochen später nahm er mich wieder mit aufs Feld, da war der Weizen schon so gross wie ich, ein paar Wochen danach war er weisslicli gelb und hatte pralle, volle Aehren, und dazwischen blühten die blauesten Kornblumen und violette Kornraden, das
Auf sammeln des Chomez
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Holzschnitt Amsterdam, um 1623
waren meine liebsten Blumen, aber Unkraut und gar nichts für die Mazzot.
Und nun ging’s los mit dem Aufpassen. Es kam nämlich die Ernte, und unsere Clmssidim gingen in einem hübschen, fröhlichen Zug singend aufs Feld; jeder hatte eine Sense oder Sichel, und sie mähten die hohen, stolzen Weizenähren singend ab, und das helle Klingen und auch das Schärfen der Eisen klang wie eine fröhliche Begleitmusik dazu. Dann wurden die Garben gebunden und mit Gesang eingefahren, und später beim Dreschen ging’s bald noch lustiger zu. Nun musst du wissen, dass es nicht überall so ist, aber unsere Chassidim freuten sich auf die heiligen Pessachtage schon im Sommer lind trauten ihren eigenen Händen mehr als fremden und hatten noch gar keinen Sinn für den modernen Maschinenbetrieb, mit dem wir sonst liier alles machen, aber viel Sinn für den heiteren Gottesdienst, zu dem sie sich keine Gelegenheit entgehen Hessen. Wie oft nahm mich der Vater auf den Kornspeicher mit, wo nichts lag ausser dem Weizen für die „bewahrten Mazzot“, und immer sichtete und säuberte er etwas an dem Kornhaufen, dass nur kein Stäubchen Schmutz herankam. „Und daraus macht man Mazzot?“ fragte ich. Und der Vater sagte: „Pass nur gut auf, Junge, du wirst schon sehen.“
Das Jahr war aber bald um, Purim vor der Tür, als endlich die Chassidim kamen, sich überzeugten, dass der Weizen nicht nass geworden noch ausgewachsen war, ihn ih Säcke schaufelten und mit einer Eskorte von zehn Mann zur Mühle brachten. Da wurde mir aber fast bange, solche Mühe gaben sich alle damit, und ,dabei ging’s doch wieder ganz fröhlich zu. Die Mühle war von allem Mehlstaub gereinigt, der Mühlstein wurde neu überbauen, ddl* Mehlkasten mit neuem Leinen beschlagen, für das durchlaufende Mehl ein neuer Flor gerichtet, und dann schütteten sie den Weizen^ Sack um Sack, in den neuen Trichter über dem Mühlstein, und draussen gingen riesengross die Flügel der Mühle und sangen im Winde, und das ganze hölzerne Mühlenhaus bebte und sang, und ich verstand kaum, \vie mein Vater sagte: „Pass gut auf, Junge.“
Und auf einmal war alles und wir selber weiss lind staubig, und in den Säcken leuchtete das weisse Weizenmehl, zwei Mann mit Schnur und Packnadel nähten die Säcke zu, und unter und über sie auf dein Wagen wurden dicke Planen gelegt, damit das Mehl nicht feucht wurde». Und es roch wunderbar, schon beinahe wie Mazzot.
Ein paar Tage später sagte mein Vater wieder: „Pass auf, Junge!“ und ani Abend gingen wir mit den Chassidim Wasser schöpfen. 1 Es musste, sagte der Vater, zwischen Sonnenuntergang. und Sternenaiifgaug geschöpft sein und. über Nacht stehen. Das Wasser plätscherte und gluckste in den Eimern,und die Chassidim summten, und beinahe unheimlich ging die lange Stange des Ziehbrunnens auf und nieder, und es war ein wenig kalt. Dann, im Backhaus, wurde das Wasser durch reine Tücher geseiht und wohl verwahrt.
Andern morgens ging schliesslich das Mazzotbacken an, aber mit einem Eifer, einer heiligen Freude und Genauig-