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Von'Sctta Cohn-Richter. Zeichnungen von Heinz Wallenberg. Jüdischer Buchverlag Berthold Levy. Berlin 1938.
Wer von euch hat schon einmal eine 5 im Diktat gehabt? Da meldet sich gewiss niemand, und doch schadet es gar nichts, wenn ihr so einen Zauberfederhalter habt wie die kleine Ester, von der euch Tante! Setta Cohn-Richter in ihrem neuen Büchlein erzählt. Ihr kennt Tante Setta doch noch von Miriams Wundergarten? — Ester erlebt nämlich mit ihrem Fünfermäuschen die vergnüglichsten und seltsamsten Dinge und verträgt sich mit der 4. mit der 3, der 2 und sogar mit der 1 „einfach prima 1“ Ja, Ester kommt sogar bis nach Afrika, wohin ihr Vetter Heinz gefahren ist, und trifft dort ihren alten Freund, den Affen Jippo, und macht die Bekanntschaft vom Neger Diwi. Mehr will ich euch nicht verraten; sonst wisst ihr alles schon im voraus! Aber dass Heinz Wallenberg eine ganze Menge lustiger Bilder dazu gemacht hat, sollt ihr doch noch erfahren! Mit Jippo hat er sogar dicke Freundschaft geschlossen und hat ihn von rechts und von links, von vorn und von hinten gezeichnet, damit ihr wisst, wie er aussieht, auch wenn ihr nicht bis nach Afrika kommt. Und wenn ihr euch zu der nächsten Gelegenheit das Büchlein wünscht — es kostet nicht mehr als eine Tafel Schokolade, und die schenkt euch vielleicht auch der Neger Diwi —, so merkt ihr bald, zu was so ein Zauberfederhalter alles taugt — vom Diktat ganz zu schweigen! Dann kommt es nur noch auf den richtigen Zauberspruch an; aber den, glaube ich, muss jeder von euch selbst finden! M. 8.
Von Edith Samuel. Joseph Jastrow, Jüdischer Buchverlag. Berlin 1938.
Der Jüdische Buchverlag Joseph Jastrow hat mit dem „Lustigen Regenwetterbuch“ ein Buch für Kinder von fünf bis zehn Jahren herausgebracht, das in schönen Bildern und Versen zeigt, wie Kinder Geschichten der Bibel spielen. Das in Gedanken und Ausführung sehr ansprechende Buch wird sich unter den Jüngsten viele Freunde erwerben und Anregung für andere Regenwetterspiele bieten. G. F.
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Das Limud-Amt der Esra Pirche Agudas Jisroel, das jungen jüdischen Menschen den Besuch einer Jescliiwa ermöglichen will, hat ein Quartett herausgegeben, das in geschickter Weise Grundbegriffe des jüdischen Wissens verwendet und sehr geeignet ist, Kindern diese Begriffe geläufig und im hebräischen Schriftbild bekannt zu machen. Die einfache, ansprechende Aufmachung der Karten wird dazu beitragen, dem Spiel viele Freunde zu erwerben. Wer noch nicht genügend Hebräisch kann, braucht sich nicht entmutigen zu lassen; denn die mit Recht sehr vorsichtigen Hersteller haben jede Karte mit der deutschen Ueber- setzung des hebräischen Textes versehen. Den Eltern aber, die mit ihren Kindern das Quartett spielen wollen, ist auf einem guten Umweg die Möglichkeit gegeben, den Ausspruch ben Somas, die vier ausgezeichneten Tora-Abschnitte, die Bücher der ersten Propheten, die vier Söhne in der Hagada, die Wüstenlager, die Gebetzeiten, die Stammütter, die Teile des Schulchan Aruch. und vieles andere mehr zu lernen. G. F.
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Kürzlich machte ich eine Reise in eine kleine Stadt. Ich bin in dieser Stadt geboren und liebe sie sehr. Keinerlei direkte Bindung bestellt jetzt mehr zu ihr. Die Eltern sind weg von dort; das Haus, in dem ich geboren bin, wird von unbekannten Menschen bewohnt, und das Geschäft hat unter einem neuen Besitzer sein Aussehen stark verändert. Von den lieben Menschen sind viele nicht mehr da: gestorben, verzogen; und die, die noch da sind, sind älter geworden; Silberhaare schimmern leise wehmütig auf manchem Kopf, den man frisch und jung gekannt halte. Aber da kommt schon die neue Generation. Gewiss, früher waren es mehr Kinder, die zum Religionsunterricht in den kleinen Raum kamen; aber die von heute sind schliesslich genau so he ranwachsende Zukunft, wie die von früher es waren.
Ich denke daran, wie ich abends zu Gast war bei einem befreundeten jungen Ehepaar. Die Frau hatte alle Hände voll zu
tun in dem Haushalt mit drei Kindern. Vor dem Essen mussten
die erst ins Bett gebracht werden, und das ist dort wie überall nicht einfach. Dass sich doch Kinder immer so gegen den Schlaf Sträuben! Wahrscheinlich haben sie noch nichts, was sie gern mal für ein paar Stunden vergessen wollen. Man bat mich also, beim Aufräumen im Spielzimmer ein bisschen zu helfen, damit es
schneller gehe. Mit mehr innerer Anteilnahme, als icli. zugegeben hätte, machte ich mich an die Wiederherstellung der Ordnung im Puppenwagen. So ein Massen betriebt Uebor- und untereinander lag das und stierte aus vielen verschiedenfarbigen Augen mich an. Grosse und kleine Puppenkinder, und sogar ein schwarzes Negerbaby war darunter, Stoff, Ilolz, Porzellan und Celluloid — alles war vertreten,* Da stutzte ich auf einmal. Ich hielt ein hölzernes Puppenbein in der Hand und suchte nach dem zweiten, um den dazugehörigen- Körper unter dem Kissen vor ans Licht zu befördern. Ich fand das zweite Bein nicht. Dennoch war meine Ausgrabung erfolgreich; da hatte ich ein ganz verkommenes Etwas in der Hand. Die Farben auf dem kugelrunden Gesichteben verwischt, darüber eine grosse Stoffglatze mit spärlichen Resten brauner Haare, ein Kleidchen von dunkelweisser Färbung und, wie gesagt, ein Bein, das traurig drunter vorbammelte. „Ella!' schoss es mir durch den Kopf. Ella, meine Elia, meine über alles geliebte Ella! Ich wusle genau, dass ich sie sorgsamst zu Hause in meinem Zimmer aufbewahrt hatte, noch als ich zum Studium in die Fremde ging, Mutter musste sie beim Wegzug einem der drei Kinder geschenkt haben. Und so ramponiert, war sie eigentlich immer schon gewesen; so hatte ich sie lange Jahre gekannt und geliebt. Sie war nie eine Schönheit, und die Kinder scheinen eie daher auch wenig beachtet zu haben; ein bisschen tat mir dieses Gefühl weh und ein bisscheu war ich dankbar, dass ich sie dadurch ganz als die Alte fand. Im Augenblick glaubte ich sogar, mich daran erinnern zu können, wie ich ihr in einem heissen Kampf selbst'das Bein ausgerissen hatte, als eine kleine Freundin sie mir wegnehmen wollte, und wie schmerzlich ich sie damals beweinte, wie weh mir das tat. Ella! Was für ein stummes, glückliches Wiedersehen haben wir gefeiert!
Es hat wahrscheinlich nicht länger als eine Minute gedauert; denn da rief mir die Kleinste der Kinder irgendetwas zu und ich besann mich ganz verwirrt, dass ich ja Ordnung machen sollte. Leise legte ich Ella in den Wagen, ganz zu unterst und eine Decke drüber; denn sie war ja wirklich keine Schönheit und die Kinder sollten sie auch weiter in Ruhe lassen. Als ich dann kurz danach beim Essen von einem der Erwachsenen gefragt wurde, warum ich so still sei, sagte ich wohl nur: „Wegen Ella.“ Ich glaube nicht, dass es einer verstanden hat; aber eigenartigerweise wurde ich nicht weiter gefragt.
(Schluss des redaktionellen Teils)
So schreiben die jüdischen Zeitungen über
„H-tsLs jmqM skk“
das neue Kinderbuch von Meta Samson
mit den Zeichnungen von Lilli Szkoluy
Blätter des jüdischen Frauenbundes (Mai):
. . Alle Kinder, die das Buch lesen, werden sagen, mit dem Spatz möchte ich befreundet sein . . . Die Mütter werden sich nicht nur um ihrer Kinder willen über dieses Buch freuen, sondern sie werden daraus noch manches lernen . . .“
Jüdische Rundschau (24. Mai):
„. . . Das ist ein zeitgemässes Kinderbuch. Dieser Spatz interessiert uns ausserordentlich . . .“
C.-V.-Zeitung (ö.Mai):
. . In der Tat weise man nicht, wem man dieses Buch mehr empfehlen soll, das in ungewöhnlicher Frische und erstaunlichem Einfühlungsvermögen das Leben eines jüdischen Mädels unserer Zeit schildert: den Müttern oder den Töchtern! Es wäre gut, wenn sie beide es lesen würden, es ist eines der seltenen Bücher, die für Kinder und Eltern in gleicher Weise geschrieben sind.“
Jüdisches Gemeimlchlntt, Niirnborg-Fiirth (1. Juni):
. . In spannender Weise, von Indischen Illustrationen unterstützt, werden die oft tollen Einfälle ,Spätzchens* geschildert,•womit es bewusst und unbewusst seine Umgebung in Aufregung versetzt . . . Auch die Ellern werden dieses Buch zweifellos mit Gewinn lesen . .
Jüdisches Gemciiiileblaü f. Rheinland u. Westfalen (21. Mai):
. . Dieses Buch darf einen Ehrenplatz für sich in Anspruch nehmen ... Es ist ein jüdisches Kinderbuch und es ist ein pädagogisches Kunstwerk . . . Einmal eine Neuerscheinung, zu der man uneingeschränkt und mit vollem Herzen ,Ja* sagen
Jüdisches Gemeindeblatt, Leipzig (20. Mai):
. . Wirklichkeitsnahe ist der besondere Vorzug dieses Buche«. ... Es ist zugleich ein wertvoller Beitrag zur Kinderpsychologie. Datier soll es auch den Erwachsenen, die noch eine Erziehungsaufgabe haben, ganz warm empfohlen werden . . .'*
Kinder und Eltern, lest den „Spalz“!
Philo-G.m.b.H., Jüdischer Buchverlag und Buchvertrieb
Berlin, Pariser Strasse 44 (Tel. 92 13 75). Amsterdam
Beilage*^
4. Beiblatt
jyWwZeitung
Berlin, 16. Juni 1938
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Es ist Winter, die Abende sind lang. Draussen weht der Wind. Mir ist wohl und heimlich in der Bauernstube. Ich blättere in alten Briefen, in meinen Entwürfen, in den Antworten der Freunde und Freundinnen. Viele von ihnen kannte ich als Herrn II. und Fräulein J., aus meiner Lehrzeit im Kaufhaus.
/rr>v Denn ich selbst war auch
Aur einmal Kaufmann. Damals war
k. . '*-* der Herr Abteilungsleiter ein
eleganter Herr, und heute ist er ein guter Freund und wird Tischler, und ich weiss nicht, was ihm besser steht 1 Und wovon träumte ich? Nicht von Geschäften, die man mit Nesselstücken machen kann, von Pfennigen, die dabei absprin- gen, von Talern, die daraus werden, wenn man es versteht, und von dem, was man anfängt, wenn man viele solcher Taler angesammelt hat.
Nein, das lat ich sicherlich nicht! Aber das Gewebe zerfaserte sich mir, die Fäden sprangen auseinander, und ich stand im schnurrenden Getriebe der Maschinen, die spulten und webten, Tag und Nacht. Und die Fäden zerflockten unter meinen Augen, waren rohe Baumwolle, und Arbeiter luden sie von den Schiffen. Aber mein Auge ging weiter, weit über Länder und Meere, bis dorthin, wo wieder Arbeiter den Boden pflügten und in heisser Sonne die Ernte einbrachten, deren Frucht ich hier tagaus, tagein auf der Theke ausbreiten und anpreisen musste. Ja, mein Denken und Fühlen sprang immer zurück, zurück in die Stätten, wo all das wurde, zurück unter unseres Herrgotts freien Himmel,
wo alles gedieh. Und mein Herz sehnte sich, und meine Hände wurden begierig, Anteil zu gewinnen an diesem grossen Werk. So ging es mir bei jedem Schrank. Er zerfiel. Und ich wanderle vom Tischler in den Wald, sah die Bäume wachsen und reifen und unter der Axt starker Männer dahinsinken. Und das Verlangen nach solcher einfachen Stärke gewann Macht über mich.
Und eines Tages erwachte ich aus meinen
Ernst Jsaacson
Träumen. Da wurde ich Bauer. Und ob ihre Träume
so gewesen waren wie die meinen oder von der Talerart, viele wurden Bauern wie ich und viele Tischler und Schlosser und wirkende Menschen in anderen Berufen, und aus Verkäuferinnen wurden Arbeitskameradinnen, die melken und in Stall und Küche wirtschaften lernten. Das denke ich beim Durchblättern dieser Briefe.
Sie alle lernten nicht nur in dieser neuen Arbeit einen neuen, schönen Sinn dem Leben abzugewinnen, in ihnen reifte oder reift eine tiefe Erkenntnis: dass sie alle uns verjüngen helfen, indem sie selbst allo zu der ältesten und jüngsten Arbeit zurückfinden, zur Arbeit der Hände und damit zum unmittelbaren Werk. Wie glücklich müssen doch die Kinder sein, denke ich, dio jetzt aus der Schule kommen. Denn sie brauchen nicht den Umweg über lange Träume bei verhasster Arbeit zu machen, sie brauchen nicht den Weg über einen verfehlten in den richtigen Beruf zu tun. Aber, denke ich, diesem oder jenem wird die Wahl schwer fallen. Da dachte ich an euch, von der Redaktion. Ich gehöre nicht zu denen, die fluchen über das viele Papier, da* verdruckt wird. Aber ich meinte, Ihr könntet Gutes tun, wenn Ihr druckt, was mir jetzt einfäilt. Eigentlich muss es ein Film worden. Aber nach meinen Angaben kann ich doch keinen Film drehen lassen. Wo finde ich denn einen Regisseur — ein Drehbuch ist schnell fertig aus diesem Material. Und die Bilder, die zeichne ich.
So, es ist schon 11 Uhr, der Bauer ging schon zu Bett — ich aber sitze und illustriere meinen Film und hoffe, liebe Redaktion, Ihr werdet ihn laufen lassen. Sie gestatten also, dass ich beginne.
Unser Film beginnt selbstverständlich mit der Landwirtschaft; denn ein Bauer ist der Regisseur, und wes das Herz voll ist, des fliesst der Mund über. Schaut euch dieses Städtchen anI
Immer ist es ein grosser Tag, wenn der Bauer dorthin zum Wochenmarkt fährt. Je grösser ein Tag auf dem Lande ist, um so früher beginnt er. Korn und Kartoffeln, Eier, Milch und Butter, Gemüse und Obst, alles, womit des Himmels Segen der Hände Arbeit lohnte, kommt auf diesen grossen Wagen. Und mittags geliFs wieder heim mit einer Kunsldiiugerladung, denn die Erde ist ein lebendiges Wesen, das seine Nahrung verlangt und Sorgfalt und Liebe. Der Hof liegt ganz ruhig.
Aber nach kurzer Mittagsrast erfüllt ihn emsiges Treiben.
Der Hof ist GO Morgen gross, und alle GO sind unter dem Pflug! Kinder, das heisst Arbeit von früh bis spät für uns beide, den Bauern mul mich.
Wollt ihr mich melken sehen?