9. Jahrgang

5683 השק כשלו

NovemberDezember 1922

Heft 11/12

Die Urattribute Gottes

als Vorbilder des Menschen.

Zu den schwierigsten Problemen der jüdischen Religion gehört das Problem der Attributenlehre, d. h. das Problem, in das uns die Annahme bestimmter Eigenschaften Gottes verstrickt. Wie ist es möglich, von Gott, der doch der Unnennbare, Unfass- bare, jedem Massstab des Irdischen Entrückte ist, überhaupt etwas Bestimmtes auszusagen? Das Problem erhebt sich für das Judentum zu ganz besonderer Stärke, da sein absoluter Monotheismus im Gegensatz zu den heidnischen Religionen und dem Christentum die Einzigkeit, Einheit und reine Geistigkeit Gottes zum Angelpunkt seiner Aussagen von Gott macht.

Wie dem philosophisch Geschulten bekannt, ist dies Problem nicht ein spezifisch religiöses, sondern ein allgemein metaphy- sisches und erkenntnistheoretisches. Nur dass sich die Religion und vor allem die jüdische mit den mehr oder minder gelungenen Versuchen, das Wesen der Substanz und ihre Beziehung zu den Accidentien endgültig festzustellen, nicht zufrieden geben kann. Denn die Religion und hier wiederum vor allem die jüdische braucht den lebendigen Gott, der immerdar wirkt, der nicht nur die Welt ins Dasein gerufen und sie ununterbrochen erhält, sondern der auch die Schicksale der Völker und des Einzelnen bestimmt, der also eine lebendige Persönlichkeit ist, zu dem wir Herz zu Herz und Person zu Person sprechen. Aber andrerseits wird nicht Gott durch die Attribute, die der mensch- liehen Vorstellungswelt entnommen zu sein scheinen, ins Mensch-

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