Briefkasten der Redaktion.
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das Bürgerliche Gesetzbuch in seinem § 16 dem Recht an Familiennamen gewährt, durch eine dem Vorbild des französischen Gesetzes vom 2. Germinal XI entsprechende öffentlich-rechtliche Norm an. In einem zweiten von demselben Blatt veröffentlichten Schreiben heißt es wörtlich: „Ungemein dankbar muß man der sehr verehrten Redaktion sein, daß sie wieder und wieder auf die unheilvolle Neigung der Regierungen, den Juden die Führung deutscher Namen zu gestatten, zurückkommt. Solche Fälle sind, wie ich aus amtlicher Kenntniß weiß, viel häufiger, als man denkt; die meisten kommen garnicht zur öffentlichen Kenntniß (z. B. Amts- gerichtsrath Lewinsohn = Laubhardt). Sollte es nicht möglich sein, daß die konservative Partei eine gesetzgeberische Initiative ergreift? Denn leider erscheint mir der Hinweis auf § 12 B. G.-B. in Nr. 228 als völlig verfehlt und irreführend. Er betrifft natürlich nur die unbefugte Namensführung; die von der zuständigen Obrigkeit gestattete ist aber niemals unbefugt." — In eigentümlicher Weise äußert sich in einem Schreiben an die „Tägliche Rundschau" der Rentier Leo Lewinsohn, Charlottenburg, Knesebeckstr. 84, der Bruder des erwähnten Amtsgerichtsraths Laubhardt, über die vielbesprochene Aende- rung jüdischer Namen, indem er versichert, daß sein Bruder von seinem Namenswechsel für seine Laufbahn, seinen amtlichen und persönlichen Verkehr nicht den geringsten Dortheil zu erwarten gehabt habe. Trotzdem erklärt Herr Lewinsohn am Schluffe seines langen Schreibens: „Meine Neigungen, Ansichten, Ueberzeugungen haben keinerlei Boden im I u d e n t h u m. Ich bin unabhängig und unverheiratet. Längst schon hätte ich aus freier Uebcrzeugung meinen Glauben gewechselt, wenn es mir nicht unehrenhaft erschienen wäre, mich auf solche Weise den Kränk un gen und Ungerechtigkeiten zu entziehen, welche die „res victa“ auch den vorwurfsfreien Menschen auferlegt — nur weil sie Juden sind." — Es ist für das gesammte Judenthum gewiß überaus schmerzlich, daß die Neigungen, Ansichten und Ueberzeugungen des Herrn Leo Lewinsohn nicht mehr in der angestammten Religion wurzeln, aber der alte Glaube würde sogar fortbesteh.m, wenn dieser Herr, der es sich zur Ehre rechnet, seit 20 Jahren Leser eines judenfeindlichen Blattes zu sein, ihm vollständig Valet sagte! Vergeht sich doch Herr Lewinsohn weit schlimmer gegen seinen Bruder, der durch den Glaubenswechsel und seine Absage an die „res victa u gerade dasjenige zeihan hat, was seinem zur Zeit noch ungetansten Bruder u n -