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Im deutschen Reich.

erzielte der in der ordentlichen Versammlung vom 16. April 1894 durch den stellvertretenden Vorsitzenden, Rechtsanwalt Di-. Eugen Fuchs, erstattete Bericht über die Tätigkeit der Rechtsschutz- Kommission. In diesem ebenfalls als Broschüre über ganz Deutsch­land verbreiteten Bericht wurde u. a. gesagt:

Unsere Sache wird es sein, darzutun, daß der Jude von heute nicht mehr der Jude des Ghettos ist, sondern wie jeder andere Staats­bürger Anspruch daraus hat, daß sein religiöses Empfinden nicht verletzt und daß mit dem Strafschutz wegen Aufreizung zum Klassen- kampse nicht gewartet werde, bis Gewalttätigkeiten tatsächlich passiert sind. Ist der Rechtsschutz auch nicht das Allheilmittel in dem großen Kampfe, so ist doch die Tragweite seiner Kraft nicht zu unterschätzen. Indem er unlautere Kampfmittel lähmt, der Fanatisierung des Volkes durch Verleumdung und Aufreizung einen Damm entgegensetzt, andererseits in den Angegriffenen das Vertrauen zum Staat wachhält, werden die materiellen und geistigen Schäden, die der Einzelne, das Vaterland, ja die gesamte Menschheit durch Klassen-, Rassen- und Massenhaß erleidet, gemildert, und es werden für die friedliche Lösung der Frage die Vorbedingungen geschaffen."

Eine diitte Agitationsschrift trug ebenfalls das Verständnis für die Bestrebungen des Central-Vereins in weite Kreise; dieselbe wirkte so begeisternd, daß in Berlin fast unmittelbar nach der Versendung mehr als 300 Gemeindemitglieder ihren Beitritt erklärten und vstle weitere Anmeldungen nachfolgten. Es war der unter dem Titel Ehrenpflichten" erschienene Vortrag, den Herr Rechtsanwalt vr. M. Horwitz in einer allgemeinen Versammlung am 16. November 1897 im Festiaale derViktoria-Brauerei" gehalten hat, ein mächtig hallender Ruf an alle deutschen Glaubensgenossen, dessen Wirkung in Wort und Schrift eine fast unvergleichliche war. Weithin klangen die Worte:So sehr wir der Meinung sind, daß wir durch alle vorhandenen Mißstände uns nimmermehr die Lust werden rauben lassen an unserm geliebten Vaterlande, so sehr wir es mißbilligen, wenn ein Kind seines Vaterlandes sich schmollend zurück- ziehen will, wie Coriolan, weil das Vaterland cs schlecht behandelt hat, so sehr wir glauben, daß Unrecht leiden nicht das Schlimmste ist aus diesir Welt, so sehr glauben wir doch auch, daß, wer Mannes­würde besitzt und Anspruch darauf erhebt, seine Ehre von anderen anerkannt zu sehen, die Pflicht hat, alle Ehrenpflichten zu erfüllen, vor allen Dingen die: bei ungerechten Angriffen sich zu wehren. Unser Kaiser hat das Wort gebraucht:Wer nur auf Gott vertraut und feste um sich haut, hat nicht aus Sand gebaut", und ein Sprich-