Der Central-Verein be
wert, welches — und das ist kein Zufall — in alle bekannten Sprachen übergegangen ist, lautet: „Hilf dir selbst, und Gott wird dir helfen!" In diesen Worten verkörpert sich der Inbegriff unserer Bestrebungen: ungerecht ist der Kampf, der uns aufgezwungen, gerecht und notwendig die Abwehr! Wir sind die Angegriffenen, wir müssen uns verteidigen, — wir, das heißt: die Gesamtheit aller Juden, da die Gesamtheit dem Angriffe ausgesetzt ist. Deshalb müssen wir ein Centralverein sein, ein Verein, dem möglichst alle angehören." Zwei große Auflagen dieser Schrift sind vollständig vergriffen; in Vorbereitung ist j-'tzt eine dritte Aurlage, von der wir hoffen, daß sie wiederum die Wirkung haben wird, viele unserer Glaubensbrüder an eine ihrer heiligsten Ehrenpflichten zu mahnen!
Unter der Leitung des im Dezember 1894 zum Vorsitzenden des Vorstands gewählten Or. ^ur. Maximilian Horwitz, Rechtsanwalts beim Kammergericht, war inzwischen die Organisation des Central-Vereins wesentlich vervollkommnet und gefestigt worden. Vrele strenggläubige Mitglieder, welche sich anfangs serngehalten hatren, traten seitdem dem Central-Verein bei, da sie die Ueber- zeugung gewonnen hatten, daß der Vorstand dm an festhält, alle Kultus- und Ritualfragen den Rabbinern, alle Gemeindeverwaltungs- sachen den Vorständen der Synagogen-Gemeinden, bezw. dem Deutsch- Israelitischen Gemeindebunde zu überlassen, und sich daraus zu beschränken, die staatsbürgerlichen Rechte der deutschen Juden zu verteidigen und jedem, welcher wegen seines Glaubens oder seiner Abstammung gekränkt wird, nnt Rat und Tat beizustehen.
Dem Vorstande des CentrallVereins steht eine Rechtsschutz- Kommission zur Seire, die ihm tatkräftig an die Hand geht, wenn es gilt, Schritt für Schritt den Boden eines gesicherten Rechtsschutzes für die Juden zu erkämpfen. Als sie im Anfänge ihrer Tätigkeit gegen Beschimpfungen des Judentums und seiner religiösen Einrich- Lungen mit Strafanträgen verging, stieß sie schon bei den Staatsanwälten auf Ablehnung. Später wurden diese von den Oberstaatsanwälten zum Eingreifen veranlaßt, dann bedurfte es dieser. Anregung nicht mehr. Längere Zeit verging noch, ehe die Richter unseren Klagen Gehör liehen, und jetzt stehen wir u. a. vor der erfreulichen Tatsache, daß Reichsgerichtsentscheidungen vorliegen, wonach der höchste deutsche Gerichtshof Beschimpfungen der jüdischen Religion unter Strafe stellt, auch wenn sie sich nicht in rohen Ausdrücken kundgeben. Unsere Bemühungen, die Richter zu überzeugen, daß der oft wiederholte Versuch. der Antisemiten, den Wert des jüdischen Eides durch eine willrürlichL