Im deutschen Reich.
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XI. KcrH^g. Berlin, Februar 1905. Wv. 2.
Wechtsverkehrrngen?
AD^N kurzsichtigen Politikern, die die Fortichritte der mehr und GWs mehr überhandnehmenden Reaktion nicht sehen, auch wenn sie schon mit Händen zu greifen ist, ist in Deutschland kein Mangel. Es würde viel zu weit führen, zu erörtern, woher der politische und soziale Rückschritt gekommen ist, wer ihn herbeigeführt hat und den Staat noch beständig weiter auf diese schiefe Ebene drängt; es genügt, auf die traurige Tatsache hinzuweisen; denn nur wenn das Uebel ganz erkannt wird, kann es besser werden. Denen, die sich noch immer in dem Wahne beglückt fühlen, „wie wir es so herrlich weit gebracht", muß setzt unbedingt zu Gemüt geführt werden, wie weit es damit her ist. Mögen eingefleischte Optimisten erschrecken, wenn das verschleierte Bild der inneren Politik enthüllt und ihnen dabei klar wird, wie unsere Berhältniffe bedenklich denen der Manteusfel- und Hengstenberg- Periode ähneln — die Wahrheit verwundet, aber sie heilt auch! Sie AÜffen es schließlich doch erfahren und einsehen, daß alle Errungenschaften des deutschen Völkerfrühlrngs jetzt auf dem Spiele stehen, wenn durch die Zertrümmerung der Gleichberechtigung der deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens ein stattliches Stück der gesamten Bürgerfreiheit beseitigt wird. Wenn erst diese Bresche offen ist, dann ist die ganze Festung reis zur Uebergabe an die „Reaktion".
Es wird für alle Zeiten ein Verdienst des Abgeordneten Rickert bleiben, daß er auf die Gefahren eines solchen Rücktritts schon hingewiesen hat, als im Jahre 1893 die konservative Partei und der Bund der Landwirte mit der verfassungswidrigen Agitation gegen die Gleichberechtigung der deutschen Juden offen hervortraten.