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Im deutschen Reich.
250 Patentanwälte; hiervon sind höchstens 10 Prozent Juden. Es ist doch gewiß ein sehr eigenartiger Zufall, daß bei den 225 christlichen Anwälten auch kein einziger jüdischer Angestellter tätig ist, weder als Ingenieur, noch als Chemiker, noch in irgend einer anderen Stellung. Bei der Wertung der obigen Zahlen ist zu berücksichtigen, daß nur ein Teil der Anwälte technisch durchgebildete Hilfskräfte beschäftigen kann, und z. B. die sämtlichen jüdischen Anwälte mit 2—3 Ausnahmen keine Ingenieure brauchen. Dagegen existieren in Berlin allein Büreaus, die bis zu 60 Angestellten aufweisen und sich in christlichen Händen befinden. In diesen finden sich, wie gesagt, jüdische Ingenieure und Chemiker nicht. Nun verlangt aber das seit 6 Jahren in Kraft stehende Gesetz betreffend die Patentanwälte, daß jeder, der zur Prüfung als Patentanwalt zugelassen werden will, eine zweijährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes nachweist. Diese Tätigkeit kann regulär nur in dem Bureau eines Patentanwalts ausgeübt werden. Durch das oben geschilderte Verhalten wird demnach jüdischen Ingenieuren der Zugang zur Patentanwaltschaft sehr erschwert, wenn nicht ganz unmöglich gemacht. In der Tat haben die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes neu zugelassenen Patentanwälte ihre Praxis alle in jüdischen, zum Teil nicht wehr bestehenden Büreaus erworben.
Auch das Kaiserliche Patentamt zählt unter seinen ordentlichen Mitgliedern zurzeit keinen einzigen Juden. Ein jüdischer Ingenieur, der wegen Anstellung im Amte mit dem Personaldezernenten verhandelte und dessen Voraussetzung, daß er evangelisch sei, nicht bestätigen konnte, sondern angab, er sei Jude, erhielt zwar den trostvollen Bescheid, das schade nichts; aber angestellt ist er bis heute nicht. So zählt das Kaiserliche Patentamt zurzeit nur einen jüdischen Hilfsarbeiter, der diese Stellung der Fürsprache eines hiesigen, sehr bekannten und einflußreichen Professors verdankt, dessen Anmeldungen er fast ausschließlich bearbeitet. Regierungsrat ist er aber trotz seiner anerkannten Tüchtigkeit bis heute nicht geworden, trotzdem mittlerweile Herren, die viel später ins Amt kamen und im gleichen Fache tätig sind, wie er, diesen Rang schon längst erreicht haben.
Das Patentamt nimmt zwar ebenso wie die Patentanwälte die Anmeldungen und Gebühren paritätisch von Ge-