Die Begründung des Provinzialausschussee; usw.

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über, aber wir können es nicht verstehen, wie jemand aus Ueberzeugung vom Judentum zu einer anderen Religion übertreten kann. Das Wesen unserer jüdischen Religion finden wir am besten verkörpert in dem Gotteskindertum, in dem Begriff der Humanität; alles was menschlich ist, will unsere Religion mit edelstem Inhalt erfüllen." Redner stellte darauf die grundsätzlichen Verschiedenheiten der jüdischen und christlichen Religion einander gegenüber.Der Jude glaubt an die Einigkeit Gottes, der Christ an die Drei­einigkeit; der Jude: an die Reinheit der Seele, der Christ: an die Erbsünde; der Jude: daß Gott ein Geist sei, der Christ: daß Gott Mensch geworden sei; der Jude: daß alle edlen Menschen selig werden, der Christ macht die Erlangung der Seligkeit von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bekenntnis abhängig; die Juden endlich glauben, daß alle edlen Menschen daran arbeiten sollen, die messianische Zeit erst herbeizuführen, die Christen dagegen glauben, trotz aller Kriege und Bluttaten, die noch in unserer Zeit sich er­eignen, daß die messianische Zeit schon dagewesen sei." Wenn man fragt, wieso aber doch ein Abfall möglich sei, muß man zwei Arten Taufen unterscheiden: die eigene Taufe und die 'Ki n d e r - T a u f e n. Redner erörtert sodann die verschiedenen Gründe, welche von den Täuflingen zur Recht­fertigung der Taufe angeführt werden, und unterscheidet solche Gründe, welche die Taufe an sich, und solche, welche sie für den Täufling selbst rechtfertigen wollen. Die ersteren bauen sich auf der Theorie des getauften Juden Stahl auf, welcher uns den Begriff des christlichen Staates und christ­licher Kultur und Gesittung gebracht hat. Damit bestreitet man mir mein Recht auf mein deutsches Vaterland' Aber gibt es denn einen christlichen Staat? Hat nicht das Gesetz vom 3. Juli 1869 den Unterschied der Konfessionen im Staatsleben aufgehoben? Und welcher Konfession soll der sogenannte christliche Staat angehören, ist er katholisch oder- evangelisch? Noch weniger kann man von einer christlichen Kultur reden; denn die Hauptmittel der Fortschritte der Kultur gegen frühere Jahrhunderte sind die Errungenschaften der Technik und Naturwissenschaften, und diese kann man doch nicht als christlich bezeichnen. Die Grundlage der Ge­sittung aber ist die Menschenliebe. Diese beruht gerade auf