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Im deutschen Reich.
Dürfen sie nicht Schweden sein?
Von Valdemar L anglet*).
Wir Schweden sind stolz auf unser rein germanisches Blut. Aber wie viele sind nicht unter uns, die in den Reihen ihrer Vorfahren auch ausländische Frauen und Männer haben! Würden die deshalb ihre Rationalität aufgeben wollen? Wagt man, zu bestreiten, daß wir ganz und gar Schweden sind, weil wir einen deutschen, französischen, ungarischen oder sonst fremden Namen tragen! Das würde niemanden einfallen. Es ist nicht der Name allein, nicht das Blut, das die Rationalität oder, richtiger gesagt, die Mitgliedschaft zu einer Ration bezeichnet. „Die Aeber- einstimmung in Gedanken, Gefühlen, im Streben der Individuen ist die Seele der Ration", wie Rolf Nordenstreng) selbst ein in fremde Erde verpflanztes Mitglied des schwedischen Stammes, so treffend sagt. And er sügt hinzu, daß Staatsksnstitution, Geschichte und Kultur die drei starken Ketten sind, die eine Nation Zusammenhalten; in erster Linie setzt er die Kultur. Man könnte eines noch hinzusetzen.- das Heimatsgefühl. Der Erdenfleck, wo man auf- wuchs, wo man die Spiele der Kindheit gespielt, wo man das Glück und Leid erlebte, das den stärksten Eindruck gemacht und deshalb immer die Erinnerung daran fortlebt — für dieses Erdenfleckchen wird man eine Liebe bewahren, vielleicht die stärkste und mächtigste, deren ein Wenschenherz fähig ist.
Selbst der, der von innerer Unruhe oder äußeren Schicksalen dazu getrieben wird, sein Land zu verleugnen, wird seine Heimat nicht vergessen. Und wenn er kann, wird er einst wieder in ihre mütterliche Umarmung zurückkehren. Rur einen einzigen Namen will ich neunen — Strindberg. Der sagt mehr als Worte.
Will man da dem Juden die Zusammengehörigkeit mit der Staatskonstitution, der Geschichte Und Kultur des Landes verwehren, mit der Heimat, wo er geboren und erzogen, zu der er durch Tradition, Geschlecht und alle anderen Bande gehört? Das wäre undenkbar.
*) Dieser Artikel erschien im vorigen Sommer im „Svenska Dugbladet" Stockholm von dem geschätzten, auch in deutschen Pressekreisen hoch angesehenen Publizisten Langtet verfaßt und richtete sich, wie daraus hervorgeht, gegen eine in antisemitischer Absicht gemachte Veröffentlichung eines Artikels eines Mitgliedes des Handelsvereins. Zur Ehre der Schweden muß gesagt werden, daß diese Veröffentlichung, die augenscheinlich plante, eine „Iudenfrage" im feindlichen Sinne heraufzubeschwören, von allen angesehenen Blättern mit aller Schärfe zurückgewiesen wurde.
Ist die Angelegenheit auch längst erledigt, so kann es doch vielleicht von Interesse sein, von obigem Bericht Kenntnis zu. nehmen, um so mehr, als vieles auf unsere deutschen Verhältnisse paßt.