Korrespondenzen.
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— ReichsgerichLsentscherönng über Aeligiomsbeschinrxfungen. Das Reichsgericht hat-kürzlich zu § 166 des StGB.- der die Gotteslästerung sowie die Beschimpfung der anerkannten Religionsgesell- schaften oder ihrer Einrichtungen oder Gebräuche unter Strlafe stellt, eine bemerkenswerte Entscheidung gefällt. Das Reichsgericht hält in' diesem Arteil an der ständigen Rechtsprechung fest, wonach es für die „Beschimpfung" im Sinne des § 166 nicht notwendig ist, daß auch die Form, in der die Behauptung aufgestellt ist, eine besonders rohe sei, daß eine Beschimpfung vielmehr^ auch dann vorliege, wenn die behauptete Tatsache an sich schimpflicher Art ist, mag auch die Form des Gebrauchs sogenannter Schimpfworte entbehren.
Die Revisionsrüge des Verurteilten, daß die von ihm gegen das Judentum erhobenen Vorwürfe wahr seien, weil auch das heutige Judentum noch die Lehren des Talmud und Schulchan Aruch als bindend anerkenne, in diesen Büchern aber solche Grundsätze wirklich gelehrt würden, weist das Reichsgericht mit folgender rechtsgrundsätzlicher Ausführung zurück:
„Die Strafkammer lasse es zwar dahingestellt, ob im Talmud oder Schulchan Aruch, Bestimmungen enthalten seien, nach denen Verbrechen Andersgläubigen gegenüber für zulässig erklärt oder sogar anbefohlen werden. Wenn aber weiter ausgeführt werde, daß, wenn dies zuträfe, dieser Amstand den Angeklagten nicht berechtige, in dieser Allgemeinheit und Schroffheit Behauptungen aufzustellen, durch die das heutige Judentum als Auswurf der menschlichen Gesellschaft hingestellt werde, und daß der Angeklagte als verständiger Mensch sich gesagt habe, daß seine Behauptungen bei den Vekennern des jüdischen Glaubens Kränkung und schweres Aergernis erregen würden, so erhelle -daraus mit ausreichender Deutlichkeit, daß nach der Aeberzeugung des Gerichts die heutige jüdische Religionsgesellschaft derartige Lehren, selbst wenn sie sich im Talmud oder Schulchan Aruch finden sollten, nicht mehr als bindend anerkenne, sondern vielmehr ein solchen Lehren entsprechendes Handeln, als schimpflich ansehe und empfinde. Ein Rechtsirrtum trete in diesen Feststellungen nicht zutag e."
— Ciuöenau uttö Ludwig. Ämter diesem Titel hat die „Thür. Landes-Zeitung" einen Leitartikel verbrochen, der ebenso durch das heiße Bemühen, aus den Liebknechtschen Enthüllungen über den Titel- und Ordenshandel Kapital für den Rassenantisemitismus zu schlagen, interessant ist, wie durch den rohen Ton des niedrigen Kulturniveaus, der mit der voranstehenden Losung: „Für Fürst und Vaterland! Für deutsche Art!" im grellsten Widerspruch steht. Wer diesen Artikel der „Thüringer Landeszeitung" liest, findet darin u. a. folgende Blüten der a n t i s e m i t i s ch - d e m a g o g i s ch e n Kampfesweise in Reinkultur: „Herr Dr. Karl Liebknecht, seines Zeichens Rechtsanwalt, Reichstags- und Landtags- abgeordneter, seiner Rasse nach Hebräer, beschäftigt sich im Hauptamt mit Enthüllungen." „Was er auf diesem Gebiete geleistet hat, glich stets einem mit möglichst 'viel Radau und üblem Gestank verpufften blinden Feuerwerk." „Mit dem ganzen Heer der Linken ist er jederzeit eingetreten für die Zulassung vom Offizieren aus seiner Rasse. Run, Herr v. Lindenau war ein Rassengenosse Dr. Liebknechts." „Wenn die Offiziere, insbesondere die obersten Führer, aus jüdischem Blute sind, dann ist die ganze Freisinns- und Sozialistenpresse sofort nrilikä,rfrio mm. Sie weiß warum." „Es ist klar, daß, v. Lindenau als Kriegsminister lediglich ein Werkzeug in der