MnoeUs.

eine Erinnerung zur 600jährigen Dante-Feier.

Von

Or. L. FnrK.

MzKjie Jubelfeier Dante's ist ge-

^A^naht. Florenz hat das Erz- standbild des großen Dich- ters, den es einst verbannt, aufgerichtet als Sühne für den Todten und als edles Vorbild für die bewundernde Nachwelt. Alle Nationen beeilen sich, ihre Theilnahme für diese sechste Säcularseier zu bekun­den; in Wort und Schrift, in Bild und Lied lebt er wieder auf, der ernste, keusche Sänger derI)ivinn00MM6ckin", und mit seinem Andenken erwachen alle die großen Erinnerungeil an seine Zeitgenossen und Freunde. Neben dem Bilde des Florentiners tauchen sie aus, ein Giotto, Dderisi der Miniaturmaler, Casella der Musiker und Guido Caval- canti der Dichter, welchen mandas andere Auge von Florenz" nannte. Auch seines Namensvetters Dante da Majano und der Poeten Bonagionta da Lucca und Dino Frescobaldi wird wieder erwähnt. Seinen rechtsgelebr- ten Freund Eino aus Pistoja und seinen Leidensgenossen Bosone de Rafadeli aus Gublio, mit dem ibn das gleiche Schicksal der Verbannung zuerst in Arezzo zusammensührte, kann man nicht nennen, ohne zugleich eineil dritten Zeitgenossen, Freund und Be­wunderer mit anzusühren, nämlick den Juden Manoello. Eine kurze Be­trachtung dieses Mannes und seiner Beziehung zu Dante sei unsere Fest­gabe, die in dem reichen Kranze nur ein bescheidenes Plätzchen beansprucht.

Ein Jude, befreundet mit dem Tich- terkönige Italiens, und dies am An­fänge des 14. Jahrhunderts, zu eitler Zeit, wo eben erst die Strahleil einer neuen Culturepoche das Dunkel zu durchbrecheil begonnen, das Fana­tismus über die Geister gebreitet hatte, und wo das Ritterthum erst allmählich

Hilberg's JllustrUte Monatshefte, l, Mai 1865.

durch eine freie Entwickelung von Bür­gersinn, Kunst und Wissenschaft geläutert wurde: dieser nähere Verkehr zweier gesellschaftlich getrennter Elemente ver­dieilt nähere Beleuchtung. Nicht daß solch ein Verkehr zu den Seltenheiten gehört hätte! Das Mittelalter zeigt uns neben den schroffsten, blutigsten Beispieleil voll Unduldsamkeit und Ver­folgung der Juden oft genug die That- sache, daß der Jude am Hose und im Palaste gern gesehen, daß er Arzt, Vertrauter, Rathgeber des Regenten war, daß er seiner Talente und For­schungen wegen gehegt und geschützt wurde. Es lag in dieser erceptionellen Stellung hervorragender jüdischer Gei­ster die Anerkennung, daß das natio­nale Vorurtheil schwindet, sobald die Juden es versteheil, in den Bildungs- und Entwicklungsgang der Nation ein­zugehen, der sie durch Geburt und Leben angehören. In Sprache und Sitte, in Wort und Schrift aus der eonservativen Abgeschlossenheit heraus­tretend, nahmen einzelne Juden so lebhaften Antbeil an der allgemeinen Cultur, daß es uns jetzt schwer wird, dieselben als Juden wiederzuerkennen und sie, als zum Judenthum gehörig, mit Stolz als die Unfern zu beanspru­chen. Ja, noch mehr! Jahrhunderte­lang wurden diese Geister so bestimmt als christliche angesehen, daß manche sie noch jetzt den Juden streitig machen, indem sie dies völlige Ausgehen des jüdischen Wesens nickt einmal für mög­lich halten. Daß Aerzte, Philosophen, Mathematiker sich mit rein objectiven Werkeil an der allgemeinen Bildung betheiligten, ist zu bekannt. Daß auck Dichter aus dem Judenthume entstan­den, welche, im Volksbewußtsein wur­zelnd, mit christlichen Dichtern und Dicktersreunden in Verkehr traten und Geist und Form der Nationalsprache in sich aufnahmen, ist, wenngleich be-

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