Abhandlungen.

I. Die Versammlung von Rabbinern in Cassel.

29ider mein Erwarten 1 j fand noch in diesem Jahre, und zwar in den Tagen vom 11. bis 13. August eine Versammlung von 24 Rabbinern in Cassel Statt; allein deren Charakter und Ergebniß widersprach nicht meinen Erwartungen. Herr Dr. Philipp- fort, der die Angelegenheit in die Hand genommen, lenkte selbst bald ein von der eng umschriebenen Form, in die er sie zu bringen versucht hatte, vermöge der Bedingungen und Anforderungen, welche ihm von den die Theilnahme Zusagenden zukamen, die Ver- sammlung aber schritt einerseits bald über die Gränze hinaus, die ihr zugedacht war, nahm andererseits blos die Befugniß in Anspruch, eine größere Versammlung vorzubereiten. Daß sie so in richtiger Erkenntniß verfahren, trotzdem die vorangegangene Zeit stillen Be- denkens und öffentlicher Besprechung viel zu kurz war, um die Lage zur Klarheit zu bringen, ist ein Zeichen von dem gesunden Takte, den sie in diesem Punkte wie überhaupt bewährt hat.

Ich unterschätze sicherlich nicht die praktischen Resultate früherer Versammlungen; man hat in vielen Fällen an den verschiedensten Orten ihre Aussprüche als maßgebende Anleitung ausgenommen und sie ins Leben eingeführt. Aber noch mehr war im höheren Sinne ihre Wirkung eine überaus heilsame durch die Bewegung, welche sie in die Geister brachten, durch die erhöhte Stimmung, in welche die Mitglieder versetzt wurden, durch die Anregung, welche dem Antheil nehmenden größeren Publicum gegeben wurde. Nicht blos in denjenigen, welche den Verhandlungen beiwohnten wenn auch in ihnen vorzugsweise, sondern auch in Allen, welche mit Begierde die Berichte lasen und vernahmen, wurden Fragen und

1) Vgl. oben S. 171.

VierleUahresschrift. VI. 4.

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