iNr. 50
Nationalzeitung
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großen, stolzen Geistern«, sondern« als 'der Vor- län'fcr einer neuen« Art von Judentlim, jener orstrebten« und erstrebenswertcin harmonischen Synthese des« Mo«dern«en itsnib- des Alten, Jene# Altneujndentmns, das spateren Generationen in Zlltinniland erblühen soll.
Wien. Joscff Carniol.
Dir Vorgänge in Rußland.
Eine abgelehnte Spende.
Bialystok, 9. Jnli. Das hiesige Hilss- kmnitee zur Unterstützung der durch die jüngsten Metzeleien! Verunglückten beschloß, die von der W i l n, a c r Stadtduma gespendeten 1000 Rubel z iti r ü ck z n weis e« n«, weil die städtische Duma« aus demselben Anlasse das Andenken an die Opfer «des- Pogroms durch be- leidigende Worte verletzt hat.
„Nowoje Wremja" — offizielles Regierungsblatt.
Petersburg. Das- judensresserische Blatt voir Suworiirs Vater „Nowoje Wremja" wurde in „Anibetra'cht der großen Verdienste", welche sie sich in letzter Zeit .erworben hat, vom Minister des Innern damit arisgezeichnet, daß die wichtigeren Verordnungen! inrb offiziellen Mitteilungen von nun« ab in der „Nowoje Wremja" gleichzeitig mit «dein „Regierungs- an zeiger" ab gedruckt werden sollen. .Die jüngste osfizielle Mitteilung über die Vorgänge in Bialystok wurden- bereits« an -einem« und demselben Tage in beiden Blättern! veröffentlicht.
Furcht vor neuen Pogromen.
Petersburg. Wie das „Loben" zn berichten weiß, erhielt der Wilnaer Deputierte Dr. S. L i" w i n am 6. d. M. ans Wilna folgendes Telegramm: „Die „Schwarze Baude" treibt hier eine starke Agitation. Gestern wurde ein GefängU'iswächter verhaftet, der^ einen, Pwvo- kationsschuß abfenerte, sich niederwarf und schrie: „Die Juden schießen!" Proklanratioueu werden verbreitet, in welcher das Volk anfge- fordert Wird, die Jrüden zu erschlagen,. Wir bitten um Intervention«!"
Dasselbe Blatt incldet ferner: Der Mohi- lewer Depnti«erte Nomentowsky erhielt aiis Mohilcw folgende Depesche: „Tie Kdsaken aus Hömel wurden, hierher transferiert. Aufrufe, die Juden zu erschlagen, werden öffentliche verbreitet. Man- macht Vorbereitungen für einen Pogrom. In den« nächsten« Tagen« soll
schivoriien und der Angeklagte, der von de>m Wiener an'tisewitischen Politiker Dr. Pattat verteidigt «wirvde, !wctrd«e, wie dies voransznsehen wür, proniipt froigesp rochen. Kinrze Zeit nachher hatte ich Ge!le«ge-nheit, mit denn Staatsanwalt -iiber a>iic Sache zu sprechen. Er tat sich „«atiirlich viel an-f Peine Bvraü'ssicht ungute, mit ivelcher er die B'ersolgn.nig des dlugeiklagten verweigerte, da er in Kenntills des Charakters und der Stinmiüüig des Volkes einen Schüldlsprnch fair nnsgeschtossen hielt. Der Staats«an!wM, ein rechtsinuiger Mann, da«be'i ein ergebeiier K'athvliik, sagte iw Berlialnfe des Geispräches All mir: „Obgleich ich diese ivilde Hetze oerurteile, und obgleich ich weife, «daß manche der Behaupt«! tätigen nichts als böswj'llige' Aiis- streiiNnG'n sind, so kann die Berechtigniig manchen Bovw«nrses doch nicht ohne wei«teres gelbngnet werden. Hier «haben Sie z. B. die Tatsache, «d«afe Montesiore in jener berühmten Prager Ber- jalinnUnng den J«uden den Rat erteilte, von der Presse Besitz zn« ergreifett. !Das «mair sicherlich ein« iioo>hl>be«da>ch.tor und a«nch ersol'greicher «Platt."
„Wohlan denn, Herr Sta«atSa«n!tvalt," erwiderte ich, „«Die sind ein Beainter nrittleren 9i«an- «es lind «es gibt noch fünf bis sechs Stnse-n a!nf der Äiangsleiter Ihres Ressorts, die voll Jihrein Posten znr höchsten St'N'se fiihren, rrnd demroch gibt eS meines Wissens keinen einzigen Jtndeü, der in Oesterreii'ch eine «solche Stellnttg eimimimt, nnd ich din vvllkoninieui überzeugt, «dafe B -a r v n N üt«h!s ch i ld mit all seinem, «schrecklichen Eitt«sl-ufe seinein Sohne nicht die «Stelle vierschasfen könnte, 'welche Sie intieha'beii. Mo ist also der jii>di«sche Ginislnfe, >wenn er nicht in der Staats«verwalln«ng z«n«ln> Ainsdrnck zn geilangen vevmag?"
(Schlllß folgt.)
hier eine P r o z e s s i o >n, stattfinden«. Interveniert beim, Minister des Jmn'm !" Beide Deputierte übergaben die erhaltenen Meldungen dem Minister des Jnn«crn.
Poteftkundgebung der Bialystoker christlichen Arbeiter.
Bialystok. Die Gruppe der christlichen! Arbeiter von. Bialystok versendet folgende Reso- lution: „Wir christlichen Arbeiter verschiedener Bialystoker Fabriken protestieren gegen ^ die von Negierrmgsagentcn a«lls«gestreuten Gerüchte, daß der Pogrom ein Racheakt der Ehristen gegen die Jtlden gewesen« sei. Wir Arbeiter wissen sehr gut, daß der Pogrom^ vielmichr eine Arbeit der Regievnngsagenten war und daß die Metzeleien von« Bialystok ein fürsorglich vorbereitetes« Verbrechien der Regiernngsorgaue bildet, dessen Zweck es war, die Energie -b'Cö Volkes in seinem Kampfe um Recht und Freiheit zu brechen. Wir Arbeiter« wollen aber, ohne Rücksicht auf die Sicherheit^ unseres Lebens, mit desto größerer Energie gegen allerlei „Schwarze Hundert" kämpfen. An den Schandpflock mit den Namen aller derjenigen, die unschuldig Blut vergossen, gemordet und geplündert und dadurch das Volk mit Schande bedeckt haben!"
Dr. Straucher über die Judenmkssakers.
(Schluß.)
M^iine H«erfrenl Wir schenken^ ihnen bisse BanikM-Ml, öle von der RsB-iernng beeinfbufet und ve«ran«l>aHt werden, bei der Ilnsna«h>me derartiger Schau danlehen ltt!it>z«u!wir>ken« und die ihr ei«g>enss Volk in Mißkredit brncigen.
Das Ne«g«i!me W>ittes in Niuhlaud. war gleich jenem des berechtigte n Plehwe ein sch«änd«ti«ches. Er, der die 9Rassenanspeit«sch«tt>Ulg,olc iut Tlwer, Kieiw at.it 5 «Simntiaim durch>sü!hreu liefe, der- durch seine Atafenahttieu die r«u!ssi«scheat> Gefäac«gN!isse, Ilrreste und Kerker hat füllen lassen, er, der das Blutbiad tu Moskaiu hat aurichteal lassen, er w>a«r der V«er- traiteusiuau'n des Zaren: er hat a«be«r ver«dienter- ni,atzen nach der Ilnfnahüne des Anleheus den Fn fetritt bekomwen.
«Die oon mir vorge«brachterr Schi«lder-at!N>g«e>n über die J<uldenexze«sse und Mpssenadichlacht.mrMn ider Inden in RuHlmtv hctibeu a«uch ln- RuHlwvd... lDele«g!ierter Stein: Daru«w bekommen' wi«r das allgemeine Wah'lrecht, damit man nicht in Nrtfe- land die Juden nwibriaigt!) ....Der grlößte StaatSrnianlil des Zal-rh!un«d!erts 'in Mitteleniropa, «Fürst Bisrnarck, war es, der in Deutischland das allgemeine Wa«hlrecht eil,«aef!ührt hat: bas all«g>e- m«e.«ine Wahlrecht ist eine gerechte Fobderrrug un«d ein E'rziehnn«as.lu«itte>l für alle breitecr V«o«l>ks«ma«ssen, Uliid ich rvürde nrtr wlin«schen, datz der Wahl- reforinaalsschrrfe ebenlsv raisch arbeiten wlirde, wie der B!n«dg'eta!ns«schuß der Telegat«i!o«n. l.Heitevkeit.)' Nun, ich b«itte weilte. Herren: Diese Exzesse in htnfetand hatten acich zur Folge, dafe viele öster- veich«ilsche Ka«ufleute und Zii«dnistrielle, weiche uam- h>afte Eta!blisseanents in 9tufelaiid, >spe!z!iell auch 'in Kiew und Odessa haben, und welche «einen nus- geb«r«e«iteleat Hiartdel trel«ben —^ lind da haiiöelt es 'sich zioiiächst mn Jaiteresseirten a«uS der Brikvabina — dafe alle diese Interessen durch di>e dortigen Ere'ignllsse anfee'ror'«dealtl'ich gc'«schädi«gt w«ord«e.n finit».
Wir haben dies auch irn vorigen. Jahre, und zwar am 16. Ilvvoniber, im Btitowiiiaer Landtage z>nnl> Anlasse genviiumeu, im Wege einer J ttterPellation die l. k. 9iegier«rtn!g aatzugehen, damit sie im Woge des anÄioärtigetl Bllinisterilmns «dl«e erforderlichen Schritte zuin Schutze der Jndn-- stviellen, Uliiiserer österreichischen Staatsnnig'chöri- ü-eir, oeraiiiiasse. Niiiu, ,vas geschehen ist, ist uns bis heute liicht bekannt geworden.
Wir habetl erst kürzlich im österreichischen- Abaeoirdii«eioii!ha>nse eine Interpellation an die Re- gieriin-g eingelivacht mai't» gefragt: Was ist es mit die'sen österrei'ch'i>s«ch-nng«ar>'sctie!tl Staatsa«'gehört gen? Ist ihnen von seiten der rn/ssischen Staats- «reg'ie'vnn'g der oft «kolossale Schaden, der ihnen durch die Exzesse verursacht «rvorden ist, namentlich in'den Höfen ttn«d in anderen Etablissements, vergütet worden?
Wir haben bis «honte keirte Antivvrt, wohl aber enthält der Bericht des Herrn Referenten
des B>ndgeta«us«schusses «ein ungeheures Lob a«ns die tapfere ru«ffifche Armee.
i'Enen ganzen Teil seines Verichtes lvidmlet er der Krie«gislihr«u.ng zwischen Japan und RuH- land, obschon meines Wissens m dc«m Expose Seine«r Exzellenz des Herrn Miirlsters des Aeufeern sowie a'uch in seinen mündlichen Ans- sühruclgen int österreichischen« und uaigarischen Bindget- U!Nd Heeresa'uSschnsse gar nichts mitge- ticift wurde, was sich ans die Kriegführung z«wi- «sche'n Japan und Nußland bezieht. Ich weife n«icht, welcher höheren Eingebu«ng es z«n verdanlen ist, «dafe Rttfelands .Kriegführung in Japan in dem Berichte des österre'ichischen. B«nögetan.ssch«usses v«er- leimigt i«st. Es wird wohl Japan auch! Lob gespendet, aber dem in Ostasien so« gründlich besieg- tear Rufeland wird eine süfee Pille hingereicht, und es h«e'ifet: «T-ie rii'ssische Arntee hat den N«uf ihrer biAherigen Tapferkeit bemüh rt nnd der Friede war für N«nfelaald ein ehrenivoller! Nun, ich glaube wohl nicht, dafe, wenn die Japaner oder die Nüssen Kriegs«ge!schichte schreiben werden, sie ö«ie!sen Bericht des ö«steWeichi!schew B'udgetaüs- schnsses als einen Beleg! veriWerten «werden zunr Nach,weise der her«vorr«agen«de'n Kriegstüchtiglke'rt der Japaner, bez«ieh!nngs!wei!se der' russischen Armee. A«nch gla«ube ich wohl ni«cht, daß im Au«s- schusse für a«ns!würt«ige A«nge«l>ege'ttheiten. der öfter- r«eich'i!schen T!e«legat'io.n gerade der glückliche Iln- lafe gewesen ist, d«urch das Lob, welch«es dieser russischen KriegDhrnng gespendet word!en- «ist, dem fluchwürdigen Zarismlus noch Weihraiuch« zu streuen, einem Kr«iege, meine H«erren, welcher von den besten Patri«oten NiufelaNds verpönt und verflucht wu«rde. Ich glaube vielleicht behaupten zu können, dafe gerade infolge «der Niederlage das r!uissi«sche Volk g«e«nesen bann ....
Präsident (nitterbrechend): Ich, möchte mir doch erlauben, den Herrn Delegierten zu ersuchen, zur Sache zn sprechen.
Djeilegierter Dir. Straucher: Ich elle schon znm Schlüsse. Ich bitte Dnrchlaiucht ....
Präsident: Ich Habe mir erlaubt, den Herrn Delegiertein zu ersuchen, z«ur Sache zu sprechen.
Delegierter Dr. Lecher: Aber gerade jetzt spr'icht er ja zn«m Be>r«ichte!
Delegierter Dr. Straucher: Ich habe zum Berichte gesprochen, .Durchlaucht! Ich habe den Bericht des Herrn Margnis einer rnisansten Kritik Ulnter«z!ogen, aber. . . . (Zwlischenr«ulfe des Delegierten Ste«in.)
Präsident: Ich bitte, den Herrn Redner nicht zn unterbreche«»' «und ersuche ihn, fortzusahren.
Delegierter Dr.. Straucher: «Auch, a«u,f die illoyale Handh'ab'un'g des russisch-österreichiiischen Händ!elspe«rtra'ges durch d«ie r«u.'ssi«schen Grenz- organe, wor>üb«e>r ich im Abgeord-uetenhanse interpelliert Habe, Will ich uat'ser Ilnswärtiges Amt auif- merlksa'm machen. Ich eile nun, uw die Geduld der geehrten Herren Kollegen nicht allzuhart uns die Probe z«n «stellen, z«nw. Schlüsse. !Fch möchte wir nur noch erlauben, die Aufinerlsani«keit Seiner Exzellenz, des! Herrn; MinPers des Ileufeern, aatf die in den jüngjsten Tagen in B«ialyst«0k in Rnfe'laaid vorgesallenen, e«nt«setzlichen! Jcidcili- inass'ä«le«rs hinz«nlen!ken'. Er wög.c nicht so rnhig «nnd kiailtblütig dasitzear nnd alle die Erei«gnlsse über sich ergehen lassen, denn er ist durch das Geschick «üernsen, die a'ns'lvärtigen Gdschnste eines Staates zu lenken, und da hat er die erhöhte Pflicht — vor seii>«e!m Gervissen, vor Gott und vor allen Kült«urvöl«tertt! — beider kaiserlich russischert 9!e- üierüuig seine Stimme zu er'heben, dafe es denn nicht ang'cllie, int 20. Ja>hrhrtn«de«rt in dieser barbarischen, bestialischen und ents,etzl«ich«en- Art Aieci- scheü'lebe'n hin«schlüchteii, rauben nu«d plündern zu laissen. Ich veriveisb auf die Stellnngnahine der rn!ssischen 9iei«chsdtt!lna in den letzten Sihuugen. Da sagt ein AbgeovdUeter, Professor Kowaleivs'ki, oi.il- beita'N'nter hervorragender «Soziologe (liest):
„Nicht das menschliche Gefühl allein drängte iiiich, in diesein An'genbllck die Tribüne zn betreten und S-ie zu versichern, wie «sehr die Stach- richten a«ns Bialpstok nüch mit Entrüst'nna er- süll«e«rr, mich und Sie alle. Ein viel bedeiltsa«ttlerer Grund ist es, der rn'ich dazu zwingt: es ist die Sorge lim die Ehre und Würde niiseres Bater- lan'des! Wen es unser Wiunsch ist, als ein Volk dazn>ste!hen, das allgemerrw Achtung ll'nd allgemeine Syinp>ath«i>e geniefet, so ist es müseve «Pflicht, zn eMnren, dafe alle rnssischeu Bürger unsere Brü'der sin'd, dafe mir alle das Pr«inz«ip h-ochhglten: Alle für einen, einer für alle." Und znleyt sagte , er: „Lassen «Sie uns einstimw'ig die Gleichheit sämtlicher Bürger betonerl!"