* 1«! ''"BH. "

Redaktion und Administration: '' Wie» Ik.TaboratraSe I Fernsprecher Nr: 44038 o. 43319

Mit der Beilage: w Der jüdische Nattonatfonds*

Mfaa, FnHasi daa 22. Angast 1919

- - jr ___ __ _

B^zegepreis: Vierteljährig 6 R §anzj. 24 R, Einzelnummer SO & Postepaikaiaenkanto 133.404

F paiien wahlredht

Die Mitglieder- der Zionistische» Palästraa- Komn?is§ion sind; ppter Führung von Louis D. Branßjtis n^ch. Europa* zurückgeljehrt und; wer­den in London Beratungen mit dem Aktions­komitee abhalten. Wie telegraphisch- gemeldet wird, isft auch, Dr. Jakob Thon, (fer seit der Lan­desverweisung Dr. Ruppins das.Palästinaamfc und. die iüdische Verwaltung Palästinas leitete, in London eingetroffen, kt- den nächsten *Eagen. dürf­ten. pi^ier.ordenflich wichtige Beratungen in. Lon­don, abgehalten werden, und .vielleicht auch, wichr tlge Entscheidungen. fallen, Vor kurzem is.t Br. Weizmenn mit den Führern des deutschen Zionis- mu$J .ijj; dfera Schweif sustuntneitgstroffet?, apch. Dr. j^Qljsqhn hat .^piL London; ajts dje zionistj-

schfiH,!Btorea«x in Kopenhagen und Berlin be- sucb^ uHd mit den dortigen Führern Fühlung ge- nomr^eiij 5?er Kontakt; zwischen allen Teilen'nn- seier^ Qrg^nisa.tiqn besännt, xvied^r. herspstejlt, zu, werden.: Die. Leitung; batte .bekanntgegeben, daß Ende. August eine Sitzung des großen, Aktions­komitees stattfinden soll, an der alle Mitglieder dest A^tiönskomitees, also .auch, die aus* Mättflj-' und. Osteuropa teilnehmen können. Nunmehr ist- der 20; August vorbei und es ist noch keinerlei offizreifetterläutbarimg erfolgt. Das beißt also, daß .die Sitzung des große» Aktionskomitees wieder, night statinnden wird,, denn es ist klar,, daß - bei den heutigen v erkehrsverhältnissen die Einberufung mindestens zwei Wochen vorher er- iolgen 'rhußl Nach den'Beschlüssen der Londoner Konferenz hätte aber Ende August, schon der zwölfte Kongreß, eröffnet; werden sollen. Davon ist jetz^'fölne r; Rede; Snd^es v Sst :; niu' 1 terwuhdeflicfi?- daß ein solcher Beschluß gefaßt werden konnte, wenn, seine Ausführung so absurd war, wie es jetzt den Anschein hat. Die.Leitung hätte wissen müssen, daß der Kongreß - in dieser kurzen Zeit nicht wird stattiinden können,, und hätte einen sol­chen Beschluß im Interesse' des Ernstes, mit dem die Beschlüsse einer zionistischen Tagung vom jüdischen Volk aufgenontmen werden sollen} nicht zulassen sollen, ' -; -

ln London tagt jetzt die Kommission, die der Friedenskonferenz.Vorsciiläge 1 über die Zuteilung der, Mandate über " die okkupierten Territorien unterbreiten soll. Diese Kommission wird auch über das Schicksal Palästinas zu entscheiden haben. In Palästina selbst : wird inzwischen, wie aus den Berichten s 'des Kopenhagener Zionistischen Bureaus hervorgeht, ein heftiger Kampf um die Mandatsfrage geführt. Der englisch-französische, Gegensatz besteht noch immer in seiner ganzen Schärfe und Agitation. Irrankreichs für ein un­teilbares, Palästina umfassendes Syrien wird fortgesetzt. Die amerikanische Mission, welche Syrien bereist hat, um .sich über die Stimmung der, Bevölkerung zu orientieren, hat reiche Ein­drücke gesammelt und da§_ Echo der. Aeußerungen . der- verschiedenen Gruppen erscheint in der eng­lischen und-frarizösischen Presse. Es sind also auf­geregte. Tage, die letzt in London durchlebt wer­den Aber- gerade indieser Zeit hätte man ni.cht unterlassen sollen, die Korporation zusammen­zuberufen, welche statutenmäßig als Repräsen-- tantia des zionistischen Gesamtwillens zu fungieren hat. Es handelt sich-für uns darum, für alle möglichen Fälle gerüstet zu sein. Vor allem a.ber darf nicht übersehen werden, daß, ganz un­geachtet aller politischen Fragen, der zionisti­schen. Organisation heute die Verantwortung' für die Gestaltung des jüdischen Lebens in Palästina zufällt.-' - i

Wir können heute noch nicht sehen, wie die zukünftige : Bevölkerung Palästinas ausschauen wird. Klar ist, daß es vor allem arbeitende -Men­schen sind, derer, das Land' bedarf, selbsttätige Bauern,-Arbeiter der Landwirtschaft und der zur Erschließung des Landes notwendign Ünter-, mehmungen. Aber den Grundstock:werden bei der mutmaßlichen Langsamkeit der Einwanderung die

gegenwärtigen. Bewohner des Landes bilden, vor allem der sogenannte neue' Jischuw, die aktive nationaibewußte Bevölkerungsschicht. Das pala-' stinensiscbe Judentum hat auch gleich nach der Befreiung durch die engtischen Truppen sich zu organisieren begonnen und die Einberufung einer demokratisch gewählten jüdischen Konstituante be­schlossen Die Einberufung dieser Konstituante, bzw. die Ausschreibung der Wählen stieß aber auf die größten Schwierigkeiten. Das provisorische Exekutionskomitee hat ein demokratisches Wahl­recht ausgearbeitet, und selbstverständlich . auch den. Frauen das Wahlrecht eingeräumt. Diese Be­stimmung- stieß- an£ den heiligsten Widerstand der orthodoxe» Gruppen Es wurde eine systematische Agitation, gegen, die Gründungsversammlung ein? geleitet und schließlich verweigerte dieOrtho­doxie, überhaupt die Beteiligung. Es mußte daher eine Plenarsitzung des. provisorischen Waad ein- beruien werden, in welcher die Diskussion über den strittigen Punkt mit großer Leidenschaft ge­führt wurde. Eine Entscheidung ist bis jetzt nicht gefallen, doch ist die Gründungsversaimnlung auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben Der Streit um das Frauenwahlrecht ist jedoch symptomatisch und zeigt, welche verderblichen Tendenzen jetzt .schon in Palästina am Werk sind. Der Kultur­kampf, kündigt sich schon jetzt an, er wird mit rücksichtsloser Leidenschaft geführt und droht die Einheit des jüdischen Gemeinwesens zu sprengen. Die palästinensische Reaktion, geführt von einigen orthodoxen Rabbinern, erhebt ihr Haupt und es droht die Gefahr, daß diese Elemente sich bald -einen Eisiluß über das gesamte öffentliche Leben anmaßen werden. Dabei muß in Betracht gezogen ~nverden,tdaß'diese j-eaktionär-eir-rAgltafooen-geradö 5 die unproduktivste Schicht des palästinensischen Judentums vertreten,. die Chalukkahjuden, welche dem Lande. mehr, .schaden als nützen. Es würde sich schwer rächen,' wenn man an diesen Er­scheinungen des .öffentlichen Lebens in Palästina achtlos Vorbeigehen wollte. Vielmehr muß die zionistische Leitung diesen Ereignissen die größte Aufmerksamkeit zuwenden und sich bewußt sein, daß sie für die Gestaltung ides Lebens in Palä­stina, die Verantwortung trägt. Die zionistische Organisation war^von allem Anbeginn aut den demokratischesten Grundlagen aufgebaut Niemals ist hier das Frauenwahlrecht in Frage gestanden. Der Misrachi, der sich jetzt; in Palästina der Re­aktion angeschlossfin bat, hat nie etwas;dagegen einzuwenden gehabt Und nun plötzlich, wenn es ernst wird, will man unser öffentliches. Leben nach. Grundsätzen regeln, die heute keine Geltung mehr ...haben können. Die Zionisten führen allenthalben

einen Kampf um die Demokratie in der jüdischen .Gemeinde und verlangen selbstverständlich auch "die uneingeschränkte Zulassung der Frauen. Und. nun soll diese Frage auf unserem eigensten Ge­biet .selbst wieder aufgeworfen werden. Die Miß- helligfceiien. zwischen den einzelnen Gruppen der

1 palästinensischen Judenheit sind überhaupt ein böses Zeichen für die Zukunft Es scheint, daß; bisher von zionistischem Geist noch wenig in Pa­lästina vorhanden. ist Wir dürfen uns das nicht verhehlen, um die ganze übermenschliche Schwierigkeit unserer Aufgabe erfassen zu kön­nen. Denn es wird alles darauf ankommen, daß dieser Geist in jenen Menschen lebendig ist die sich jetzt, zur Auswanderung anschicken. Sonst riskieren wir, daß alles Leid und alles Gezanke der Galuth in Palästina eine neue Heimstätte finden. Das Leben wird zeigen, ob wir für die

Selbstbestimmung reif sind. Weiß unsere Leitung um den Ernst dieser Fragen?

Das Aktionskomitee, das sich , jetzt m Lon­don versammelt sollte dieser ersten Notwendig­keit der jüdischen Wiedergeburt eingedenk sein. Die Zeit der Rundschreiben und der Versamm- lungsreden ist vorüber. Die Ereignisse in Palästina sollen eine Mahnung an .die zionistischen Führer sein, vor aller Beschäftigung mit der Politik das wirkliche Leben nicht zu vergessen.

Gesinnungsgenossen I

Der jetzige Zeitpunkt, ist für unsere Bewe­gung und daher für das Schicksal unseres Volke» entscheidend. Nur als starke Or ganisa tio.» mit entsprechend, ausgestatteten Bureaus und Aemten» können wir der Situation gerecht wen- > den. Wir müssen nicht nur die Agifcationa- und Propagandatätigkeit aufs höchste steigern und (He Verbindung mit den Bruder­organisationen der ganzen Welt und unserer zio­nistischen Zentralleitung auirechterhalten. sondern auch jm Sinne des Kopenhagener Manifeste» und des Beschlusses unseres letzten Parteitage» die innerpolitische Arbeit besorgen und die Er­oberung der Kultusgemeinden, und ihre Umwand­lung in Volksgemeinden vorbereiten. Dazu brau­chen wir Geldmittel, deren Höhe zu den Ein­gängen an regulärer Parteisteuer in keinem Ver­hältnisse stehen. Wir schreibe» daher eins außer ordentliche Parteisteuer für da» Jahr 1919 aus. die wir unter dem Titel, eines Mischmarbeitrages

bei allen Organisationen, einheben. Jeder muß nach seinem Vermögen geben. Unsere Idee ist im siegreichen Aufstieg begriffen, unsere politische Arbeit von Erfolg gekrönt Gesinnungsgenossen! ihr müßt euer Aeußerstes tun, um, uns die weitere Arbeit zu ermöglichen. Euch triiit die Verant­wortung, ebenso wie die Leitung!

Der M'schtu^heitrag ist an das Zionisti­sche Landeskomitee. .2. Bezirk. Zirkus- Sasse 33, abzuiühren. Die Eingänge an außer­ordentlicher Parteisteuer (Mischmarbeitrag) wer­den m derJüdischen Zeitung veröffentlicht Werden.

Zionistisches Landeskomitee iür Deutschösterreich Jakob W-e in e r, - fng: -Robert ß't r tc ker» -

Die Judenfrage auf der Luzerner Sozialistenkonferenz

Das jüdische Bureau in Stockholm meinet:

r

In der Luzerner Sozialistenkonierenz waren die Poale Zion vertreten durch Chasano- witsch und Kaplansky. DerBund hat diesmal keine Vertreter gehabt Die Polen waren vertreten durch Liebermann und Mora- czewskL

Während der politischen Debatte hielt Kap- lanski eine Rede über die Judenfrage hx Ost­europa. Er bezeichnete die Judenpolitik aller pol­nischer Parteien als Versuch zur. Vernichtung, des jüdischen Volkes. Er geisselte die zweideutige Politik der polnischen Sozialisten, die bisher sich nicht zur jüdischen nationalen Autonomie bekannt haben. Er begründete den Antrag der poale-zio- nistischen Fraktion auf Entsendung einer Unter­suchungskommission nach Polen und nach den von Polen besetzten Gebieten, die über die Ur­sachen der Judenpogrome Klarheit verschaffen soll. Der Antrag wurde von den Vertretern der ukrainischen und litauischen Sozialisten unter­stützt.

Der russische Sozialrevolutionär Russa- now erklärte, daß auch die gegenwärtige ukrainische Regierung an der Organi- * sierung der Pogropie Schuld bat.

Zum Schluß der Debatte nahm die Konferenz einstimmig folgende Resolution am die vo» Renaudel eingebracht wurde:

Die Konferenz protestiert gegen die Po­grome und Verfolgungen von Juden in Polen und in den von den Polen militärisch okku­pierten Teilen von Litauen und der Ukraina. Die Konferenz verlangt von dem neuen Polen, daß es seine Unabhängigkeit nicht durch Duldung dieser Verbrechen beschmutzen soIL Sie fordert von der Friedenskonferenz, daß sie den polni­schen , Staatsmännern eine Politik empfiehlt, welche die Wiederkehr dieser unmöglichen Brutalitäten ausschließt. Sie ladet die polnische» sozialistischen Parteien ein, energisch einzu­greifen. um die Verwirklichung des Verlangen» dieser Konferenz durchzusetzen.

Ferner nahm die Konferenz auch den Antrag bezüglich der Kommission zur Untersuchung der Pogrome an und beauftragte das Aktionskomitee auch jüdischen Vertretern Platz in dieser Kom­mission einzuräumen.