Jahrgang X1U. Nr.

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Vierte Landeskonferenz der polnischen Zionisten

Die' vierte Landeskonferenz der politischen Zionisten, welche vom IS. bis 22. dieses Monats in Warschau stattfand, gestaltete sich zu einer be­merkenswerten Auseinandersetzung zwischen zwei Generationen. Die gesamte Jugend trat beinahe geschlossen als Opposition gegen die aus den alten Zionisten zusammen­gesetzte Leitung auf. Die Haltung und Politik des Z. K. während der Zeit des Krieges sowie im pol­nischen Landtag wurde einer heftigen Kritik unter­zogen.. Scharfe Angriffe richteten sich insbesondere gegen den Abg. Dr. Thon, dem kompromiß­lerische Haltung vorgeworfen wird. Dr. Thön sagte in einerRede auf dem Parteitag, daß selbst wenn es wahr wäre, daß England uns nur zur Maskie­rung seiner imperialistischen Zwecke benützt, wir uns glücklich schätzen müßten, ein solches Werk­zeug der englischen Politik zu sein, worauf der Führer derZeire Zion Schwalbe entgegnete, daß er diese Auffassung für unvereinbar mit un­serer nationalen Ehre halte. In den Fragen der inneren: .Politik zeigte es sich, daß die organisierte Jugend vorwiegend sozialistisch gesinnt ist, wenn auch in der Betonung dieses Standpunktes gewisse Abstufungen zu .vermerken sini Derlink e Flügel derZeire Zion" ist so sehr beherrscht von sozialistischer Ideologie im marxistischen Sinn, daß vielleicht nur im Kultur- jfrögränim' noch dihe Differenz SÜt denPöale Zion besteht Dementsprechend'scheinen auch die Fäden, welche diese Gruppe' mit der offiziellen Partei verbinden, äußerst dünne, zu . sein. Dem gegenüber nimmt- derr ec h t e Flügel der Zeire Zion eine mehr vermittelnde Stellimg ein. Seine Sprecher gaben die Erklärung ab, daß sie sich der Monistischen Disziplin wollig unterwerfen uüd verlangen vor- allem eiiie radikalere und aktivere: Palästinaarbeit.

Eine besondere Episode war das Erscheinen des Botschafters Henry Morgenthau beim Parteitag. Mörgenthau hielt eine Ansprache, in der er wohlwollend, und höflich über den Zünüsmys sprach, sich aber prinzipiell nicht äußerte. Er selbst ist. kein Zionist, döch'scheiilt seine Bekannt­schaft/mit dem polnischen Judentum einen Starken Eindruck auf ihn gemacht zu haben. In der Wieder gäbe des Textes seiner Rede weichen die War­schauer; jüdischen Zeitungen erheblich von einan­der ab. DerHaj n t berichtet. Mongenthäu habe gesagt man müsse eme Plattform schaffen, auf der sich alle jüdi&Üem FarteSen einigen können, um das furchtbare- jüdische Eilend in Polen zu lindern. Da dürfe;man aber auch nicht eigen­sinnig s'ein und müsse etwas nacHassen. Die reichen; Jiiden in Amerika- und England seien be­reit; die größfen Opfer zTu bringen, um die tage der - Gstiuden: zu verbessern; man müsse einen Plah. schaffen* nicht- uni dis Juden*: wiel einstmals aus iMizräüm, herauszuführen, sondern um sie- an ihrem Ort. zu glücklichen Menschen zu macfien Von diesem Sätzen weiß das-zionistischeJüdisqbe VöllF; iuchts und es wäre auch.nicht; gerade allzu z^rjfühl.end, gewesen, wenn- Motgenthau gerade aut' einer zionistischen Konferenz : so gesprochen hätte. Doch zeigt sich immer, mehr, daß" er der Jüdenfräge ziemlich:- ahnungslos ~ gegenübersteht uiijf so' ist auch eine solche Aeußening möglich.

- . . Die Stärke-; der einzelnen Grußpen. .

' An der'Konferenz beteiÄtehsieh ;ifn-ganzen 316 gewählte Delegierte und!: gegen: 1000 . Gäste. Die : Delegierten gruppieren sich in folgende Parteien: 1 ' '

Zeire -Zion (linker Flügel) . . 55 Delegierte ' Jugendvereme zusammen mit

rechtem Fliigel: Zeire. Zion . 72 . ,

.Radikale Zionisten (Hebra-

. isfen) r . J .. 1 . - 1 47' » .

riLebrergrtiPpe- 24

'Frauerigruppe . . . . - . 22

. 12- -

.21

V 12.

. 12

Handwerker 1 Chalupim .... . 'Provüi^gnitiJJe' v . v Unabhängige Gruppe .

Der Rest von 30 Delegierten hat sich keiner Fraktion angeschlossen.

Dem Finanzberichte entnehmen wir folgende Zahlen: Eingänge des Zentralkomitees für Politische Zwecke 221.191 Mk., Schekel 196.520 Mark, im ganzen 482.763; Ausgaben für Presse und Agitation 227.469 Mk., für politische Arbeit 50.526, das Bureau 142.072, Palästinaamt 7173 usw.

Nachstehend ein gedrängter Bericht über den Verlauf der Tagung:

Zusammen 286 Delegierte.

Erster Tag.

Eier Vorsitzende der - zionistischen Landes­organisation Polens, Dr. Klumxnel, eröffnet die Tagung mit einer hebräischen Ansprache, in welcher er- die Lage der Juden in Polen und die Entwicklung des polnischen Zionismus darstellt und auch der Pogromopfer gedenkt Hierauf er­stattet Dr. Thon ein Referat über die politische Lage im Zionismus. Der 'Redner schildert die schwierige Situation bei Ausbruch des Krieges, die Politik während des Krieges» die trotz aller Schwierigkeiten doch nach richtigen Gesichts­punkten gemacht wurde und schließlich zunt rich­tigen Resultat geführt hat. Redner schildert die Arbeit bei der Friedenskonferenz in Paris und bespricht dann die Araberfrage.

Hierauf folgen zahlreiche Begrüßungen.

. In der Nachmittagssitzung erstattet zunächst Abg. Grünb'a-uni sein Referat über die natio­nale Politik in Polen, welches mit lang anhalten­dem Beifall ausgenommen .wird. Nach Verlesung der eingelangten Begrüßungstelegramme und Zu­schriften folgen die Deklarationen der Parteien.

Die Deklaration derLinken.

Mereminski, namens des linken Flü­gels, der Zeire Zion, gibt eine Erklärung ab, der wir Nachstehendes entnehmen:

Die Partei eEstrebt -*die gleichzeitige Ver- _. wirklichung des zionistischen und sozialistischen Ideals. Sie lehnt eine Begründung durch Gefühle ab und stützt rieh ausschließlich auf die ieBendigen sozial - ökonomischen Interessen und Kultur! o;r derungen def'disicfiei* Massen* welche von eigener Arbeit leben Wollen und sowohl unter dem Druck der Gaiuth als auch unter der kapitalistischen Unterdrückung leiden. Die Partei erstrebt die Verwirklichung einer wirklichen Demokratie; einer Arbeitsdemqk.ratie* sie ist überzeugt* daß die Verwirklichung des Zionismus weder durch den Imperialismus dfer westlichen Staaten, noch durch die Diktatur' des Proletariats kommen kann, sondert! nur durch die Arbertsclemokratie, durch den Sieg der sozialistischen Ordnung, welcher von den jüdischen Massen in Gemeinschaft mit den arbeitenden Massen aller Völker herbeigeführt werden muß.' Auch die Befreiung der kleinen Völker wird nicht von Versailles, sondern von Stockholm und Amsterdam ausgehen. Von den bürgerlichen Zionisten trennt uns ein Abgrund,, nicht nur im Programm, sondern auch in. unserer Praxis, da wir sowohl in der jüdischen als auch in der allgemeinen Politik ausschließ­lich mit den arbeitenden Massen gehen und uns mi.t d,en sozialistischen Gruppen der anderen Völker, welche aufbauen und nicht zerstören, solidarisch erklären. Jedoch angesichts der Lage des jüdischen Volkes müssen wir im Kampf- gegen den äußeren Feind und hn Kampf für unsere nationalen Rechte auch mit der jüdischen, Bourgeoisie Zusammengehen, soweit siej an unserer nationalen Frage interessiert ist Daher nehmen wir auch teil an: der- polnischen Landeskonferenz; als besonderer Teil der allweit- liehen zionistischen Organisation. Wir hoffen, daß die'.. Landeskonferenz die programmatischen Eigentümlichkeiten jeder sozialen Gruppe respek­tieren! wird* Hierauf bespricht die Deklaration die programmatischen Differenzen im allgemeinen' und fordert die Einberufung eines Weltkon­gresses der jüdischen Arbeiter­schaft Wir kommen auf die Landeskonferenz nicht um zu kritisieren, sondern um alle Kräfte aufzurufen zur Schaffung des Heimes für das jüdische arbeitende Volk in Palästina.

Derrechte FlügeL

Namens der radikal-demokrati­schen Gruppe der Zeire Zion und des jung- zionistischen Verbandes gab Delegierter Eiges folgende Erklärung ab: Als organischer Teil der Landesorganisation wollen wir an allen ihren Ar­beiten Anteil nehmen, um die gesamte Partei im Sinne unserer Ziele zu- beeihfTnssen. Wir halten die Beschlüsse der Landeskonferenz für den Wil­lensausdruck der gesamten zionistischen Partei, denen jeder Zionist .sich unterwerfen muß, unge- achtet de Kampfes, den er innerhalb des Zionismus

für seine Prinzipien führt. Wir hoifen aber, daß die Konferenz keine Gruppe maiorisieren wird. Wir fordern, daß im neuen Organisationsstatut den prögramätischen Forderungen aller Gruppen Refchriufig getragen wird. Wir fordern, daß die Arbeit für Erez Israel der Brennpunkt der ganzen zionistischen Tätigkeit wird, wir sehen die Garantie für den Aufbau des künftigen jüdischen Gemeinwesens in der Nationalisierung des Bo­dens, in der verhältnismäßigen Beteiligung der Arbeiten in der Verwaltung aller Wirtschafts­gebiete, in der beschleunigten Schaffung einer jü­dischen Majorität und in der Unterstützung der Chaluzimbewegung. Wir fordern die Proldamation der absoluten Herrschaft der hebräischen Sprache als einzige Nätionalsprache, daneben sollen alle anderen jüdischen Umgangssprachen vollständig tolerierte sein. In Polen verlangen wir Ausbau der nationalen Volksgemeinden, deren Verfassung auf dem allgemeinen auf breitester demokratischer Grundlage gewählten jüdischen Kongreß festzustelleh ist. Diese Arbeit ist eng verbanden mit dem Kampf für eine radikal-demokratische und sozial gerechte Ordnung im Staate, da nur eine solche unsere nationalen Institutionen verbürgt. Dm: HeBratsierungsprozeß darf nicht gewaltsam, sondern muß organisch durchgeführt werden, wobei die jüdische Volkssprache als mächtiger nationaler Faktor mit großem Kultur- wert anzuerkennen ist. Tn wirtschaftlicher Hinsicht muß die zionistische Organisation als eine allgemein jüdische und nicht als Klassenorga­nisation gegen jede aus nationalen Gründen er­folgende ökonomische Unterdrückung Stellung nehmen, die zerstörten jüdischen Existenzen wieder aufbauen und die Produktivierung der jü­dischen. Massen fördern. Sie darf sich aber nicht iir eine bestiiiinite soziale Politik efhlassen, wefche sich nur auf Klasseninteressen stützt. Die Ver­tretung solcher Interessen hat, sie den einzelnen Gruppierungen innerhalb des Zionismus zu über­lassen. Die Fraktion fordert die scHTeunigste Ein­berufung eines jüdischen Weltkon- gr esses auf Grund 1 ' demokrätischetär Wahlen.

Delegierter Eiges wird in seiner Rede gleich zu Beginn durch heftige lärmende Knndgebnngen seitens des linken Flügels der Zeire. Ziem unterbrochen. Nur mit großer Mühe gelingt es den. Bemühungen Podkischewskis, KIu- mels und Dr. Rosenblatts, die Ruhe wieder herbei- zuführen. Nach Beendigung seiner Rede wird Eiges von der Majorität stürmisch aklamiert.

Hierauf werden unter Stimmenthaltung der Linken* die Wahlen ins Präsidium vorge^ nommen.

In das Präsidium, wurden gewählt: Poet Uszewski, Dr. Ösias Thon, Advokat Grün bäum, Advokat Olschwager und Moses Gordon.

Zweiter Tag;

Dem Bericht des Zentralkomitees erstattet Dr. Gott lieb. Er gibt leidigiieh Er­gänzungen und Erklärungen zu dem im Druck vor­liegenden Bericht. Als erster Diskussionsredner spricht der Führer der Linken Nathan Schwalbe. Er gibt seiner Verwunderung Aus­druck; daß der Bericht auffallend viel von zwei Personen spricht, die erst vor kürzer Zeit aus Rußland: zurückgekommen sind. (Podlischewski und Grünbaum.) Warum hat man von der Tätig­keit der anderen Herren geschwiegen? Redner kritisiert sodann sehr scharf die Politik des Z. K., während der deutschen Okkupation, sowie die undemokratische Einsetzung des jüdischen Nationalrates.

Guter m an n (Lodz), wirft der Leitung mangelndes Interesse für Palästina und Hebräisch vor. Man, habe für Wahlzwecke in zwei kleinen Ortern allein 17.000 Mark ansgegeben, während für das Palästinaamt im ganzen nur 7000 Mark auf­gewendet wurden. Auch die Redner derradikalen Zionisten und derChaluzim erheben heftige Vorwürfe in derselben Richtung; Das Z. K. habe eine rein politische Orientierung gehabt, da­gegen fehlte die palästinensische und hebraistische Orientierung. Das Schulsystem sei vernachlässigt worden, das längst, geforderte Lehrerseminar sei immer nicht gechartert* das hebräische Wochen­blatt sei völlig unzulänglich, während für das jiddische Organ große Summen aufgewendet wur­den. In diesem Sinne sprechen F r e i d und Frank.

Da 69 Redner eingetragen sind, werden Ge- neralredner gewählt. Den größten Eindruck machte in der Generaldebatte die Rede des Zeire- Zionisten Elijahu Muntschik (Bjalistok), der der beste Redner der Konferenz ist Seine ganze Rede war eine Kritik des Palästinaamtes. Ernüchterung habe nicht nur die Emigration nicht gefördert, sondern Ernüchterung und Verzweif­lung in die Kreise der auswandenmgslustigen Juden gebracht. Geleistet hat das Amt gar nl Man hat im ganzen 7 Broschüren herausgegi