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kommen mtb bekundet neben einer ausgezeichneten, allgemeinen Bildung reiches talmudifches Wissen, er hat eine angenehme, ansprechende Vortragsweise, und seine Worte dringen zu Herzen, weil sie von Herzen kommen. Sein offenes Bekenntnis, dass er in dcu Schulen der sogenannten Reform erzogen, lang: Jahre hindurch von Zweifeln gequält, endlich zur richtigen Erkcmttniß gekommen und als ortho­doxer Jude den Seelenfrieden gefunden, macht einen tiefen Eindruck, und seine eindringlichen rührenden Ermahnungen haben den Eifer der orthodoxen Ge­meinden mächtig angeregt und werden ihnen manches Mitglied wieder .zuführen, das sich bereits der Re­form zugewandt hatte. Herr Dr. T. hat sich jetzt mit der ältesren Tochter des Herrn Jonas Weil verlobt, und dieses Ereigniß hat die freudige Thcil- nahm- aller Freunde des Iudcnrhumö hcrvorgerufcn. .Herr Weil ist ein eifriges Mitglied der Genicinde der 57 . Straße und war mchrcreIahre Präsident derselben: er hat eine stets offene Hand für jeden wohlthätigen Zweck, er besitzt für einen Privatmann ein sehr be- achtenswerrhes jüdisches Wissen und ist mit irdischen Gütern reichlich gesegnet: doch ist es fern höchster Stolz, daß er und sein Hans dem Gott Israels Iren geblieben, und fein Leben liefert den Beweis, daß ucan bei redlichem Streben auch in Amerika zu Rcichthmn gelangen kann, ohne den Sabbat zu entweihen. Zur Berlobungsfcier waren ungefähr 60 Gäste geladen. Auf den nach jüdischem Brauch vorgenommcncn Bcrlobungsakt folgte ein heiteres Festmahl; die zahlreichen Tischreden bestanden fast ausschließlich aus rw.n -o-s, so daß der Ausspruch' seine Bestätigung fand: 'i -.r» ;rftm nr.

Möge Gott die treuen Anhänger und eifrigen Förderer des IndcnthumS auch ferner mit seinem Segen begleite»; A

F - « i l 1 t t o n.

Are Gonverlilin.

Friedrich Rott.

(Fortsetzung.)

Mit einem Satz war Alexander bei dem Un­menschen und hatte ihm daS zarte Wesen entrissen, brüllend wollte der Uebcrfallcne sich auf ihn stürzen, doch jetzt endlich war der Pfarrer wieder zu Athem gekommen.

»Halt!" schrie er mit einer Stentorstimme, wie man sie seit Jahren von dem Greis nicht ver­nommen.

»WaS treibt Ihr? seid Ihr Menschen? seid Ihr Christen?"

Beim Anblick der ehrfurchtgebietendeu Gestatt dcS Geistlichen war die Mehrzahl der Schreier ver­stummt, nur ein halbtrunkcuer Bursche schrie mtt rohem Gelächter.

»Freili sein mir Christen, hochwürdiger Herr, von deßwege» gehen wir über die Juden. Kommt'- zum andern Jud, hier sein mir fettig."

»Halt!" schrie der Pfarrer abermals und hob wie beschwörend beide Hände.

Im selben Moment vernahm man das Lünten der Glocke, die der Sacristan mit Macht in Be­wegung setzte.

Betroffen starrten die Plünderer einander an; eben noch :m Begriff, der Aufforderung des Kame­raden zu folgen, das Werk der Zerstörung beim »andern Jud" fortzusetzen, zögerten sie unwill­kürlich.

Diesen Moment benützte der Pfarrer; mit flamnlendcn Worten hielt er ihnen ihre Unthat vor, wie sie alle Satzungen der Kirche und des Menschen­rechtes nrit Füßen getreten, wie sie ihll, ihren lang­jährigen Seelsorger, durch ihr frevelhaftes Thun an den Pranger stellen wollten, mit den Fingern würde die Welt auf ihn deuten, »sehet, das ist der Pfarrer, bei dem alle die Räuber und die Plün­derer in die Christenlehre gegangen sind."

Er aber werde sich gegen derartigen Hohn zu schützen wissen.

Bei diesen Worten schien dir gedrungene Ge­stalt dcS Pfarrers zu wachsen, schien selbst die hünenhaften Gestalten jener wilden Gesellen zu überragen.

Hoch hob er die Rechte und mit lauter voll­tönender Stimme sprach er den Schwur aus, er selbst werde einen Jeden, der nicht im Laufe des kommenden Tages das Geraubte oder Zerstörte entweder zurückgegcben oder ersetzt haben werde, dem Gerichte überliefern.

Plötzlich cntnüchtert schauten d!e eben Halb- trunkenen einander an, statt des wilden Geschreies vernahm man jetzt nur ein dumpfes Gemurmel.

Draußen läutete die Glocke fort und fort.

»Kinder!" rief der Pfarrer» »ich sehe cs Euch an, Ihr bereut. Kniet nieder und flehet zum All­mächtigen, daß Er Euer frevelhaftes Thun ver­zeihe !"

Und was feine Worte nicht vermochten, sein Beispiel bewirkte cs; er warf sich nieder in die Knice und sprach mit lauter Stimme rin Gebet um Bergebung für die Frcvelthatea seiner Psarrkinder.