28. 3 anuar 1926 ISchebat 5686
Nr. 5
Frankfurt a. M., den
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Gememdepolikik in Preußen und Bayern.
Bon.einem- norddeutschen Rabbiner.
Aus ^üddeutschland wird zuweilen die Frage <rn uns'gerichtet, weshalb wir Gesetzestreuen in Preußen auf unsere Selbständigkeit in einem besonderen Verbände so großen Wert legen, wählend in Bayern unsere Gesinnungsgenossen schon seit einigen Jahren in Verbindung mit den Liberalen für die Interessen der bayrischen Juden- cheit Zusammenarbeiten. Heute, wo ein „Reichs- v e r bau d" der verschiedenen Landesverbände bereits zur Diskussion steht, erscheint es von ganz besonderer Wichtigkeit, daß die oben erwähnte Frage zur öffentlichen Behandlung gelangt. Die Notwendigkeit unseres Verbandes soll heute nur durch die Hervorhebung des Unterschiedes zwischen den innerpolitischen jüdischen Verhältnissen in Preußen und Bayern beleuchtet werden und zwar nur in dem einen Punkt: die Stellung der religiösen Autorität in den jüdischen Gemeinden, D. i. ihrer Rabbiner und in selbstverständlicher Folge auch die Stellung der Rabbiner in den jüdischen verbänden. Die Ausführungen darüber dürften nicht nur den gesetzestreuen Kreisen zu' denken geben- welchen-/.swav ünib darstm mm das Fundament des GerneinÄelebens bedeutet, sondern
sollte zu einer Ueberlegung alle 'anregen, welche in einer Gemeinde wie in einem Gemeindeverband mehr als seelenlose Körper sehen. '
In der Zeit vor dem politischen Umsturz war der Rabbiner in Bayern die vom Staat unbedingt anerkannte Autorität seiner Gemeinde und seines Bezirkes. In allen Anträgen eines Gemeindevorstandes auf irgend welche Abänderung oder
tn Kultus txrtb Unterricht rotxrbe
von Der Negierung Dag Votum Deg Nabbinerg gefordert und für die Entscheidung respektiert. Die Regierung sah darin keinen Widerspruch, daß sie in einer orthodoxen Gemeinde nach dem Gutachten des orthodoxen Rabbiners, in der neologen Sache nach dem des so gesinnten Rabbiners entschied. Die Autorität des einmal gewählten obersten religiösen Beamten war eben für ihre Entscheidung maßgebend. Die bayrischen Rabbiner schlossen sich zu einem Zweckverband zusammen, der sogenannten Rabbiner-Konferenz. Und diese wiederum (in der, wie wir wissen, stets die Ansicht der gesetzestreuen Rabbiner durchdrang) war die maßgebende Instanz für die Regierung in allen jüdisch-bayrischen Angelegenheiten. Die bis in die letzte Konsequenz durchgeführte Achtung der rabbinischen Autorität entsprach bekanntlich der religiösen Meinung der früheren bayrischen Regierung, nämlich der Auffassung, der wir schon oben Ausdruck gaben, daß Zweck und Bedeutung der jüdischen Gemeinden die Erfüllung religiöser Aufgaben sei und daß zu ihrer Durchführung eine religiöse Autorität, die des Rabbiners, nötig sei.
Was hat sich feit dem Umsturz von 1918, seit der offiziellen anerkannten Trennung von Kirche und Staat in Bayern geändert? Die Staatsgewalt steht allerdings nicht mehr wie in dex früheren Zeit hinter dem Rabbiner. In Nr. 7 der Mitteilungen des Verbandes bayrischer israelitischer Gemeinden vom Jahre 1922 wird eine Vereinbarung zwischen dem Gemeindeverband und der Konferenz der Rabbiner veröffentlicht. Die Vereinbarung sieht selbstverständlich die Rabbiner- Konferenz als dem Gemeindeverband vollständig gleichberechtigte Instanz an, die nicht etwa durch den Verband, sondern zusammen mit ihm an die Regierung heraptritt und mit ihm zusammen Schriftstücke von religiöser Bedeutung unterzeichnet. Zwar sind wir hinsichtlich!'dör Preisgabe mancher Rechte der Rabbiner-Konfereßz, wie auch mit manchen, anderen Vorgängen in Bayern vürchauL- nicht einverstanden und behalten uns vor, in einem späteren Artikel'darauf zurückzu
kommen. Hier aber handelt es sich um eine Vergleichung der jüdischen Mentalität in Preußen und Bayern, von der vor einiger Zeit ein bayrischer Herr in höherer Stellung aussprach: unsere bayrischen Liberalen sind viel konservativer als die preußischen Konservativen.
Wie ist es in Preußen, genauer in den Kreisen, welche dem Preußischen Landesverband, Sitz
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man in Der Verwaltung einer preußischen Grvtz^ Gemeinde vor nicht langer Zeit über die Urteilsfähigkeit eines Rabbiners in praktischen Dingen sprach. Dort war der Antrag gestellt worden, den Rabbiner in den Vorstand der Gemeinde hinein- zuwählen. Das Schicksal des Antrages ward besiegelt mit der Erklärung, der Rabbiner gehört nicht in den- Vorstand, weil ihm der Blick für die praktischen Notwendigkeiten abgehe. In Bayern, wie übrigens in jeder evangelischen wie katholischen Kirchengemeinde ist es selbstverständlich, daß der Geistliche in der Verwaltung meist an ihrer Spitze steht. Dem preußischen Rabbiner wird diese Fähigkeit aberkannt.
Abgesehen davon, daß, wie oben erwähnt, die Rabbiner-Konferenz als selbständige Organisation neben dem bayrischen Gemeindeverband in die Oeffentlichkeit tritt, gehören drei Rabbiner nach dem Statut des Gemeindeverbandes zu seinem engeren Rat. In Preußen gibt es keinen vom Gemeindeverband als gleichberechtigt anerkannten Rabbinerverband. Bei der konstituierten Sitzung des Verbands gehörte anfangs kein Rabbiner zum Vorstand und erst später besann man sich wohl auf den schlechten Eindruck nach außen und kooptierte einen einzigen.
Auf dem Gemeindeverbandstage mußte ein Vertreter des Rabbinerverbandes um bescheidene Rechte der Rabbiner kämpfen und hat nur wenig davon durchgesetzt. So liegt der Vergleich zwischen gemeindepolitischen Verhältnissen in Preußen und Bayern. Wenn nun noch hinzugefügt werden darf, daß es dem Bund gesetzestreuer jüdischer Gemeinden bzw. dem Preußischen Landesverband gesetzestreuer Synagogen-Gemeinden eine religiöse Selbstverständlichkeit ist, daß zu seinem Vorstand eine Anzahl Rabbiner gehören, daß nach dem Statut der Ortsrabbiner der Gemeinde, an welcher der Bund (Verband) seinen Sitz hat, im Vorstand sein muß, so ist damit nicht etwa eine Forderung ausgesprochen, welche vom Standpunkt der Orthodoxie zu erfüllen ist, sondern es ist die einzig logische und würdige Art, (vgl. Bayern) wie die religiöse Autorität in einem Ver-