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FÜR WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG IM VORDEREN ORIENT
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Redaktion: Dr. E. F. Ascher
Berlin, 18. November 1934
Jahrgang 1 Nr. 15
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Nationen sehen Palästina
Rumänien, das wirtschaftliche Nachbarland Palästinas
Die außerordentlich günstige geographische Lage Rumänien in Bezug auf Palästina hat schon seit längerer Zeit bewirkt, daß zwischen den beiden Ländern sehr rege Handelsbeziehungen bestehen*. Unterstützt durch die Tatsache, daf) es als bester Transit platz für Polen, z. T. auch für Ungarn usw. dient, und zudem einen eigenen, nicht unansehnlichen Schiffspark besitzt, ist Rumänien besonders in den Nachkriegsjahren zu einem der tätigsten Teilnehmer am Handel und Verkehr mit Palästina geworden. —
Die statistischen Daten der palästinensischen Regierung geben darüber klaren Aufschluß. Beginnend vom Jahre 1922, hat der
Wer bezahlt die Haifa - Bagdad - Bahn ?
Nach der Nachricht vom geplanten Bau der Bahn wurde die Frage ihrer Finanzierung aufgeworfen. Es war klar, daß die irakische Regierung, auf deren Gebiet ungefähr 60% der Bahnstrecke entfällt, eine finanzielle Beteiligung ablehnt, daß Transjordanien zu einer finanziellen Beteiligung nicht in der Lage sein dürfte und daß Palästina am Bahnbau überhaupt fast völlig unbeteiligt ist, da nur etwa 5°/o der Streckenlänge im palästinensischen Gebiet liegt und der palästinensische Teil der Strecke (Haifa-Samakh) bereits existiert und nur auf Vollspurbreite ausgebaut werden müßte. Es wurde weiter auf die anerkannte Un- rentabilität der Bahn hingewiesen, die eine Beteiligung von Privatkapital ausschließen dürfte.
Wenn nunmehr aus London die Meldung^ kommt, daß die englische Regierung nicht daran denke die Kosten zu übernehmen, so enthüllt sich in dieser Meldung das Finanzierungsproblem in seiner ganzen Tragweite: niemand gedenkt die Bahn zu finanzieren.
Die Hoffnung, daß die Bahn indirekt wichtige Zubririger- dienste für den Haifer Hafen leisten wird, erscheint angesichts \^ctes mikroskopisch geringfügigen Transitverkehrs nach dem Irak und dem übrigen Middle East und der Konkurrenzunfähigkeit der Bahn mit dem Seeweg über Basrah äußerst fragwürdig. Wahrscheinlich ist ihr aber eine strategische Bedeutung nicht abzusprechen.
Umfang und Wert des rumänisch-palästinensischen Handels stetig .zugenommen. Im Jahre 1922, dem ersten Normaljahr nach dem Friedensschluß, verkaufte Rumänien für 90 000 £E. Waren an Palästina (Holz, Getreide, Petroleum, Vieh usw.), im Jahre 1923 für 180 000, im folgenden Jahre für rund 240 000, im Jahre 1925 (Rekordjahr der II. Alija) für etwa 325 000 £E. Dann ging die Ziffer (Krisenjahr in Palästina!) wiederum auf rund 200 000 £E herunter und hielt sich um diesen Wert herum etwa 3 bis 4 Jahre. 1930 wies der rumänische Export nach Palästina schon wieder 247 000 £P auf, um 1931 auf rund 360 000 £P zu steigen. 1932 ging die entsprechende Ziffer auf 518 000 £P und 1933 auf 581 000 hinagf. Rumänien nimmt in der Liste der nach Palästina exportierenden Länder den 5., 6., bisweilen aber auch den
Wie tecUUfa*:
Die hohe Einwanderungsziffer im September, die vermutlich auch im Oktober mindestens erreicht worden ist, hat der Unternehmungslust im Wohnungsbau und in der Gründung von Gemüse- und Hühnerfarmen, von Industrie- und Handwerksbetrieben, von Groß- und Einzelhandelsfirmen neuen Auftrieb gegeben. In der zweiten Oktoberhälfte wurden amtlich, registriert: 5 neue Aktiengesellschaften mit insgesamt 65 200 £P Aktienkapital, 2 neue Genossenschaffen und 28 neue , offene Handelsgesellschaften. Die Boden-Basis der jüdischen Siedlung in Palästina ist durch einen großen Landkauf des „Keren Kajemeth Leisrael" (Jüdische Nationalfonds) bedeutsam erweitert worden, über dessen Einzelheiten demnächst eine amtliche Erklärung angekündigt ist.
Am 25. Oktober ist im Oelhafen von Haifa erstmalig Irak- Rohöf auf ein Tankschiff verladen worden. Die persische Transitfrage scheint nunmehr dahin entschieden zu sein, daß für zunächst drei Jahre Haifa und Beirut je die Hälfte des persischen Miftelmeer-Transits erhalfen werden. In den nächsten Tagen wird die neue Eisengießerei Haifas den Betrieb aufnehmen.
Auch Tel-Avivs Entwicklung schreitet mächtig vorwärts. Ein Symptom des Vertrauens ist es, daß die Stadt ihre neue englische Anleihe von 350 000 £P zum Zinsfuße von nur 3 l /4 Prozent erhalten hat. Großzügige Pläne für die Stadterweiterung im Norden und Nordosten nähern sich der Verwirklichung. Eine beim Messegelände geplante Brücke über den Jarkon wird neues Bauland erschließen. Ein Zeichen der großstädtischen Entfaltung: Das erste Automaten-Restaurant Vorderasiens in Tel-Aviv eröffnet!
Am 15. November beginnt die Orangen-Verschiffung der neuen Saison 1934/35, nachdem Zitronen und Grape-Fruits bereits vorausgingen. Die Aussichten des Exportabsatzes haben sich neuerdings wesentlich gebessert.
Die palästinensische Außenhandelsstatistik ist bisher bis einschl. Mai 1934 publiziert. Es geht daraus hervor, daß der palästinensische Waren-Import aus Deutschland von 417 909 £P in Januar—Mai 1933 auf 724 674 £P in Januar—Mai 1934 gestiegen ist/
Der Palästina-Markt wird weiterhin vom Auslande lebhaft umworben. Soeben traf eine Handeldelegation Dänemarks ein. Anfang 1935 werden die organisatorischen Vorarbeiten für die Tel-Aviver Levantemesse 1936 beginnen.
Einen Tag stancl alle Betriebsamkeit in Stadt und Dorf still; das jüdische Volk Palästinas ehrte seinen großen Wohltäter, Baron Edmond de Rothschild, der 90jährig am 2. November starb, durch einen nationalen Trauertag. Als er vor einem halben Jahrhundert sein Kolonisationswerk begann, zählte Palästina nur wenige tausend Juden, und es gab nur ein paar schwache Anfänge der landwirtschaftlichen Kolonisation. Heute bewohnen das Land rund 300 000 Juden, und die Zahl der jüdischen Dörfer reicht fast an die 200 heran. Dr. J. A.