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AUS DEM LEBEN DER LEHRANSTALT.

Von Dr. Max Eschelbacher.

Nachdruck verboten.

Die Lehranstalt für die Wissen­schaft des Judentums zieht in diesen Tagen in ihr neues Heim ein. Damit beginnt, mindestens äußerlich, ein neuer Abschnitt ihrer Geschichte, und es ist viel­leicht auch für weitere Kreise nicht ohne Interesse, nochmals einen Blick auf das Leben und Treiben zu werfen, wie es in den letzten Jahren im alten Gebäude in der Lindenstraße sich [abge­spielt hat.

Die Freude über die Über* Siedlung ins neue Haus wird groß sein, größer vielleicht noch die Genugtuung über den Auszug aus dem alten, denn dieses war wie ein Symbol der engen Verhältnisse, unter denen die Wissenschaft des Judentums sich entwickelt hat.

Auf einer hölzernen Treppe liegt

Dr. A. Kaminka, Wien.

Sekretär der A. I. U. in Wien. Hörer 18891891.

stieg man zur Anstalt empor und befand sich bald auf einem Vestibül von 2 Meter Länge und anderthalb Meter Breite. Wie es für eine Hochschule sich geziemt, hing hier ein schwarzes Brett, das, abgesehen vom Verzeichnis der Vorlesungen, eine Liste der kleinen Propheten 4 ' enthielt, der Hörer, die im laufenden Semester im homiletischen Seminar eine Übungspredigt halten wollten. Dann gings links in einen läng­lichen Gang hinein, der im Sommer halb, im Winter ganz dunkel war, und während der Pausen nur spärlich durch die glühenden Zigaretten einiger Hörer erhellt wurde. Links öffnete sich eine Tür zur Biblio* thek, deren oberste Leitung in den Händen des Herrn Dr. Barol Hier entfaltete sich ein reges Leben, auf das vom Ofengesims her stumm die Büste eines alten - jüdischen Gelehrten blickte.

Und nebenan ist der Hörsaal, der Hörsaal schlechthin, denn die Lehranstalt besaß bisher keinen anderen. Ein großer, schöner Raum. Die Vorderwand ziert ein vorzügliches Porträt von Moses Mendelssohn, an der Hinterwand erblicken wir das Bild Steinthals, der auch einmal hier doziert hat, an der Seite pocht eintönig die Wanduhr, wenn sie nicht gerade stehen geblieben ist, was nicht selten vorkam.

Und nun wird es Zeit, von den Männern zu sprechen, die hier unterrichten. Das Verhältnis der Schüler zu ihrem Lehrern wird bedingt durch die Eigenart des rabbinischen Studiums. Wir haben Keine Lehrbücher. Was wir lernen, müssen wir aus den Quellen selber schöpfen. Das hat seine Schattenseiten, denn d a s Quellen- Studium ist mühsam, und auch einem fleißigen Menschen Rabb. Dr - G Oppenheim,

. -i t i -l . , ° . Mannheim.

wird e? kaum möglich sein, schon in der Studienzeit Hörer iss3-i890.

Oberrabbiner Dr. Low, Szegedin.

Hörer 18721878.

Prof. E. G. Hirsch. Prediger, Chicago»

Hörer 1873-1877.

Prof. Richard Gottheil.

Hörer 18821885.

Prof. Salomon Schechter,

Direktor des Rabbiner-Seminars in New-York. Hörer 1S79-1SS3.