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Professor Spalding: Der Mos aide zweiter Gesang.
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"Wie fpriefct fo viel der ßulb aus eines (Dörbers Samen ? Dies wirkte Gottes ßanb, er gab das gute 5eicben. Wie Gott es uns beginnt, fo wirb ers uns vollenden. Was 3auör* icb noch ? Will icb Öes Bruders Tob erwarten? ßinan 3um Ufer, bin 5ur eblen fürftin eil' icb. Vielleicht fcbickt fie micb ab, bie Säugerin 3U rufen. 3ur (Dutter fcblüpf icb bann, dafr fie ben Ciebling fäuge." Sie lief 3um Strom binab, fie beugte ficb 3ur €rbe, So fpracb fie: „Deine Stimm', o Königstochter, hört' icb. Wohltäterin, befiehl! ODicb fenbe, glorreich' (Däbcben! Um eine Säugerin von ben ßebräerinnen 3u rufen, eil' icb, klug unb 3ärtlicb, fonbergleicben!" „Gefcbwinb," antwortete bie Sürftin, „geh unb kehre 3urück! Den Knaben quält ein Dürft, berTob ihm brobet."
Sie ging unb fang im Geb'n ber (Dutter fcbon entgegen; Coblieber brängten ficb. aus ihrer Bruft gen ßimmel 3u taufenben, für ihn, ber fie gewürbigt hatte, In ihrer (Dutter Obr: „Der Knabe lebt!" Die Wunber Des ßerrn, unb, wer vom Tob ihn rettete, 3U rufen. Die (Dutter weinte nocb, voll Angft, wo (Dirjam weile? Da tönte fcbon ber fufe ber Kommenben, bie Stimme Der Singenben erklang: „O weifefte ber frauen, „ßör, welche 3eitung icb verkünb: Cr lebt, er lebt Dein Sobn, er lebt!" Unb fie er3äblte, was gefcbeben. Die (Dutter börts, vernimmts, allein bie Sprache ftocket. Des ße^ens Wonne ftrömt vom Bug' in Hränenbächen, Unb enblicb ruft fie: „Hie, nie hofft icb, bies 3U boren! Wie tief ift Gottes Rat! Wie wunbervoll mein Scbichfal! O Sobn, als CDutter trug icb 3U bes Tobes Pforten Dieb bin, als fremb' entreifc icb bieb bes Zlobes "Cal! Icb, bie als (Dutter bir bes Bufens Cabfal raubte, leb fäug' als frembe fetjt bieb an bemfelben Bufen! Allein 3um Reben nicht, 3umTun ifts 3eit. Ruf, Tochter! Wir eilen! Dürftet nicht ber Knab ? Icb komm, icb tränk ihn." Sie eilt 3um Ufer, blickt, unb fiebt ben holben Knaben, Den fie gebar, im Arm ber Königstochter liegen. Die feinen F5als umfcblingt, bie feine Cippe küffet. Ibn an3ufcbauen, ihn 3U ber3en, nie gefättigt, Unb ibre Wange nafr von Tränen, fpriebt bie fürftin: „Beglückte Säugefin! 3um ßeil fei uns gekommen! nimm bin bas Knäblein! Säug ibn grofc an beinern Bufen! Was bu 3um Cohn verlangft, icb will bir alles geben. Cab ibn, als wärs bein Sobn, als unter eignem ßersen Getragen, pflege fein! Bis er bes Bufens Habrung €ntwucbs, fei er bein Sobn, bann wiederum ber meine." Hur eine (Dutter, wie bie ßörerin, vermochte 3urück ber "Dränen Strom 3U 3wingen. Aus ben Armen Der Königstochter nahm fie ihres Bebens Wonne, Unb fpracb: „O Krone bu ber Jungfraun! Sorge nicht mehr Wie ihres Sohnes pflegt bie (Dutter, pfleg icb feiner. Cntwucbs er meiner Bruft, bann bring ich bir ibn wieber." An ihren Bufen legt, wie einen Straufr von (Dvrrben, Sie fcbnell ben Sobn, durebftrömt mit (Duttermilcb ibn
reichlich;
Unb füfj gefättigt, entfebläft ber Knabe läcbelnb. Die Königstochter fiebts, ibr ßer3 füllt ftille freube. In Staub gebückt vor ibr weicht Säugerin unb Tochter.
Wer freuben erntete wie biefe, ber frohlocke!
Der (Dutter Auge glän3t vor Wonne, wie bes Tages
Geftirn, wie (Dorgenrot ber frobe Blick ber Tocbter.
Sie wanbeln febweigenb bin, bis fo bie (Dutter anbebt: „O meine Tocbter, boreb bem Worte, bas icb rebe: Von taufenb Säuglingen, bie ihren 5arten Hacken Schon beugten unters Schwert bes Würgers, tat an biefem, Den icb gebar, fo viel ber Wunber Gott; icb fabe Der3eicben g'nug an ihm; aueb 3eugt, was fcbon gefcbeben. Ihm reichet Gott berab aus feinem ßeiligtume Der ßerrfebaft 3epter, boch bereinft emporrichten Des Biebermannes ßorn, bes Frevlers ßorn 3U ftümpfen, Durch ihn einft bebet er fein Volk, ftraft feine feinde. Unb follt icb fürchten, ibn in ben palaft bes Wütricbs 3urück5ugeben? Wert bem ßimmel ift fein Ceben, Unb aueb in bem palaft wirb er gefiebert wohnen. Der €ngel Gottes um ibn ber — was tut ber (Denfcb ihm? Ciefc Gott, bamit bie Straf aus feinem eignen ßaufe Ihm wuchs, ein ebles Reis, ber Candestöcbter Krone, Aus jenem Scbeufal, bas bies Volk beberrfebt, bervorgebn, So frommts bem Knaben auch, bafj fein bies CDäöcben
pflege.
Sorgfam bewacht ibr Blick bas Kinb, bas unfre feinde 3ertrümmert, 3ieht im Sebofj ben auf, ber uns erhöbet. Der einft bas bobe Werk vollführt, ifct ihres Brotes. Straft Gott bie Stoßen, Glan3 bekleibet bann ben Richter Unb ßobeit, Gräuel febafft er um in Weibe, Wermut Wirb triefenb ßonig ihm, unb feiner F5affer Pfeile Kehrt er 3urück, bafc fie ber fliehenden ferfe treffen. Um Jakob wiberftebt bie "Cocbter ihrem Vater, Unb Jakobs Gott vergiit ben Klugen reichlich Gutes. Der frevel ihres Stamms wirb nicht an ibr geabnbet. Doch fieb, von weitem bort erblick icb deinen Vater! Dafj icb 3um Strome ging, bab icb ihm beut verborgen, Bis ich den Ausgang wüfct unb beim bie Beute brächte. In Tränen war fein ßer3 vor feinem Gott 3erfloffen. Icb liefe ihn im Gebet für uns 3U feinem Gotte, Sein Auge ftarr, bas ßer3 voll Angft, bie Seel erfebüttert. Dun eil', o Tocbter, bin 3U ihm; bir folg* icb felber."
„Wohin ging," fragt fein Kinb ber €ble, „beine (Dutter?" Die Wonne fcbliefcet ibr ben CDunb: „0 fieb bortbin, mein
Vater!"
Hur bies ertönt. €r fiebt, an ihrer Bruft ben Knaben, Jocbewed nab'n, unb Cuft, gemifebt mit Trauer, füllet Sein ßer3, fein Auge ftrömt, laut tönet feine Stimme. „€r lebt! Der Knabe lebt! Wie lange werb'icb lebenb Ibn febn? 3urückgebracbi,vom Strom, vielleicht 3U fallen, Der Bosheit Raub! Warum verlaffen deinen erften Cntfcblufj? Warum niebt Gott allein vertrau'n, Geliebte? „Hiebt fo, mein Gatte! (Dut! Vernimm bes Weibes Rebe: Hiebt fterben wirb bein Sobn, ber ßelb ber €rde wird er, Verlaffen bab' icb nicht, erfüllt bab' icb den erften Cntfcblufe. Hur, was auch Gott für ihn befcbloffen, höre." Hun tat fie, was gefebab, ihm alles kund, verbarg ihm Kein Wort. Unb Amrams Geift bob wieder ficb. „Das
Ceben,"
So rief er, „gabft du mir 3urück! Wie eine (Dutter Bift du für Israel. Du gleichft bes (Dörgens Glänze. Aus beinern Scbofje fprofct ein Sobn, der Jakob rettet. Aueb meine Tocbter, du! Am Strom ftandft bu, wie
Gottes €ngel,
An mäcbt'gen Waffern einft wirft bu bem ßöcbften fingen." So fcblofe fein Ruf, unb nun, 3ur Gattin bingewenbet, Sprach Amram ferner: „Himm an beine Bruft ben Knaben!