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Morris Rosenfeld: Arbeiterliedei.
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«las ist die «lelt?
Und ist die Welt eine Schlafstätte nur Und nur ein Traum unser Leben, Dann sollen auch meine paar Jahre mir In holden Träumen verschweben.
Dann will ich Träume von Freiheit und Glück, Wie jene grossartigen Herren, Dann will ich liebliche Bilder seh'n Und nicht mehr träumen von Zähren.
Und ist die Welt ein Ballfest nur, Wir aber sind die Gäste, Dann will auch ich meinen Platz im Saal Und will meinen Teil von dem Feste.
Auch ich kann verdauen ein gutes Stück. Und rechte Bissen vertragen, Ich habe kein schlechteres Blut als die, Die güldene Ketten tragen.
Und ist ein Rosengarten die Welt
Mit blütenbestreuten Strassen,
Dann will ich lustwandeln, wo's mir gefällt,
Und nicht, wo die Reichen mich lassen.
Will tragen von Blumen wohl einen Kranz — Ich mag mich mit Dornen nicht zieren — Dann will auch ich mit Liebchen im Glanz Von Myrten und Lorbeern spazieren.
Doch ist die Welt ein Kampfplatz nur, Wo Starke und Schwächere streiten, Dann schert mich nicht Sturm, nicht Weib,
nicht Kind,
Dann seh' ich nicht zu vom Weiten, —
Dann stürz' ich mich mitten ins Feuer, ein Held, Und kämpfe, ein Leu, für die Schwachen, Und trifft mich dieKeule — undstrecktmichinsFeld, Dann kann ich sterbend noch lachen.
Hn der ]S
Seht Euch den bleichen Gesellen an, Zermürbt ist seine Kraft, Doch Stund' um Stund 1 und Tag um Tag, Er sitzt und näht und schafft.
Viel Monde kommen und ziehen dahin, Und Jahr um Jahr vergeht, — Mit krummem Rückgrat, die Wangen fahl, Er sitzt und näht und näht.
Entstellt ist sein Antlitz von Staub und Schmutz, Es perlt der Schweiss von der Stirn: Ich fühl's, hier schafft nicht Körperkraft, Hier arbeitet nur noch ein Hirn.
Doch Tropfen auf Tropfen saugt Naht um Naht, Sein Aug* wird nicht thränenleer, Und die er näht, von früh bis spät,] Die Kleider sind thränenschwer . . .
Wer kündet grause Zukunft mir? Wie lang' wird der bleiche Mann Noch treiben und jagen das blutige Rad? Wer weiss das Ende, sagt an?
Ich weiss es nicht. Doch weiss ich wohl: Wenn den — ob früh, ob spät — Die Arbeit erschlägt, — sitzt ein and'rer da Und näht und näht und näht . . . •
IV.
Der Cbränen-JVIüUoiiär.
O glaubt, kein gokTnes Instrument
Stimmt meine Kehle zum Singen.
O glaubt, kein Wink von oben lässt
Meiner Leier Saiten erklingen.
Doch der Sklave, der seufzt, und der Sklave, der stöhnt,
Der weckt in mir die Lieder —
Und flammend erwacht in mir ein Sang
Für meine armen Brüder.
Dafür sterb' ich vor meiner Zeit,
Dafür, verbrauch 1 ich mein Leben,
Was können mir für einen Dank
Die armen Leute geben?
Sie zahlen Thränen für eine Thrän\
Sie können nicht anders mich lohnen, —
Ich bin ein Thränen-Millionär
Und beweine die Millionen. . . .
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