471

Revue der Presse.

472

schidje-Ordens ausgezeichnet. Budapester Blätter und Berliner Zuschriften geben der Ansicht Ausdruck, dass es sich um einenTheatercoup zu Gunsten des diesjährigen Zionistenkongresses" handelt. Wir unsererseits wollen uns hüten, voreilig zu urteilen. Sollte es Herrn Dr. Th. Herzl gelingen, Nützliches für unsere Gesamtheit beim Sultan zu erwirken, so werden wir die ersten sein, ihn zu beglückwünschen und unsere Opposition gegen seine Pläne einzustellen.'*

Zu demselben Gegenstande äussert sich auch Jewish Chronicle" (24. Mai):. . . . Wir wissen weder genau, welches Dr. Herzlos Aufgabe war, noch was er erreicht hat, und zweifellos wird er alles, was er darüber zu sagen hat, für den nächsten Kongress aufsparen. Aber schon die blosse Thatsache, dass er und seine Kollegen als Zionisten vom Sultan empfangen wurden, muss allen Gerüchten zum Trotz als hochbedeutsam angesehen werden. Denn die Audienz widerlegt ein- für allemal die oft gehörte Behauptimg, dass der Sultan es durchaus ablehne, die Vorschläge der Zionisten in Erwägung zu ziehen. Es ist klar, dass, um Dr. Herzl hiervon zu überzeugen, eine Audienz nicht nötig gewesen wäre, und wenn des Sultans Ansichten thatsächlich einer absoluten Gegnerschaft gegen die Bewegung entsprächen, so

wäre eine Audienz wohl nicht gewährt worden.".....

Wenn die zionistische Deputation im stände war, den Sultan zu überzeugen, dass der Zionismus eine Wiedergeburt und Stärkung Palästinas und für das türkische Reich eine Quelle des Nutzens und eine Machtvermehrung bedeutet, dann hat Dr. Herzl einen ausserordentlichen Schritt nach vorwärts ge­macht in der Bewegung, mit der sein Name verknüpft ist, und der gesamten Judenheit keinen geringen Dienst erwiesen. Wenn er von Yildiz Kiosk mit dem ersehntenCharter" in der Tasche zurückgekehrt ist, dann bedeutet die Audienz vom letzten Freitag eines der bedeutendsten Ereignisse in der Ge­schichte unseres Volkes seit der Diaspora. 4 *

Nathanael", Zeitschrift für die Arbeit der evangelischen Kirche an Israel (herausgegeben von Prof. D. Hermann L. Strack), berichtet von der allgemeinen Missionskonferenz u. a. (wörtlich!): Im nächstfolgenden Referat sprach P. Bieling-Berlin über das wichtige und zeitgemässe Thema:Die Judenmission und der Zionismus nach seiner Entfaltung und bisherigen Entwickelimg". Nachdem er ge­zeigt, dass die Zions-Hoifnung und -Sehnsucht im jüdischen Volk nie erstorben war, kam er auf den jetzigen Zionismus zu sprechen, schilderte sein Wesen und seine Ziele, warnte vor den überschwänglichen Hoftnungen, die man nicht selten

im Kreis der Missionsfreunde auf diese Bewegung setzt, und erörterte die Frage, was die Mission gegenüber den neuen Aufgaben zu thun habe, welche der Zionismus ihr stellt. Seine Ausführungen gipfelten in folgenden Leitsätzen: Der Zionismus ist seiner Entstehung wie seinem Wesen nach eine rein diesseitige, keine religiöse Be­wegung. Der Zionismus kann demzufolge auch nicht die Bekehrung Israels fördern, eher noch hält er sie auf. Der Zionismus findet seine volle und gerechte Würdigung nur vom biblischen Standpunkt aus. Von da aus gesehen verdient er trotzdem unsere volle Beachtung, weil es nicht ausgeschlossen ist, dass Gott der Herr ihn benützt, um mit ihm einen neuen, besseren Abschnitt in der Geschichte Israels einzuleiten. Jedenfalls aber nötigt uns der Zionismus zu grösserer Treue und Thatkraft in der Verkündigung des Evangeliums unter Israel.

Sturm" (Zeitschrift für öffentliches Leben und Kunst, München) veröffentlicht in seiner März-Nummer das folgende zeitgemässe Gedicht:

Der greise Jude.

Schleicht dahin ein greiser Jude.

Winterliche Strassen.

Hinter ihm die munt're Jugend

Hat mit ihm ihr Spassen:

Bald am Kaftan wird gerissen,

Bald wird Schnee ihm nachgeschmissen;

Ohne Muiren geht er weiter,

Scheint beinahe heiter.

Ein besonders mut'ger Bursche Stellt ein Bein dem Alten Plautz! hinfällt der alte Jude, Kann sich nimmer halten. Aufgestanden ist er wieder, Kraftlos, fällt er nochmals nieder. Nimmer kann er auf und weiter Scheint beinahe heiter.

Eine Frau, die zugesehen

Dieser kleinen Szene,

Naht dem Jungen schnellen Schrittes,

Im Auge eine Thräne

Und der Knabe will sich flüchten,

Fürchtet hier ein strenges Richten.

Rasch hält ihn die Frau zurück,

Giebt ihm ein Zehnhellerstück.

Ferdinand Leefeld.

Abonnementspreis für das Halbjahr in Deutschland und Oesterreich Mark 3,50, für das Ausland Mark 4, für Russland ganzjährig 4 Rubel, halbjährlich 2 Rubel. Einzelhefte ä 35 Kop.

---------.---Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, durch alle Postämter des Deutschen-----.-----~

--------- Reiches unter No. 5785 a der Postzeitungsliste und durch die Expedition dieser Zeitschrift.---~-------*

Anzeigen 75 Pfg. die 'viergespaltene Nonpareillezeile, grössere Anzeigen nach Tarif, bei Wiederholungen Rabatt,

Stelen-Gesuche und -Angebote zum halben Preise,

Adresse für die gesamte Korrespondenz: S. CALVARY & Co. (Inh. HUGO BLOCH) Verlagsbuchhandlung und Antiquariat, Berlin IW M Heue Wilhelmstrasse X .

^* f**^^ +* *r+ *^ *+** *+ m j***^^* ^

Verantwortlicher Redakteur: Leo Winz, Berlin W., Wilmersdorferstr. 117. Verlag von S. Calvary&Co., Berlin NW. 7. Für den Anzeigenteil verantwortlich: Hugo Bloch, Berlin. Druck von Pass & Garleb, Berlin W 35.