von erstarkender Religiosität wäre es ,
wenn in unserem Gottesdienst wieder mehr re¬
ligiöse Handlungen auskämen , einerlei ob
alte zu neuem Leben erwachten — wie etwa der weiße
Kittel oder das Mederknien am Versöhnungstage —
oder gar , daß neue aus der Empfindung der Massen
heraus sich einbürgerten !
Bolschewismus unü Judentum .
Von Tr . A u g u st Müller , Staatssekretär a . D .
Alles , was in Deutschland zu den Gegnern der Re¬
publik gehört und ohne jede Rücksicht auf die außenpoliti¬
schen Konsequenzen seines Strebens die Entwickelung
Deutschlands zur Demokratie wieder rückgängig zu machen
versucht , arbeitet mit den Mitteln antisemitischer Ver¬
hetzung . Eine der beliebtesten Methoden , um niedere In¬
stinkte gegen das republikanische Deutschland mobilzu¬
machen , ist die Behauptung , der Bolschewismus und Kom¬
munismus stehe unter dem maßgebenden Einfluß des
Judentums . Die Ereignisse in Mitteldeutschland werden
wahrscheinlich wieder dazu herhalten ntüssen , das kommu¬
nistische Gespenst und die antisemitische Propaganda den
politischen Idealen der deutschen Reaktionäre dienstbar zu
machen . Welch ein Maß von Unwahrhaftigkeil und po¬
litischer Bedenkenlosigkeit dabei aufgewandt wird , zeigt eine
Schrift mit dem Titel „ Der Blutrausch " , die seit einiger
Zeit in großen Massen verbreitet wird und angeblich von
einem Augenzeugen über die Schreckensherrschaft der Bol¬
schewisten in Rußland herrührt . Der Verfasser dieses
Machwerks , ein gewisser Nilostvnski , hat auf alle Fragen ,
die mit dem Bolschewisnius , seiner Entstehung und seinen
Methoden im Zusammenhänge stehen , immer nur die eine
Antwort : Die Juden ! Er macht sie verantwortlich für
die Scheußlichkeiten der außerordentlichen Kommissionen .
WennMassenhinrichtungen veranstaltet werden , dann haben
die Juden sie veranlaßt . Diese sind es , welche die russischen
Bauern und Arbeiter beherrschen und knebeln , denn „ der
ganze Kommumsmusschwindel von Moskau ist nichts
anderes als die Verwirklichung des jüdischen Weltimperia¬
lismus , der nach den Thesen des Zionistenkongresses durch
rücksichtslose Ausrottung der christlichen Bevölkerung ver¬
bunden mit ekelhaftem Sadismus , durchgeführt wird .
Auf diesen Ton ist die ganze Broschüre abgestimmt ,
sie verrät sich deutlich als ein Propagandamittel rechts¬
stehender Parteien , das darauf berechnet ist , durch Ver¬
bindung des Bolschewisnms mit dem Judentum urteils¬
lose deutsche Staatsbürger für die Parteiziele der Gegner
der Republik einzufangen . Daß diese Parteien die Blut¬
rauschbroschüre nicht als offizielle Parteischrift verteilen ,
ändert an dieser Tatsache nichts . Sie lassen sich jedenfalls
ihre Wirkung schmunzelnd gefallen und tragen daher auch
die Verantwortung für die Folgen , die aus der Massen¬
verbreitung solcher widerwärtiger Elaborate entspringen
können .
Dabei zeigt gerade der jüngste Ausbruch kommunisti¬
schen Wahnsinns in Deutschland , daß diese Bewegung mit
dem Judentum nichts zu tun hat . Bekanntlich ist Herr
Levi von den Moskauer Drahtziehern des deutschen Kom¬
munismus seiner leitenden Funktionen in der Kom¬
munistischen Partei enthoben und durch ganz unzweifelhafte
Arier ersetzt worden . Diese haben , offcn/bar weil sie den
Moskauer Gewaltigen Versprechungen gemacht haben , zu
deren Einlösung sie nunmehr ausgefordert wurden , die
Verbrechen und Wahnsinnstaten der jüngsten Tage zum
mindesten moralisch verschuldet . Für den Antisemitismus
stich diese Dinge daher nur sehr schwer nutzbar zu machen ,
aber auf Logik kommt es den Herrschaften ja nicht an , die
den Antisemitismus und die begreifliche Abscheu vor im
Namen des Kommunismus begangenen Verbrechen ihren
Parteizielen dienstbar zu machen versuchen . Es ist unter
diesen Umständen erfreulich , daß der Zusammenhang
zwischen Judentum und Bolschewismus zum Gegenstand
einer eingehenden Erörterung in einer Broschüre gemacht
worden ist , die dieser Tage erschien und von allen denen
gelesen werden sollte , die auf Reinheit des politischen
Meinungskampses Wert legen . Die Schrift führt den
Titel „ Die Nutznießer des Bolschewisnms " und ist als
Heft 3 der Schriftensolge „ Das Licht " im Philo - Verlag ,
Berlin SW . 68 , Lindenstraßc 16 , erschienen . Der Ver¬
fasser , der sich Dimitri Bulaschow nennt , ist ein genauer
Kenner der unser Thema behcurdelnden reichen Literatur
im In - und Ausland und des Tatsachenmaterials , > das zur
Beleuchtung des Zusammenhangs zwischen Bolschewismus
und Judentum yerangezogcn werden muß . Gründlich
und mit unanfechtbaren Tatsachen geht die Schrift der Be¬
hauptung zu Leibe , der Bolschewisunls jei von den Inden
ins Leben gerufen worden und stehe unter dein entscheiden¬
den Einfluß jüdischer Elemente . Für die nur oberflächlich
mit russischen Verhältnissen vertrauten Leser der Schrift
werden viele der angeführten Tatsachen neu sein . Die
Argumente sind aber durchschlagend und zeigen auf das
bündigste und eindeutigste , daß der Bolschewisums eine
rein russische Angelegenheit ist und Weber in seiner breiten
Basis noch in seinen ausführenden Organen durch An¬
gehörige des Judentums maßgebeich und entscheidend beein¬
flußt wird .
Die Ansiedlungsbeschränkungen , denen die Juden bis
zum Ausbruch der Revolution in Rußlcnrd unterworfen
waren , haben dazu geführt , daß nur in den westlichen und
südlichen Provinzen Rußlands ein stärkerer Prozentsatz der
Bevölkerung dem Judentum angehört . Das Innere Ru߬
lands , das eigentliche Großrnßland , war ihnen verschlossen .
In den südlichen und westlichen Provinzen Rußlands
wohnten vor dem Kriege etwa 7 Millionen Juden , und
zlvar lediglich in den Städten , während im eigentlichen
Großrußlarch nur 200 000 Juden vorhanden waren , die
nahezu sämtlich den wohlhabenden Ständen angehörten .
Wenn cs nun wahr wäre , daß die Juden die Urheber und
Träger des Bolschewisnms finfc , so entsteht natürlich so¬
fort die Frage , woher es konnnt , daß der Bolschewismus in
Großrußland herrscht , aber nicht da , wo die Juden in
größerer Anzahl wohnten , d . h . in den heutigen Rand¬
staaten und im südlichen Rnßlaird , das bekanntlich sich anr
nachhaltigsten gegen die Bolschewistenherrschaft zur Wehr
gesetzt hat und immer wieder aufs neue mit Gewalt den
Segnungen des bolschewistischen Regimes zugesührt werden
muß . Natürlich gibt es in Mßland Bolschewisten , die zu¬
gleich Juden sind . Da die Juden in Rußland unter der
Zarcnherrschaft mißhandelt und unterdrückt wurden , und
da sie außerdem einen großen Bestandteil der intellektuellen
Schichten darstellten , die in revolutionären Bewegungen
zur Führerschaft prädestiniert sind , braucht man sich dar¬
über nicht zu wundern . Es ist aber unwahr , daß in den
leitenden Organen der Bolschewisten jüdische Elemente die
Mehrheit besitzen . Dieser Anschein wird hervorgerufen
durch Fälschungen mrd unwahre Angaben , und es ist
kennzeichnend für die Methoden der Antisemiten , daß sie
ihre Listen über die jüdischen Bolschewisten nur dadurch
zustande bringen , daß sie ihnen eine ganze Anzahl von
Gegnern der Bolschewisten , Mitglieder der Sozialrevolu¬
tionäre und Menschewiki , einverleiben . Nach einer von
der Sowjetregierung veröffentlichten Mitteilung über die
Ergebnisse einer statistischen Erhebung unter den kommu¬
nistischen Organisationen in Petersburg stellten die Russen
zu den Mitgliedern dieser Organisationen 74,2 Prozent ,
die Letten 10,6 Prozent , die Polen 6,3 Prozent , die Esten
3,7 Prozent , die Litauer 2,6 Prozent und die Juden ganze
2,6 Prozent . Die Bolschewisten nehmen ihre Hilfskräfte
her , wo sie sie finden . Die fürchterlichste und scheußlichste
Tätigkeit üben in Rußland die Außerordentlichen Kom¬
missionen aus , die den Auftrag haben , die Gegenrevolution
zu bekämpfen . An ihrer Spitze steht in Moskau ein Pole ,
in der Ukraine ein Lette , und in Kiew versah eine Zeitlang
ein Deutscher dieses Amt . Die eigentlichen jüdischen Or¬
ganisationen , die insbesondere im westlichen Teil Ru߬
lands ansässig kvaren , stellen sich dem Bolschewisnms ab¬
lehnend gegenüber . Sie haben solange gegen ihn gekämpft ,
als dieses möglich war , und wenn sie in jüngster Zeit die
aktive Tätigkeit gegen den Bolschewismus eingestellt haben ,
so ist das weniger auf die Bekehrung zum Bolschewismus
als auf die Aussichtslosigkeit ihrer Abwehr gegen den Bol¬
schewismus zurückzuführen . Das sind Tatsachen , die zwei¬
fellos schwerer wiegen , als die Tätigkeit der Apfelbaum ,
Braunstein , Sobelsohn , Finkelstein , Rofenfekd , Lurje mW
Nachamkes im Zentralkomitee der Bolschewisten . Mit
demselben Recht , mit dem man die Juden für den Bolsche¬
wismus verantwortlich machen will , weil es jüdische Bol
schewisten gibt , könnte man auch die russische Bourgeoisie ,
die Bureaukratie und die Generäle als geistige Nährväter
des Bolschewismus bezeichnen , denn es ist kein geringer
I Prozentsatz dieser Gruppen , der feine Kräfte im Dienste
des Bolschewismus betätigt .
Wie das Verhältnis des Judentums zum Bolschewis¬
mus tatsächlich beschaffen ist , hat der Vertreter der Bol¬
schewisten in Berlin , Herr Viktor Kopp , der sich selbst
als ein „ Protestant aus deutschem Stamme " bezeichnet , in
einer Unterredung geschildert , die er im Sommer des
vorigen Jahres mit einem Herrn Pinsker halte und die
am 23 . Juli 1020 in der Pariser „ Jüdischen Tribüne "
abgedruckt worden ist . Herr Kopp erklärte dabei , daß die
Juden die schlimmsten Feinde der Bolschewisten seien . Der
größte Teil der Juden im eigentllichen Rußland gehöre
zu den „ Bourgeois " . Als der Handel nationalisiert
wurde , haben sich die russischen Kaufleute sofort unter
wvrfen , zum Teil sogar die Kommunisten llnterslützt . Die
Juden aber leisteten auf jede Weise Widerstand . „ Das
jüdische Bürgertum " , so erklärte Herr Kopp , bildet unsere
größte Gefahr in dem begonnenen Krieg mit der Gegen¬
revolution . Gleichzeitig organisieren die Gegenrevvluliv -
näre Pogrome gegen die Juden . Ich muß seststellen , daß
die Pogronre bisher auf die Haltung der jüdischen
Bürgerkreise wenig Einfluß hatten und sie nicht dazu 511
bewegen vermochten , auf unsere Seite überzutreten . Oft
empfingen die Juden mit Feindseligkeit die Bolschewisten ,
die eine Stadt nach eineni eben stattgefundenen Pogwm
besetzten . " Die Zukunft der Juden aber beurteilt Herr
Kopp in folgender Werse : „ Die russischere Juden sind ver¬
urteilt , vom Erdboderr zu verschwinden , das ist eine
historische Notwendigkeit , gegen die unser Wille nichts
vermag . "
Solche Tatsachen sprechen eine andere Sprache , als
die „ Beweise " der antisemitischen Helfershelfer der deut
schen Reaktionäre für die intellektuelle Urheberschaft der
Heimkehr .
Bon B i d s ch e H 0 h n s a l z - Zehlendorf .
o . Fortsetzung .
Eine neue große Offensive begann . Die Erde zitterte
leise von dem unablässigen Geschützfeuer , das von der nur
anderthalb Meilen entfernten Front herüberhallte . Nachts
konnte inan von deni Bergrücken den Widerschein der auf¬
blitzenden Kanonen am geröteten Himmel sehen . Ganze
Scharen von Verwundeten kamen . Das aut Schloß -
eingang hergerichtete Massengrab des Lazaretts war voll
und mußte durch ein neues , größeres ersetzt werden . —
Oft schrieb er für die Verstümmelten und Verletzten
Briefe , die diese diktierten . — Fast alle hatten in der
Heimat irgend jemanden , dem sie schreiben , dem sie ihre
Li - che , die Wärme ihres Gefühles darbringen , deni sie
klagen tonnten , — nur er war einsam . — Dachte er an
Deutschland zurück , so schnürte sich ihm die Kchle vor
Kummer zusammen . — „ Warum nur habe i ch nieman¬
den ? " fragte er sich , warum stehe ich bloß so allein auf
der Welt da ? Habe ich nicht in mir einen größeren Schatz
unverbrauchter Zärtlichkeit und Herzensglut , als viele ,
viele andere ? Sollen alle Ouellen meines Wesens so un¬
genützt versiegen , alle Gärten meiner Seele so - zwecklos ver¬
dorren ? " — w
Seltsam war das erste Peßachfest im Kriege . In
einer zerschossetten Taverne saßen Juden der Armee am
Sederabend beisammen ; wehmütig dachte man an die
Heimat . — Ein Feldrabbiner leitete die Feierlichkeiten .
Man hatte aus Deutschland alles Nötige kommen lassen ;
— Bitterkrau 1 fehlte ! „ Nur Entbehrliches ist nicht
da , Bitteres haben wir hier alle genug ! " sagte der Geistliche
traurig lächelnd . . . .
Die Offensive war mißglückt . Die Zeiten des jahre¬
langen , öden und nutzlosen Stellungskampfes begannen .
Mit prophetisä ) er Klarheit sah er voraus , daß das
Vaterland den gigantischen Riesenkanrps nicht siegreich
werde bestehen können und alles im tiefsten Unglück werde
enden müssen .
Schmerzhaft fühlte er das Sinn - und Zwecklose dieses
ganzen Ringens , und die Gewißheit dieses Furchtbaren
verband sich mit dem Wissen um die Zwecklosigkeit seines
eigenen sehnsüchtigen Kämpfens und ließ ihm den Wunsch
zu sterben reisen . Bis in die vordersten Graben ging er
beim Abholen von Verwundeten , ließ alle Borsicht außer
acht , und hoffte , daß ihn eine mitleidige Kugel treffen
würde . Allein der Tod suchte sich Glücklichere und Lebens¬
willigere bei seiner Ernte aus . — Er blieb verschont . —
- Eines Nachts , es war im Hochsommer , träumte er
wieder von ihr . Es war ihm , als versänke er in einem
Teich , in dem weißglänzende Seerosen standen, . . . und
Plötzlich sah er sie in einem erleuchteten Zimmer , glücklich
lächelnd , neben Felix , jenem entfernten Verwandten , dem
sie wohl angehören mochte , dessen Hände in den ihren
haltend .
Er winkte ihr zu , er wollte ihr nahen , aber er be¬
merkte jetzt , wie ihr Anlitz sich verfinsterte , sie auf eine
kleine Wunde an ihrer Schläfe deutete, . . . und wie er
tiefer und tiefer sank . Da fing er Plötzlich an 51 t weinen ,
und erwachte davon — das Gesicht naß von Tränen . Er
empfand ein - Gefühl von Scham darüber , daß er , der feit
seiner Kinderzeit , fast einem Vierteljahrhundert , nicht mehr
geweint hatte , jetzt als Mann noch Tränen vergoß —
wenn auch nur im Traum . — Da es viel Arbeit gab ,
wollte er aufstehen . Als er sich von feinem Lager erhob ,
trat sein Fuß - auf vertrocknetes Laub , das der Wind durch
das offene Fenster hereingeweht hatte . — Draußen leuch¬
tete noch die laue Sommernacht mit schwachem Sternenlicht .
Er ging herunter zum Lazarett . Ein Trupp Schwer¬
verwundeter war wieder angelangt . Von den Bedauerns¬
werten , die man ihm auf seine Station legte , nahm gleich
ein junger Mensch seine Aufmerksamkeit besonders ge¬
fangen , der nicht wie die andern stöhnte , sondern ruhig und
friedlich dalag . Ein Schuß hatte ihm das rechte Knie zer¬
schmettert ; mit dieser Verletzung hatte er zwei Tage
draußen univerburrden gelegen und jetzt war der Fuß
brandig geworden .
Da der Tag anbrach und er dem Verletzten Wasser
bringen wollte , erschrak er bis ins Innerste und starrte ihn
fassungslos an . Denn es war , als ob ihm aus frern toten¬
bleichen Antlitz das Gesicht jenes Mädchens , das seine Ge¬
danken bis zur völligen Selbstentäußerung umfaßten , ent -
gegettblicke . — Das war dasselbe kastanienbraune , reiche
Haar , das gleiche liebliche , selige Kindergesicht , dieselben
Augen , — als hätte er ihren Zwillings ' bruder vor sich ! —
Und als er sich niederbeugte , bemerkte er mit heimlichem
Grauen , daß der Verletzte an > der Schläfe eine kleine , un¬
bedeutende Wunde hatte . Nur blaß und von Verstörtheit
wie zerrissen waren die ! bekannten Züge .
Er dachte in allem Ernst , einen ihrer nahen Ver¬
wandten vor sich zu haben ; als er ihn jedoch nach seinem
Namen fragte , erfuhr er , daß er ein Schlosserlehrling aus
einem ganz anderen Teile Deutschlands war .
Ein blutjunger Mensch war es , noch ein richtiger
Knabe . In den nächsten Tagen klärten sich seine Züge aus .
Nie ist lag er süMeigend mit einem stillen Lächeln da .
Der schmerzlich an sein früheres Leben Erinnerte ,
sprach kaum mit ihm , allein er tat mit noch größerem
Eifer als sonst alles , was er zn seiner Erleichterung irgend
tun konnte .
Nach drei Tagen mußte ihm das Bein abgenommeu
werden .
Totenblaß , mit großen , fieberglänzenden Augen lag
der Amputierte in den : dürftigen Feldbett und winkle ihn
abends zu sich heran . „ Du " , flehte er mit leiser , schwacl ) er
Stimme , „ bleib heute Nacht bei mir ! " — „ Ja , ja " , tröstete
er ihn , „ ich komme schon nachher 51 t Dir , ich muß mich
aber noch um viele andere kümmern ! " — Wo er aber auch
int Zelte herumging , überallhin folgten ihm die geisterhaft
leuchtenden Augen des Knaben , aus denen überirdische , ge
heimnisvolle Welt sprach . Von diesem Blick magnetisch air -
gezogen , ging er , sobald er konnte , zu ihm . „ Komm , setz '
Dich an mein Bett " , bat der junge Mensch mit einer schmei
chelnden , fast mädchenhaften Stimme , rrrrd als er es tat ,
schlang der Schwerverletzte seinen Arm um ihn und blickte
ihn ohne Unterlaß mit einem sanften Lächeln an . Jetzt
glich er wieder vollkommen jenem fernen , schönen Mädchen .
„ Bleib nun bei mir " , bat er ' nochmals , „ ich werde nicht
mehr lange leiben , — ich will Dir noch einiges erzählen , —
Drr mußt es wissen , — ich nruß es Dir noch sagen " . . . und
dann schwieg er wieder erschöpft rmd starrte ihn mit seinen
weitgeöffneten , merkwürdig strahlenden Augen an . —
Niemals in seinem Leben vergaß er diesen Blick des Ver¬
wundeten . — Der hielt andauernd seinen Arm um ihn
geschlungen . ( Fortsetzung folgt . )