buktive fträfte in Rußland im Handwerk und der Land. Wirtschaft unterbringen. Eine Jdeenveybindung mit Au-, lanbsgruppen fei erforderlich und ist bereits mit maßaeden- den Stellen in Polen. Oesterreich und der Tschechoslowakei ynsgenommen worden. ES wird boschlosten» die inter. nationalen Fäden weiter zu spinnen und die Vertreter der ausländischen Verbände zu der im nächsten Nähre statt, findenden Berbandstagung einzuladeri, zu der auch eine Fachausstellung geplant ist. Mg.)
Darburg über die russische Kolonisation.
Moskau. 28. Mat. lJTA.) Herr Felix M. Marburg, der Präsident deS American Toint Distribution Committee. flat vor dem Verlassen Rußlands die folgende Kundgebung Ser Presse Übergeben:
Bevvr ich dieses große Land verlasse, will ich meiner Ge. nugtuung Ausdruck geben für die Freundlichkeit, mit der man man uns überall auf unserem Wege, von Wladiwostok bis Sewastopol, begegnet ist. Wir hatten vollauf Gelegenheit, die gewaltigen Hilfsquellen und -te menschlichen Ener- gien zu bewundern und haben tiefe Eindruck« von dem Ernst der Männer und Frauen, die die vielen neuen Probleme hier zu lösen versuchen, empfangen.
WaS die un- besonders interessierenden Plane betrifft, die jüdischen landwirtschaftlichen Kolonien, denen wir in diesem Lande zur Entwicklung verhelfen, so bin ich von dem. was wir gesehen haben und was Dr. Rosen und seine Mitarbeiter mit so schönem Erfolg vollbracht haben, über. auS entzückt. , . _ . _ , _
In 42 Ländern hat das Joint Distribution Committee für eine Besserung der LebenSbebtngungen der jüdischen Bürger und für ein besseres Einvernehmen zwischen den Bürgern jüdischen Glaubens und denen anderen Glaubens gewirkt- auch hier versuchen wir eS — und ich denke mit Erfolg — den jüdischen Bauern und ihren nichtjüdischen Nachbarn gleichzeitig zu helfen. Unsere Traktoren haben auch die Felder der benachbarten nichtjüdischen Bauern ge. pflügt, unsere Apotheken standen Juden und Christen gletcherweise zur Verfügung. Während wir daS Land durchreisten, wurden wir von benachbarten Dörfern ge. beten, ihnen mit Stecklingen für Wetngartenpflanzunaen und durch leihweise Ueberlassung unserer tiefpflttgenden Maschinen auszuhelfen.' gerne kommen wir stets solchen Ansuchen nach.
Ich sagte: Wir halfen diese Kolonien begründen: denn ohne die außerordentliche Unterstützung der Regierung, ohne den dargebotenen guten Boden und die andere wertvolle Hilfe, würden wir dieses Werk nicht vollbracht haben könne«. Mir find nicht in der Lage, dem Neu-Siedler die harte Zeit der Pionierarbeit zu ersparen, da er den ersten Herbstanbau vollziehen' und ohne Dach über dem Haupte aus den Stop, peln oder in einem ansgehöhlten Baumstamm nächtigen utufr. aber wir haben eS in -er Hand, ihn vor falschen Schritten und Methoden zu bewahren, die ihm Enttäuschung bringen würben. Wir wählen für ihn den Boden, wir legen ihm den Grundstein zum Haus und belehren thu, wie er es anzustellen hat, um sein HauS fertig zu bringen: wir versehen ihn rechtzeitig mit dem nötigen Material und lassen ihn durch beste Agronome unterweisen.
Von unseren 189 Kolonien haben mir 40 in Augenschein genommen, die vor zwei Jahren errichteten Kolonien entwickeln sich vrvgrammgemäß, die Felder sind in ausgezeichneter Verfassung, bio Häuser unter Dach. Umzäunungen und Dämme find errichtet, neben dem Hausvieh ist bereits Jungvieh zn sehen. Unter den vor drei Jahren Auge, siedelten fanden wir Hunderte in komfortabel errichteten und eingerichteten Häusern, die freudig die Ernten ein. bringen, ihren Viehstand vermehren und bereits die ihnen vorgestreckten Summen der kooperativen DarlehnSkassett zurückzahlen. Sie sind bereits im sicheren Hasen.
Wir hoffen daß diese Bemühungen auf einer er. weiterten Basis fortgeführt werden. Wir werden ver» suchen, unsere Brüder drüben dazu zu bringen, ihr edel, wütiges Interesse dem Werke weiter zu bewahren. Ferner hoffen wir. daß zahlreiche Familien in Rußland selbst nun. mehr — da das Kolonisationswerk über daS Stadium de- Experiments hinaus ist — die nötigen Mittel aufbrtngen werden, um in die gleichen Fußtapfen zu treten und sich wie dem Lande, das sie lieben, zu helfen. Und selbstverständlich vertrauen wir darauf, baß die Regierung ihrerseits ihre bisherigen glänzenden Bemühungen auf größerer Basis alS bisher fvrtsetzen wir-, da nur in diesem Falle daS Kolv. nisationswerk einen wirklichen Einfluß auf daS Land, auf dessen wirtschaftliche Lage, auch auf die der jüdischen Be» völkerung, auSüben wird.
Moskau. 28. Mai. sJTA.) Herr JameS Becker, der einstige Leiter des Joint-WerkS in Europa, der zusammen mit Herrn Felix M. Warburg die jüdischen Kolonien besucht hat, sandte beute das folgende Telegramm an den Leiter des United Jewish Appeal David A. Brown und den Vizepräsidenten des American Joint Dietribiition Committee. James N. Rosenberg:
Obwohl wir den mündlichen und schriftlichen Berichten unserer Vertreter, die daS KolvnisationSwerk leiten, aufmerksam gefolgt sivd. haben wir erst jetzt einen rechten Eindruck von der Größe und dem Geiste dieses Werkes gewonnen. Wir haben die Arbeit in allen drei Kolonisationsdistrikten gesehen und mehr alS 40 von unseren 180 Kolonien besucht. Im Oktober werden eS schon 180 Kolonien sein. Wir sahen Siedlungen in allen Stadien der Entwicklung. angefangen von den in diesem Frühjahr begründeten bis zu jenen, die bereits ihr drittes Jahr hinter sich haben. Wir verfügen über fünf tätige geschäftliche und technisch^ Organisationen, die die unerfahrenen Stadtbewohner empfangen, sie belehren und im landwirtschaftlichen Betrieb unterweisen, ihnen Häuser bauen. Weingärten anlegen. - Felder bebauen. Molkereien errichten und kooperative Bauernbanken bearünden Helsen. Unsere Organisationen bleiben mit den Siedlern so lange in Kontakt, bis sie un- abhängige Bauern geworden sind. Es ist dies der große historische Augenblick, da wir noch mehr Boden erlangen und fortfahreu können, deklassierte, beschäftigungslose, entmutigte Menschen zu unabhängigen Bauern auf eigenem Grund und Boden zu machen. So kühn diese Behauptung klingt, so ist sie nichtsdestoweniger sehr akkurat. Von den Summen, die uns zur Verfügung stehen, bängt die Zahl der- genigen ab denen wir helfen können. Wir können die absolute Notwendigkeit, die eingegangenen Verpflichtungen amerikanischer Spender zu realisieren, nicht stark genug betonen. Unverzüglich müssen uns die Summen zur Verfügung gestellt werden, die uns in die Lage versetzen, unser Programm zu verwirklichen und unser Werk zn vollenden.
Jüdische Bevölkerungsstagen.
Don Herbert Phil i ppsthal.
Bevölkerungsfragen stehen seit Jahrtausenden bei den Kulturvölkern zur Erörterung. Es fei an bas altjüdische Schrifttum an Lykurg und Solon im alten Hellas und an die umfangreiche Ehegesetzgebung im römischen Weltvcich erinnert (lex Julia de maritandis ordinibus, lex Papi* Poppaea ete.i.Doch Rom ging zugrunde, wie auch vorher Babylonier. Ässyrer, Meder, Perser usw. aus der Geschichte verschwanden, weil aus dem Lande hohen BevölkerungS- bruckes Fremde kamen und von dem Lande niedrigen B-e-
*•**««* t««»mumm«*!*«*
Versammlungskalender
Gerltn-Norden.
Liberale Synagoge Norden (im Auerbachfcken Waisen» haus, Schönhauser Allee 162): Gottesdienst: Fieiiag. den 27. Mai, abends 7.13 Uhr. Predigt: Rabbiner Dr. Salo- monfti. Sonnabend, den 28. Mai. vormittags 10 Uhr.
■BafifiBsaHSBssfia&fiMfiB&BBaBBBaaK
völkerungsdriickeS Besitz nahmen. Nur Chinesen und Juden haben bekanntlich die Jahrtausende überlebt. Die Jude» erhielten sich allein ihrer Religion wegen. Der Rasse kommt bet der Vermischung der Nationen eine geringere Beden- tung zu als der Religion. Die Geschichte erbringt den Be- weis. Die semitischen Phönizier sind z. B. nur noch dem Namen nach bekannt, weil sie Heiden waren und so unter den heidnischen Völkern dev Altertum-, wo sie wirkten und schafften, aufgehen konnten.
Der vieltausendjährigen jüdischen Geschichte entspricht eine äußerst mannigfaltige Entwicklung. Man kann sie zahlenmäßig verfolgen vom Auszug aus Aegypten Wer die griechisch und arabische Kulturepoche bis in unsere Zeit. Noch niemals haben soviel Inden ans der Erbe gelebt wie heutigen Tages (1028 =14,9 Millionen jüdische Seelen). Das Bild nimmt eine andere Gestalt an, wenn wir ein- zelne Länder einer Betrachtung unterziehen.
Die sozialen Verhältnisse der Inden in Deutschland Häven sich t» den letzten Jahrzehnden sehr ungünstig ent- wickelt. AlS Beispiel fei Preußen angeführt, wetl hier die meisten deutschen Juden wohnen. Solange die Lebend- gebürten bei den Juden auf 1.000 Israeliten 80 und mehr betrugen, konnten sie (ich natürlich vermehren, doch seit dem Jahr« 1880 trifft dies nicht mehr zu. Nachdem die Ziffer im Jahre 1000 letztmalig 20,7 erreichte, bewegt sie sich ständig unter 20. WaS bedeutet dies? Grotjahn, der bekannte Sozialhygieniker an der Berliner Universität, sei wörtlich zitiert: „Es empfiehlt sich, züm vollen Verständnis der Tragweite dieser Zahlen sich darüber Rechenschaft abzu- legen, was die Zahl von 20 Leverrdaeboreneri als Geburtenziffer für ein Volk bedeutet. Da bet den Völkern Mitteleuropas die durchschnittliche Lebensdauer in den letzten Jahren vor dem Kriege ungefähr 50 Jahre betrug, io würden bei einer stationär gedachten Bevölkerung 30 Todes» fälle auf das Taufend der Einwohner kommen und somit 30 Lebendgeburten zu ihrem Ersatz bedürfen, d. h. eine Geburtenziffer von 20 bedeutet nichts mehr und nichts weniger als die Zahl, unter die eine Bevölkerung von normaler Alterßklastenbesetzung nicht sinken darf, wenn sie sich nicht vermindern soll. Die Zahl der Lebendgeburten darf nicht aus die Dauer unter 20 aus das Tausend sinken, wenn nicht „die Erhaltung der DolkSzahl in Frage gestellt sein soll." Sv erklären sich die Ziffern über die jüdische Bevölkerungszahl nach der letzten Volkszählung.
1 .
13. 1010
Bayern Israeliten 54 777
in %
0,8
Hellen
Israeliten
34009
in % 1,9
16.
6. 1025
49163
0,7
20 401
1,8
1 .
12. 1010
Baden Israeliten 28 896
in %
1,3
Württemberg
Israeliten
11082
in % 4,9
16.
6. 1925
24 064
1,0
10825
4,2
Für Preußen liegen noch immer keine Endergebnisse der Bevölkerung nach Konfessionen vor, doch bürsten auch in diesem Lande die Verhältnisse nicht günstiger fein als über- all sonst in Deutschland. Die Geburten unter- btlanz betrug in der Zeit von 1018—1010 allein 17 800 jüdische Seelen! Typisch ist die Situation für Berlin. Auf 1000 Israeliten kamen im Jahre 1922 11,2; 1928 11,5; 1934 sogar nur 11,1 Geburten. In 10 Prozent der Ehen kommt nur noch ein dritte- Stint» zur Welt, Fünstgeborene kamen nur noch in jeder 80. jüdischen Ehe vor. Bet der Hälfte der Berliner Bevölkerung jüdischen Glaubens ist daS Ginkinbersystem durchgeführt, Set der knapp übrigen Hälfte finden sich noch zwei Kinder vor. Der Unterschied zwischen der Zahl der Etnkinderehen und Zweikinderchen ist also wie 100:50, bet den Zweirinderehen zu den Drei« ktnderehen eher wie IM: 38. Die Zahl der kinderreichen Familien ist fast belanglos (Siche den interessanten Aufsatz von Dr. Felix A. Tbeilhaber in der „Zeitschrift für Demographie und Statistik der Juden". L. Jahrg.» 1. Halbs. 1026, Heft Nr. 4-0, Seite 48 ff.).
Die Verhältnisse in bevölkerungspolitischer Hinsicht unter den deutschen Juden haben sich, wie die Ausführungen beweisen, in den letzten Jahrzehnten so zngespitzt, daß eS notwendig ist, nicht allein zu dem Problem Stellung zu nchmen, sondern auch passende Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Das neue oldenburgische Judengesetz.
Bon Rechtsanwalt Dr. Charta.
Wir bringen den folgenden instruktiven Artikel des Geschäftsführers des Preußische« Landesverbandes jüdischer Gemeinden gern zum Abdruck, ohne seinen Ausführungen in den Etnzelfragen (z. B. Stellung des Landes- rabbtnerS, ZwangSverbanb) zustimmen zn können. Unsere Ansicht zur Gestaltung des zukünftigen vreußischen Judenrechts haben wir hier bereits vor dem letzten BerbandStag des Preußischen Landesverbandes (vgl. Nr. IS vom 28. März b. I.) ausführlich klavgelegt.
Die Redaktion.
AlS am 28. März d. I. der Verbandstag des Preußischen LandeSverbanbeS jüdischer Gemeinden in langer Beratung sich mit dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die jüdische Religionsgemeinschaft in Preußen, beschäftigte, ahnte wohl niemand, daß am gleichen Tage ein anderes Judengesetz ausgeferttgt würde, das die Rechtsverhältnisse der jüdischen Religio nSgesellschaft im Freistaat Oldenburg regelt. DaS Gesetz nennt sich bescheiden „Gesetz für den LandeStetl Oldenburg vom 28. März 1927. betreffend die Berechttaumg der jüdischen ReltgionSgeseNchaft im LandeStetl Oldenburg, zur Erhebung von Steuern". ES ist im olden- buraischen Gesetzblatt von 1037, Seite 71 ff. veröffentlicht.
Mit Rücksicht auf die bekannten Meinungsverschiedenheiten im Preußischen Landesverband ist die Feststellung von Wichtigkeit, daß der 8 1 dieses Gesetze- eiven Zwangs- verband aller oldenburgischen jüdischen Gemeinden sestletzt. Nach 8 2 sind nicht nur die einzelnen Gemeinden, sondern auch ihre Zusammenfassung in der „Jüdischen Landed- gemeinde" Körperschaften deS öffentlichen Rechts. Weitschauend sieht der 8 S die Möglichkeit vor. sich mit anderen jüdischen Religionsgesellschaften innerhalb des Deutschen Reiches zur Erfüllung gemeinsamer Ausgaben zusammenzu- schließen. Damit ist dem Beitritt OldenbuvgS zum kommenden Reichsverband, wenigstens staatsrechtlich, der Weg geebnet.
Im 8 0 Abs. 8 befindet sich die außerordentlich wichtige Bestimmung, daß jeder Angehörige einer Synagogev- gemeinde zugleich Angehöriger der Landesgemeinde ist. Welche Bedeutung dies für die Stärkung der Macht der Landesgemeinde hat. bedarf keiner weiteren Worte.
Das Gesetz gibt dann im 8 9 und 10 gewisse grund
legende Vorschriften für den Haushalt sowohl der Landes- gemeinde al- auch der Synagogengemeinde. Indem dort bestimmte Ausgaben gesetzlich sestgelegt sind, werden gleich, zeitig die Verpflichtungen der beiden Körperschaften näher umschrieben. Dabet ist erwähnenswert, daß nach 8 11 auch „Kosten von Maßnahmen zur Förderung des Judentums» der jüdischen Anstalten und Einrichtungen im allgemei. n c n" in den Haushaltsplan ausgenommen werden dürfen.
Die Vorschriften über vaS Stenerwefen sind von vorzüg- licher Klarheit und Eindeutigkeit. Man wird es besonders begrüßen, daß der Rechtsweg gemäß 8 18 des Gesetzes bis an daS OberverwaltuwgSgericht führt, dessen Zuständigkeit zur Entscheidung einzelner Streitfragen im Gesetz genau an« gegeben ist. An dieser Stelle sei gleich bemerkt, daß das OvetverwaltungSgericht auch Über Wahlrechtsfragen in letzter Instanz entscheidet.
Auf Grund diese- neuen Gesetzes hat dann der jüdische LandeSgemeinderat in Oldenburg eine „Gemeindeordnung für die Synagogerigemelnden und die Landes-gemeinben der jüdischen ReltgtonsgeseUchast im LandeSteil Oldenburg erlassen. Diese Gemetndeordnung ist vom Ministerium der Kirchen und Schulen genehmigt und im Gesetzblatt veröffentlicht. Sie trägt die Unterschrift deS Landesrabbiners Dr. de Haas. In ihr werden zunächst die in obigem Gesetz enthaltenen staatsrechtlichen Bestimmungen wiederholt. sodann aber werden die da- Staatögesetz nicht angehenden Einzelheiten über die Ausgestaltung der Landesgemeinde und der Synagogen- gemeinden festgesetzt. Aus dieser Gemetndeordnung ist, folgendes beachtenswert:
Der Ausschluß vom Stimmrecht in der Gemeinde findet nicht nur aus den allbekannten Gründen, die wir aus anderen Gesetzen kennen, statt, sondern auch nach 8 18 bei Personen, „die durch Religionsverachtung oder unehrbaren Lebenswandel öffentliches Aergernts geben und deswegen vom Synagogememeinoerat des Stimmrechtes verlustig erklärt sind". <
Nach 8 20 bedürfen eine ganze Anzahl von Gegenständen einer zweiten Lesung im Synagogengemeinderat. Auch diese Tatsache ist zu begrüßen. Denn sie legt damit ktrchengeseü- lich fest, daß verschiedene wichtige Angelegenheiten nicht, wie eS anderSwo der Fall sein kann, nach einer langen er. müdenden Sitzung durch Zufallsmehrheiten erledigt werden können. Zwilchen der ersten und zweiten Lesung mutz eine Frist von mindestens einer Woche liegen.
Den Erfahrungen vieler Gemeinden entsprechend, gibt die oldenburgische Gemeinbeordnung für die Synagogen» gemeinden hinsichtlich der Besteuerung nicht nur ein Zu- schlagSrecht zur ReichSetnkommensteuer. sondern auch zur Reichsvermögenssteuer. DaS Steuerversahren ist im übrigen nach dem Vorbilde der RetchSabgabenordnung geregelt. Als außerordentlich wohltuend wirb man es empfinden, daß jeder Steuerpflichtige seine Veranlagung nicht auf irgendeinem dürftigen Zettel mttgeteilt erhält, sondern daß ein regel. rechter Steuerbescheid ergehen mutz, für dessen Zustellung auf die 88 70—7L der Reichsavgabenordnung Bezug genommen wird. Daß die Steuern im Berwaltungszwangs. verfahren beigetrieben werden können, ist selbstverständlich. Diese Art der Einziehung wird aber auch auf die übrigen Gebühren der Gemeinden ausgedehnt. Man wird also die
a * und SchächtgebÜhren. wenn sie nicht freiwillig gezahlt en, zwangsweise beitreiben können.
Die Verwaltung der jüdischen Landesgemeinde wird durch den LandeSgemeinderat ausgeübt. An dessen Spitze steht kraft Gesetzes der Landesrabbiner. Damit Übernimmt auch das jüdische Kirchenrecht, wenigstens im Freistaate Oldenburg, den katholischen Grundsatz, daß der Geistliche den Vorrang vor den Laten hat. Im ttbrmen besteht der LandeSgemeinderat aus den Vorstehern sämtlicher Snn- agogengvmeinden und auS Abgeordneten, die ichn. 'Rn Angehörigen jeder Syttüaogengemcinde nach dem ältest'Reichs- tagSwahlrecht, also nicht dem Wege der Verhältniswahl, gewählt werden.
lieber den Landesrabbtner, der übrigens der einzig« Rav. biuer in Oldenburg ist. enthält die Gemeinbeordnung ein. gehende Vorschriften. Das oldenburgische ZtvttstaatSdlener. gesctz wird auf ton sinngemäß angewendet. Das Gesetz vet. gißt nicht auch die Vorschriften des Gesetzes der evange. llschen Landeskirche, betreffend die Dtsziplinarbeftrafung der Kirchenbeamten für entsprechend anwendbar zu erklären. Nur daS Disziplinargericht ist anders zusammengesetzt. ES besteht: ^
a) auS einem Bor sitzenden, der die Befähigung zum Rtchkeramk besitzen muß:
b) aus zwei Rabbinern, einer anderen womöglich benach.
barten jüdischen Religionsgesellschaft,' o) einem Mitglied« des LandesauSschustes (d. h. aus der vom LandeSgemeinderat zu wählenden engeren Ver- tretung): <
d) aus drei Mitgliedern des Landesgemeinderats.
Nährend so daS Gesetz die Rechtsverhältnisse des Landes. rabbinerS umfassend regelt, ist den Reugionsleyrern. Gor. betern und Schächtern nur ein Paragraph gewidmet. Be. denkltch erscheint, daß jeder Religio nslehrer zugleich das Amt des BorbeterS und Schächters wahrnehmen muß.
Auf die Mitteilung weiterer Einzelheiten mutz hier ver. zichtet werden. Zusammensassend bars man feststellen, daß die Rechtsverhältnisse der jüdischen Religionsgemeinschaft in Oldenburg modern und zweckmäßig geordnet sind. Dabet darf man nicht verkennen, dah auch schon das frühere Recht in Oldenburg großzügiger als anderswo sich der jüdische» Religionsgemeinschaft angenommen hat. Der Staat hat sich stets von unwürdiger Bevormundung ferngehalten, hat auf der anderen Seite dem Judentum ein würdiges Berwal. tungsrecht gegeben und in der Gestalt deS LandesrabbtnerS eine die jüdischen Belange aufs beste vertretende Persönlich, keit geschaffen. Schon oben wurde anaedeutet. daß die Lehrerfrage vielleicht nickt glücklich gelöst ist. Das mag aber mit den örtlichen Berhälmisien znfammenhängen. wenngleich dieser Umstand keine Gntschuldigunq sein soll. Bei den Vor. arbeiten für daS neue preußische Judengesetz wird man die oldenburgische Gesetzgebung zur Vergleichung nicht ganz außer acht lasten dürfen.
Kleine Zeitglossen.
Morgenröte.
Eine- der sensationellsten Ereigniffe dieses Jahres ist sicher der Kampf deS Vatikans gegen die Action franpaise. Die katholische Kirche hat aus ihrem streitbaren Charakter niemals ein Geheimnis gemacht. Während aber bisher nur ihre G e g n e r ein Lied davon zu singen wußten, richtet sich in diesem Falle die Schärfe ihres Schwerts gegen eine Partei, die in Frankreich geradezu als der politische Weg. bahner des katholischen Klerikalismus galt. Daneben verfocht sie allerdings auch national-chauvinistische und antirepublikantsche Ziele. Daß dabei auch anti- semitische Schlagworte nicht verschmäht wurden, versteht sich beinahe von selbst. Und nun ist über diese Partei nichts Geringeres als der Kirchenbann verhängt worden, eine Maßregelung, die sonst nur gegen erklärte Feinde oder entlarvte Widersacher der katholischen Kirche gerichtet wurde, ist diesmal dazu bestimmt, den fanatischen Eifer klerikaler Chauvinisten zu lähmen.
Selbstverständlich denkt der Vatikan nicht daran, irgend jemandem Hindernsise in den Weg zu legen, von dem er sich ein« wirksame Vertretung seiner Interessen versprechen darf. Gerade deshalb ist seine Abkehr von den Methoden