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״Jüdische Bolksstimme".
Nr. 44.
Eine historische Skizze zur Be- leuchtung des Büttmärchens.
Von Rabbiner S. F r c i f c 1 i), Straßnitz.
Der sogenannte große Mordprozeß mit rituellem Anstrich, welcher. Schrecken-und Grauen um sich bcr verbreitend, die ganze zivilisierte Welt seit Wochen in Atem hält, hat selbstredend auch mich aus meiner Re- scrvc herausgcsordcrt. Die ersten Zeitungsnachrichten, von dieser überaus komplizierten Prozcßvcrhandlung ließen mich zwischen den Zeilen stammende ״Frage- zcichcn" erkennet die vermutlich jedem Kulturmenschen sich von selbst ausdrängcn dürften. Auf welche Weise fei das Märchen der Blutinfamie entstanden? lautet die gewichtige Frage, welche in ein tragikomisches Licht gestellt, denselben Sinn zu habe» scheint, wie jene naive Frage des einfältigen Schülers, der ebenso wißbegierig ivic teilnahmsvoll seinen Lehrer fragte, woran das Tote Meer eigentlich gestorben sei? Doch die crsrcrc Frage ist leider vermöge ihrer traurigen Aktualität bei lvci- tem ernsterer Natur und verdient, historisch einiger- maßen erörtert zu werden. Ich schreibe absichtlich das Won ״historisch", da ״cs gibt
kein Neues unter der Sonne". Spion im Jahre 62, der üblichen Zeitrechnung, war um kein Haar besser oder schlechter, als Wcrhowai, Jstöcy, Rohling, Stacker usw. Apion hat in dem Worte ״Sabbath", welches zur Be- dcutung des Ruhetages gebraucht wird, eine» Zusam- incnhang init dem äghptischcn Worte ״Sabo" finden wollen, welches eine epidemische .Krankheit bedeutet, die den alleinigen Grund angegeben haben soll, aus welchem die Juden bei ihrem Auszüge aus Aegypten überhaupt ruhen mußten. Andere Angriffe lauteten: Das Mosaische Gesetz lehre ״Lieblosigkeit" gegen Fremde. Empörend und lächerlich ist der Vorwurs Apions gegen die Ju- den, als verehrten sic einen ״Esel" als Gott und mäste- ten jährlich einen ״Griechen", um ihn dann zu vcrzch- reu. Der Philosoph Posidonius hat uns ursprünglich diesen ״Esel" angcdichtct. Ein junger Zeitgenosse des Posidonius namens Apollonius trug viel zur Bcrbrci- tiliig dieser Lüge bei Josephus Flavius bemerkt ganz richtig: Gesetzt, cs wäre dies keine Lüge, sondern Wahr- heit, so käme cs doch dem Apio», dem Manne aus dem Acghptcrlandc, wo der ״Ticrdicnst" zu Hause ist, am ׳ allerwenigsten und am allerletzten zu, sich darüber in Spott zu ergehen. Rach den von Posidonius ausgc- sprengten Lügen, soll nun der Tcmpclräubcr Antiochus Epiphancs, als er im Allcrhciligstcn nach Schätzen suchte, auch einen goldenen Eselskopf gefunden haben. Ei» anderer Bericht des Tacitus aber führt uns dieser ״Esclssagc" noch näher auf die Spur. Er berichtet: Als Jerusalem durch Pompejus erobert wurde, drang er in de» Tempel ein, um die Geheimnisse der jüdischen Re- ligio» kennen zu lernen. Er fand jedoch keinerlei Bild i» demselben, sondern nur einen ״goldenen Wcinstock" Weil» wir nur noch in Betracht ziehen, daß ״oinos" im Griechischen ״Wein" und ״onos" Esel bedeuten und daß ebenso im Chaldcischcn das Wort zur Be-
zeickinung dieser beiden Begriffe gebraucht tvird, so lvird es klar, wie aus dem goldenen ״Wcinslock" ein goldc »er ״Esclskops" geworden ist. Aber Epiphancs soll ja neben dem Esel auch einen gemästeten Griechen, der sür die Juden zum Cpserschmaus auscrschcn war, vorge- sunden haben. Diese Fabel ist die Quelle der von Zeit zu Zeit auftauchcnden schändlichen Lüge, daß die Ju- den Ehristenblut nötig hätten. Die Christen selbst hatten i»> sinsicrc» Mittelalter unter dieser lügenhaften Be- schuldigung sehr viel zu leiden. Diese Fabel vom ge- mästeten Griechen ist aber durchaus nicht semitisch, son- der» indogermanisch, und wurde nur auf Juden und Christen boshaft übertrage».
Ei» jüdisches Waiscnutädchen im Hause Tisza.
Von einem Beweis seltener Hcrzensgütc berichtet ״Pilag": Die vermögenslose Waise Rosa Schlacker aus Großwardcin war im vergangenen Jahre unentgeltlich in das Budapester Elisabcth-Mädcktencrziehungsinstitui ausgenommen worden, erhielt aber zu Anfang dieses
Schuljahres die Mitteilung, daß für sie kein Freiplatz mehr zur Verfügung stehe, weshalb sic nicht aufgcnom- men werden könne. In ihrer Not wandte sich das Mäd- chcn an den Vizepräsidenten der Nationalen Arbcits- Partei, Josef Tclcgdi; sie erhielt bald darauf einen Brief, in welchem cs hieß: ״Wir sind gerade jetzt in die Burg gezogen, wo cs ohnehin viele unbewohnte Räume gibt; kommen Sic zu uns, wir werden Sie mit allem versehen, und Sic werden die Schule besuchen können, und zwar nicht allein, denn wir haben bereits einen Schützling in Ihrem Alter, der dieselbe Schule besucht. Kommen Sic nur, wir sehen Sic gerne. — Grä- sin Tisza." — Das überraschte Mädchen antwortete, es hoffe bei Freunden Unterkunft zu finden und bemerkte hierbei, Ihre Exzellenz wisic wohl nicht, daß die Bitt- stcllcrin eine Jüdin sei. Diesmal traf ein eigcnhändi- gcs Schreiben des Grafen Stephan Tisza ein, in wel- chem es heißt: Ich kenne Ihre Angelegenheit, Sic sollen nicht ohne Hilfe bleiben. Auch ich bitte Sic, das An- gebot meiner Frau anzunchmcn. Sie müssen lvisscn, liebes Fräulein, daß wir unser Leben lang nie Rasten- oder konsestioncllc Unterschiede gekannt haben. Wir haben immer nur den Menschen gesehen und hoffen, daß auch Sic uns ein liebwerter Gast sein werden." Jetzt folgte Rosa Schlacker der Einladung und ist seither ein Hausgcnostc im Palais des Ministerpräsidenten.
Belgrad, Bukarest, Varna, Konstantniopel, Eski, chehir, Stemm, Ercgli, Adana, Alcrandrette, Aleppo, Homs, Beirut, Jaffa, Jerusalem, Gaza, El-Arisch. Port-Said, Hcliopolis, Kairo und Alexandrien.
Einem Gerücht zufolge hatte die ungarische Negierung den Flug zwischen Budapest und Bel- grad untersagt, so daß aus der. europäischen trecke vielleicht Aenderungen notwendig wer- den, anderseits aber zeigt die französische Ne- gicrung großes Interesse an der Sache, und auf der Strecke Beirut—Port Said soll sogar ein französischer Kreuzer den Flieger begleiten. All- ßerdem wohnten Vertreter des französischen aus- wärtigen Amtes dem Start bei, und die sran- zösischcn ,Konsulate der berührten Levanteplätzc haben sür Bcnzinvorräte usw. Vorsorge getros- sen. Zweifellos ist die Veranstaltung hiernach sehr dazu angetan, das französische Prestige p steigern, besonders auch, weil die Reise ja Punkte berührt, wo die Franzosen soeben erst bedeutende wirtschaftliche Erfolge eingeheiinst haben.
nr Harn! Johnsto» über die Zukunst Syriens.
Jur Verlage von Smith, Elder and Co. in London ist soeben unter dem Titel ״Coimnon cnsc in Foreign Policy" ein aussehenerregen- des Luch von dem bekannten englischen Sozial- reformer und völkerrechtlichen Schriftsteller Sir Harry Johnston erschienen. Der Verfasser läßt die wichtigsten Probleme der internationalen Po- litik unserer Tage Revue passieren, erörtert im einzelnen die vielfach incinandcrgreifcndcn In- tercssen- und Einflußsphären der verschiedenen europäischen Mächte in den der Kultur erschlösse- neu Gebieten Asiens und Afrikas und kommt im Verlause seiner Ausführungen auch auf die zukünftige Gestaltung der politischen Verhält- nisse in Syrien und Palästina zu sprechen. Sir Harry Johnston ist der Ansicht, daß die vernün- tigsle Lösung ibc5 .,syrischen Problems" ein Wirt- schaftlichcs Protektorat Frankreichs über Nord- syrien wäre, das sich über Tamaskus, die Liba- nonprovinz, Palmyra usw. erstrecken würde, während im Süden, in Judäa und Midian, im Sinne der zionistischen Bewegung ein jüdisches Gemeinwesen geschaffen werden sollte, in dem namentlich die unter unerträglichen Bcdingun gen lebenden osteuropäischen Juden eine gesi chcrte Heimstätte finden könnten. Die hochbegabte jüdische Rasse würde sicherlich aus Palästina ein ״Belgien des Ostens" machen, und — führ Harry Johnston weiter aus — keine europäische Macht ist an der Bildung eines solchen ״morgen- ländischen Belgiens" inehr interessiert, als Großbritannien, namentlich im Hinblick aus das benachbarte Aegypten einerseits und die im Nordostcn bis nach Indien hin sich erstreckende britische Einflußzone anderseits.
1913 Wochenkalender 5674.
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סזק־ל
Barmizwah.
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Tic erste Flugmaschinc in Palästina.
Ju diesen Tagen - - wenn alles gut geht — bekommen die Einwohner mehrerer palästincu- sischer Städte zum ersten Male Gelegenheit, eine Flugmaschine zu sehen und noch dazu aus einem Teile der längsten Luftrcise, die bisher im Acro- plan unternommen wurde.
Ter Flieger Tautourt hat es unternommen, mit einem Herrn Henri Rour als Passagier, von Paris nach Kairo zu fliegen. Er verfolgt dabei eine Landroute, die einen großen Teil der türki- scheu .Küstengebiete berührt. Tie Reise geht wie folgt: Paris, Schafshausen, Wien, Budapest,
Agudas Jisrocl-Jugcndgruppc Frankfurt a. M.
Zu einer machtvollen Kundgebung der ge- setzcstreucn Jugend Frankfurts gestaltete sich die voll der Frankfurter Jugcndgruppe der Agudas Jisroel einberufene Versammlung, in der als erster Referent Herr Nabbiiler Tr. Cohn, Basel (Mitglied des Provisorischen Komitees der A. I.) über die Notwendigkeit der Agudas Jisroel sprach. Nach einer weiteren Ansprache von Herrn Professor Adolf Wcyl ergriff der Präsident des provisorischen Komitees der A. I., Herr Jakob Roscnheim, das Wort und gab in begeisterten Worten ein Bild von der Entwicklung der Orga- nisation. Unter stürmischem, nicht endenwollen- den Beifall, verkündete er die wichtigsten Be- schlüsse der gestrigen, in Frankfurt stattgefun- denen Komitcesitzung: Tie Einberufung einer großen Jugcndkonfereilz nach Frankfurt, die Entsendung einer aus Mitgliedern des Provi- sorischen .Komitees bestehenden Delegation nach Amerika und schließlich unter brausenden Hoch- rufen, daß der erste Kongreß der A. I. für den Sommer 15114 einbcrufen werde. Als letzter Red- ncr sprach der Vorsitzende der Frankfurter Orts- gruppe, Herr Tirektor Tr. Lange, und forderte die jungen Freunde der A. I. auf, sich inner- halb der Jugendgruppen sür die großen Aufga- den der A. I. heranzubilden.
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