Seite 10.
״Jüdische Bolksstimme."
Nr. 44.
k
t
4
ן
ו
i
1
j
1
i
)nciiicitc- gelungen in, die Schlacken vom Golde zu schei- Le« und uns edles Melall zu neben. Viel lwinflcr aber Inr; iidi die posilivc Leistung auf dem crkcnntnis-rhcore- ti'ckien. äslbclisckc» und religiösen Gebiete vollzogen.
In die Religion ist außer dem Erhabenen viel luvtbologischcs Zeug hineingckoinmen, in der Acsthctil das Sck'öubeilsmaß austerachl gelassen worden und in der Erleuuiu'sibeorie bat sich keine Absteckung der Er- tenutnisgrenzcu des Menschen vollzogen.
Aber vieles babcn wir dadurch geivonucu, das; >vir uns der Vogelschau bedient haben, wodurch der Ebaisidismus ״ich! als Teile, sondern als Strömung, ivie die Piouiauiit, .«,tlassizismus uilv. betrachtet ivurde.
Wir baben uns bemüht, dem EhasfidismuS all- ׳eilig gcrech! zu werden und baben uns lvcder auf die Teile der Veruuglimpser, noch aus die der Bewunderer des EbassidismuS geüelll.
Wir bofsen daher, uns dadurch der Objektivität am lneincn gennberi zu haben und !venu nicht die ganze Wahrbeil, so doch einen Teil derselben in dieser Ttudic ausgesprochen zu babcn.
Tianislau, i׳n Augun lillli. W. Menkes.
Brauchen die Juden
Christenblut? ?
Nach Religion. Geschichte und christlichen Zeug- nissen beantworter von Prof. Tr. Adolf Kurrem.
Preis 60 Heller.
Zu beziehen durch, die Administration d. Blattes
Literatur.
Alfred Madernv: ״Das Haus am Himmel", Karl Reißuer. Dresden.
Teil :>!. H. Banicki seine berauschenden, in Darben- <;n!1 geiallchlen ülomaue der dcnlschcn Literatur ge- set'enti bal, ivimmel! es von bilderreichen Büchern, die sia> :liomane ueuucu und eigentlich Ihrischc Ergüsse über die Tchöiibeiten Wiens oder seiner Umgebung sind. Unier ihnen verdient das Buch Madernos. dieser belle Lovgesang aus den Wiener Wald, besonders hervor- gehoben zu iverden, denn es entbehrt nicht einer ver- bindenden Fabel, die aus dem Leben der bodensläudi- gen Bevölkerung schlicbl und geradlinig hcrvorwächjt. Wenn die Gestalren und die Gesckiebnist'e, im Grunde alliiiglicki und schabloneubnst, ilk ii ;11 iebr idealisiert,
1011׳ leuiUeloniili'eben Tlilübungen überrankt lvä-
rcn, so könnte man ״Das Haus am Himmel" als eine wirlsamc volkstümliche Geschichte geniesten. In der Be- schränkung zeigt sich erst der Bteisler, möchte man allen Dichtern znrufcn, die sich an Sprachvcrschönerung und Naturbegeisterung nicht genug tun können. Daß cs im Roma» aber in erster Lrnic aus die Eharaktcre und die Idee, um nicht zu sagen, das Problem ankommt, weih gclvist auch Maderiw, lvas die kräftigen Ansätze zur Aufreizung der gesellschaftlichen Schichtung Wiens bc- weisen. Tr. M. Sch.
Illustrierte Klassiker des deutschen Theaters. Nach Inszenierungen von Max Reinhardt. Verlag Wilhelm Borngrabcr, Berlin.
Tas neue Tchauspicl ist im allgemeinen weniger dramalisch und soll uns vor allem eine Idee vertreten, soll mehr oder weniger belehren. Es mühte geradezu eine Erfrischung sein, wieder einmal ein Shakespeare- sches Träma oder vielleicht auch eines aus der klassisch griechischen Zeit ausgcsührt zu sehen. Und doch schla- gen die meisten dieser Versuche fehl. Nur selten gelingt es der Schauspielkunst, den Mangel der Regie zu ver- decken. Tic erhabensten Szenen iverden durch die allzu grasten Ansprüche, die ' unsere Illusionsfähigkeit sicllt, gestört. Ta greis! nun Reinhardt mit seiner 1110־ Lernen Bühnentechnik und den erlesensten Schauspiel- kräftcn ein und ruft eine neue Richtung ins Lebe». Er wirkt in den klassischen, griechische» Dramen durch das Machtvolle der Inszenierung und die getragene Sprache der Hosfmannsthalschcn Ucbttsetzuug. In den Dramen Shakespeares, in Tolstois ״Lebender Leichnam", in den modernen Schauspielen Hauptmanns und Wedekinds zwingt uns die vorteilhafte Verwendung aller tcchni- scheu Aitlel, die ihm zu Gebote stehen, nicht minder Bewunderung ab, als die durchgeistigte Auffassung. Künstler ivie Basserman», Moissi, Wcgcner, Etzsoldt ma- chcn das Ensemble zu dem ersten des Kontinents. Ihre Äussassung, ihre Mimii und Sprache sind vorbildlich. Man sucht ihre Eigenart zu erfassen und zu verlegen. Gastspiele in Grostslädten vermehren den Ruf des Thea- ters; sie babcn sich st>»s eines ausverkaustcn Hauses und der besten Kritik zu erfreuen.
Ter obengenannte Verlag gibt nun in rascher Auf- cinundersolge die Dramen aus dem Repertoire des lliciilhardlsckeu Theaters heraus und unterstützt die Vor- zöge dieser vornehmen Ansgabe vor allem dadurch, dah er photographische Ausnahmen der prägnantesten St:!- len ausnimmi. Dadurch wird die Erinnerung an be- rcits gesehene Stücke wieder lvachgerufcn und auch für die, die noch leine Gelegenheit batten, einer Ausführung beizuivobnen. die Äussassung erleichtert.
Bisher erschienen: Hamlet, Heinrich der Vierte, Erste und Zweite, Sommcrnachtstraum, Romeo und Julia, Der lebende Leichnam.
Der Zauberer von London.
0 llhr morgens. Vor dem Fenster steht energisch und in Grau gehüllt ein alter Mann. Sein Blick ist ernst, ernst seine Absicht; cs fehlt nicht viel, um uns durch sein Aussehen abzuschrecken und in die Flucht zu treiben. Verlieren wir aber nicht gleich den Mut und nahen uns ein bißchen freundlich. Dann will cr's uns gern vergelten. Er bleibt weiter ernst, aber er er- schließt uns !ein Herz, gewährt uns einen Blick in sein Innenleben.
Lauschet nun! Leise beginnt's zu jubeln und zu zwitschern, fröhliche Stimmen scheinen von Jugend und Frühling und Freude zu singen und dort — was ist's? scheint etwas blumenähnlich; es sind seine verborge- neu schönen Gedanken. Und über seinem Haupte ist ein großer, feuriger Ball, sein Ideal, dem er gern sein Ich zu opfern bereit ist. —
Und nun ist dieser Mann uns nicht mehr so fremd, er ist uns näher gekommen, ist fast unser Freund ge- ivorden und nennt seinen Namen ganz gern. Er heißt Nebel und ist ein Zauberer. Tenn die lieben, jubeln- den Säuger werden, obwohl ganz nahe von uns, un- sichtbar; ivcnn er naht, die Blumen im Garten vor dem Fenster stehen wie dich! verschleierte. Feenkindcr, die den Anblick irdischer Geschöpfe nicht zu vertragen scheinen und die Sonne sicht sanfter aus, so daß man ihr fest ins Auge schauen kann.
Der Zauberer Nebel scheint von seinem Werke aber nickt viel Freude zu haben. Er hat wohl sein Bestes versucht, aber die Menschen, die sich so weise dünken, sie tadeln und schmähen sein Wollen und Kön- neu, und deshalb steht er wohl so ernst da mit der er»- steil Absicht, jedem, der sich freundlich naht, die schönen Seiten seines Seelenlebens zu offenbaren.
Hochzeiten.
Passende Brautgebetbücher in feinster Aus- führung, Tallessim in Seide und Wolle, sowie alle für ein jüdisch-s Haus notwen- digen Ritualien empfiehlt
Jüdischer Buch- u. Kunstverlag, Brünn
Adlergaffe Nr. 9.
05 . Leo Pinsker.
Autoemanzipation.
Ausderim Jüd. Huch- u. Kunstverbg erschienenen B oschüre. Preis S5 Heller.
Das uralte Problem der Judentrage setzt wie vor Zeiten so auch iieute noch die Gemüter in Erregung. Ungelöst, wie die Quadratur des Zirkels, bleibt es, gleich dieser, immer noch die brennende Frage des Tages. Der Grund hierfür liegt darin, daß jenes Problem kein bloß theoretisches Inter- esse darbietet, sondern sich im wirklich e n Le b e n gleich- sam von 'l ag zu Tag verjüngt und immer gebieterischer zur Entscheidung hindrängt.
Nach unserer Auffassung bestellt der Kernpunkt des Pro- blems im folgenden:
Die Juden bilden im Schoße der Völker, unter denen sie leben, tatsächlich ein heterogenes Element, welches von keiner Nation assimiliert zu werden vermag, demgemäß auch von keiner Nation gut vertragen werden kann.
Die Aufgabe bestellt nun darin, ein Mittel zu finden, durch welches jenes exklusive Element dem Völkerverbande derart angepaßt werde, daß der Judenfrage der Boden für immer entzogen sei.
Wir können hierbei natürlich nicht an die Herstellung einer absoluten Harmonie denken. Eine solche bat wohl auch unter den übrigen Völkern niemals bestanden. Jener Messiastag, an v elcliem die ..Internationale“ verschwinden und die Nationen in der Menschheit aufgehen werden, liegt noch in unsichtbarer Ferne. Bis dahin müssen die Wünsche und Ideale der Völker sich darauf beschränken, einen erträglichen modus vivendi zu schaffen.
Auf den ewigen Weltfrieden wird man noch lange warten müssen; bis dahin aber werden sich die Beziehungen der Na- tionen zueinander durch ein bedingtes Einvernehmen leidlich gut regulieren lassen — ein Einvernehmen, welches durch Völ- kerrccht, Verträge, besonders aber durch eine gewisse Eben- büi tigkeit der Stellung und der gegenseitigen Ansprüche sowie durch gegenseitige Achtung hergestellt wird.
In den Beziehungen der Völker zu den Juden ist eine solche Ebenbürtigkeit der Stellung nicht zu erkennen. Man vermißt hier die Grundlage jener gegenseitigen Achtung, welche durch Völkerrecht oder Verträge reguliert und gesichert
zu werden pflegt. Erst wenn diese Grundlage hergestellt sein wird, wenn die Ebenbürtigkeit der Juden mit den übrigen Na- tionen eine Tatsache geworden ist, kann das Problem der Judenfrage als gelöst betrachtet werden.
Leider ist eine solche Ebenbürtigkeit, die in einer längst vergessenen Vergangenheit als Realität existierte, erst wieder in einer so entfernten Zukunft zu erwarten, daß unter den jetzt- gen Verhältnissen das Einreihen des jüdischen Volkes in die Kategorie der anderen Völker illusorisch erscheint.
Es fehlen ihm hierzu die meisten jener Attribute, weiche notwendig zur Erkennung einer Nation dienen. Es fehlt ihm jenes ureigene Leben, das ohne gemeinsame Sprache und Sitte, ohne räumliche Zusammengehörigkeit nicht denkbar ist. Das jüdische Volk hat kein eigenes Vaterland, wenn auch viele Mutterländer; es hat kein Zentrum, keinen Schwerpunkt, keine eigene Regierung, keine Vertretung. Es ist überall anwesend und nirgends zu Hause. Die Nationen baben es n i e mit einer jüdischen Nation, sondern immer nur mit Juden zu tun. Eiir eine jüdische Nationalität fehlt es den Juden an einer ge- wissen, jeder andern Nation innewohnenden charakteristischen Volkstümlichkeit, welche durch das Zusammenwohnen auf einem Staatsgebiete bedingt ist. Diese Volkstümlichkeit konnte sich natürlicherweise in der Zerstreuung nicht heraus- bilden. Vielmehr scheint bei den Juden jede Erinnerung an die einstige gemeinsame Heimat vernichtet zu sein. Dank ihrer leichten Anpassungsfähigkeit haben sie nur umso leichter sich die ihnen nicht angeborenen Eigentümlichkeiten derjenigen Völ- ker angeeignet, unter die das Schicksal sie geworfen. Nicht selten haben sie sogar, ihren Schutzgebern zuliebe, sich ihrer traditionellen Originalität gänzlich entäußert. Sie haben sich gewisse kosmopolitische Tendenzen angeeignet oder ein- geredet, welche ebensoweng andern Zusagen als ihnen selbst genügen konnten.
Indem sie sich mit andern Völkern zu amalgamieren such- ten, haben sie sich gewissermaßen mutwillig ihrer eigenen Na- tionalität begeben. Nirgends aber haben sie es durchgesetzt, daß sie von ihren Mitbürgern als ebenbürtige Eingeborene aner- kannt worden wären.
Was jedoch die Juden am meisten von der Erstrebung einer eigenen nationalen Existenz zurückhält, ist der Umstand, daß sie nach einer solchen Existenz kein Bedürfnis fühlen. Ja, sie fühlen nicht nur kein Bedürfnis darnach, sondern leugnen sogar die Berechtigung eines solchen Bedürfnisses.
Fortsetzung folgt.
?5f.f
mm
&