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Der jüdische Ärfceitef

Nr. 9

. Vereins-Bourgeoisie, einer Gesellschaft, die durch ihren Haß gegen den arbeitssuchenden jüdischen Pro­letarier, ihren Kampf gegen das arbeitende Palästina und ihrer elenden Angst vor dem jüdischen Revolu­tionär jedes Anrecht auf die Vertretung jüdischer Rechte und jüdischer Interessen vor der Welt längst verwirkt haben müßte. Aus einer wirklich keits-

" feindlichen und falschen palästiuozentriscUen Haltung heraus negiert der allgemeine Zionismus wichtige Oa- luthprobleme, oder behandelt sie en passant, dem Zwang der jüdischen Wirklichkeit mehr nachgebend als sich in die Wirklichkeit einfügend und diese ge­staltend. Mit welch kargen Worten begnügte sich der bürgerliche Zionismus bei der Besprechung, mehr zu sagen, wäre Uebertreibung, bei der Besprechung also der Reichstagswahlen, der Pürstenabfindung und anderen Oaluthfragen!

Und wie steht es mit der Haltung des bürger­lichen deutschen Zionismus der palästinensischen Ar­beiterschaft gegenüber? Genoß der deutsche Zionis­mus nicht den Ruf, arbeiterfreundlich zu sein? Ge­hörten nicht viele seiner Führer der demokratischen Arbeiterpartei Hapoel Hazair an?

Heute steht der deutsche Zionismus eindeutig in dem anderen Lager. Unter dem Einfluß von an amerikanischen .Wirtschaftsmethoden geschulten Ka­pitalisten wie Schocken setzte der deutsche bürger­liche Zionismus seine Ehre drein, auf dem Rücken der palästinensischen Arbeiterschaft zukonsolidie­ren". Der deutsche bürgerliche Zionismus war es, der Herrn Sacher und Miss Szold in den Sattel half.

Daß der Znsammenstoß zwischen den Wirt­schaf tsinteressen zionistischer Gruppen- verschiedener sozialen Schichten unvermeidlich sein würde, war von jeher eines der Axiome der Poale-Zion-Bewegung. Auch' Blumenfeld ist es auf seiner letzten Palästina­reise nicht entgangen, daß die Klassendifferenzierung im Zionismus immer größere Fortschritte macht, und die Lage jener Intellektuellen, die einst vonVolks­gemeinschaft" und Vermeidung des ach so ungemüt­lichen' Klassenkampfes geträumt hatten, wird' immer unhaltbarer. Aber welche Konsequenzen zieht der bürgerliche Zionismus hieraus? Wieder einmal gar keine. Er übersieht geflissentlich wie in hundert an­deren Dingen die Wirklichkeit, deren Klärung längst als Erbe des Zionismus dem Poale-Zionismus zuge­fallen ist.

Jedoch, wir wollen nicht ungerecht sein. Waren nicht Anzeichen von Selbsterkenntnis, von Selbstkritik auch beim bürgerlichen Zionismus zu bemerken? Zur Ueberrascluipo- des bürgerlichen Zionismus brachten die Wahlen zum 15. Zionistenkougreß ein. starkes Anwachsen der Flügelparteien, des Misrachi und der Poale-Zion. Den Poale-Zion gelang es, ein Viertel aller deutschen Mandate zu erobern. Wie ist die Niederlage desLinken Zentrums" zu erklären? Sind Blumenfeld, Rosenblüth und Bileski nicht bekannter als die Füh­rer der Poale-Zion? Hat dasLinke Zentrum" in der Jüdischen Rundschau" nicht ein verbreitetes Organ? Kann derJüdische Arbeiter", das Organ der Poale- Zion, an Einfluß mit derRundschau" verglichen wer­den? Wir alle wissen, Presse ist Macht.

Und wenn trotzdem weite Kreise des deutschen Zionismus für die Poale-Zion votiert haben, so zeigt uns das, daß, die finanzielle Macht nicht alles ist/ daß die moralische Macht der Poale-Zion relativ grö­ßer war. Es war eine größere Wirklichkeitsnähe der Poale-Zion zu den Jnteressen der jüdischen Massen da, das fühlten die Wähler. Während das Linke Zentrum in kleinen Kabeleien mit einer ebenbürtigen Opposition", bestehend aus Revisionisten und Radi­kalen, aufging, übersah es wieder einmal, daß, die Poale-Zion und der Misrachi immer mehr an Ein­fluß gewannen.

Und so legten sich doch einigeallgemeine" Zionisten die Frage vor, was ist schuld an unserem Verlust? Alfred Landsberg versuchte eine Erklärung zu finden. Poale-Zion und Misrachi sind weltanschau­liche Parteien, das ist ihre Stärke. Auch der bürger­liche Zionismus muß weltanschaulich verfestigt wer­den. * Die Suche nach dieser bürgerlichen Welt­anschauung wird, fürchten wir, vergebens sein. Die gibt es nicht. Fiat doch der allgemeine Zionismus bis heute kein eigenes Kulturprogramm. In der Ideologie hat der allgemeine Zionismus ständig vor dem Misrachi kapituliert. Klatzkih, einer der wenigen entschiedenen Anhänger des Säkularisiernngsgedan- kens, ist heftig umstritten.

So werden wohl viele, die im Zionismus jene Bewegung sehen, die berufen ist, die Interessen der jüdischen proletarischen Massen und des jüdischen Einzelnen zu vertreten, und die an der jüdischen Wirklichkeit weder aus bürgerlicher Klasseninteressen- gebundenheit, noch aus nationaler Romantik vorbei­zugehen gewillt sind, diesem deutschen Zionismus kritisch gegenüberstehen. Fritz Fraenkel.

Zahlet den Schekel!

Die Schekelaktion hat auch in Oesterreich bereits begonnen. Wir machen unsere Genossen auf die Wichtigkeit dieser Aktion besonders aufmerksam. Von der Zahl der Schkalim, die heuer und im näch­sten Jahre abgesetzt werden, hängt die Zahl der Dele­gierten, die Oesterreich zum nächsten Zionistenkou­greß entsenden wird, ab. Der nächste Kongreß wird über schicksalsschwere Fragen zu entscheiden haben. Die jüdische Arbeiterschaft in Palästina erwartet, daß wir sie in dem bevorstehenden Kampfe auf dem Zionistenkongresse unterstützen werden. Ist es doch auch unser Kampf, der Kampf um Inhalt und Auf­gabe des Zionismus überhaupt.

Der Schekel sichert uns die Möglichkeit der Be­einflussung des Zionistenkongresses, deshalb

! 1 zahlet den Schekel!

*

In Wien erteilt das Sekretariat am Montag von 8 bis 9 Uhr abends Auskunft in Angelegenheiten der Schekel-Aktion.

Die Krise in der zionistischen Partei in Amerika.

Seit Wochen tobt in Amerika ein Kampf inner­halb der zionistischen Partei. Wir sind bereits an Kämpfe unter den Zionisten Amerikas gewöhnt, aber diesmal ist der Charakter des Kampfes ein besonders heftiger, die Erbitterung auf beiden Seiten sehr groß.

Was will eigentlich die Opposition?

Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten, weil die Opposition kein einheitliches Gebilde darstellt. Sie vereinigt in sich Brandeisisten, Revisionisten, An­hänger der Sonderbestrebungen derFlaclassa" und sonstige persönliche Gegner Lipskys und seines An­hanges. Weil die Opposition solch heterogene Ele­mente in sich beherbergt, erscheint es uns ausge­schlossen, daß ihr Kampf befruchtend wirken könnte. Die Konferenz der Opposition in Washington bewies auch, daß nur der persönliche Kampf gegen Lipskv die heterogenen Elemente zusammenhält. Kann an dieser Opposition der Zionismus in Amerika genesen? Wir möchten diese Frage beantworten mit den Wor­ten des Sohnes des ländlichen Schankwirtes, der die Freude seiner Kollegen über das Ableben desBe- h'elfers" .nicht teilen wollte, da er meinte: Was haben wir davon? Wenn derBehelfer" tot ist, wird ein anderer an seine Stelle kommen, wenn derSidur" sterben könnte ... -

Zu Dekorationszwecken wurde zwar in der Kon­ferenz der Opposition auch Kritik an demSidur", an der Politik der amerikanischen Zionisten, geübt. So sagte z. B. Herr Seidin u. a.:Amerika hat heuer das Palästinabudget um 500.000 Dollar ge­kürzt. Weshalb? Das Geld war doch vorhanden, Ueber 400.000 Dollars gab man derZion Commen- welth", einer privaten Spekiilationsgesellschaft; 100.000 Dollars gab man der Zeitschrift ^,New Pale- stine", hier ist ja der fehlende Betrag."

Er meinte auch, daß man zehntausende Dollars für miuderwichtige Zwecke ausgegeben hat, während man demSolel-Boneh" die 25.000 Dollars, die er zu seiner Erhaltung benötigte, verweigert hat.

Diese au sich berechtigte Kritik kann deshalb nicht ernst genommen werden, weil führende Männer der Opposition nicht weniger als die Leute um Lipsky für diese Taten unmittelbar verantwortlich 1 sind.

Am Zionismus in Amerika rächt sich jetzt --- wie Genosse Locker auf dem Parteitage in Brünn richtig ausführte die bisjetzige ideen- und inhalts­

lose Tätigkeit der zionistischen Partei, die sich aus­schließlich auf das Geldsammeln beschränkte. Zionis-' mus setzt die geistige Eroberung der Mitarbeiter und I Förderer voraus. Das hat die zionistische Leitung | bis jetzt nicht beachtet. Hier müßte eine kräftige, befruchtende Opposition einsetzen.

Unsere Bruderpartei in Amerika steht, angesichts I der gegenwärtigen Lage im Zionismus ihres Landes, f vor sehr schweren Aufgaben. Es ist für das Aufbau­werk in Palästina von großer Bedeutung, daß die I zionistische Partei in Amerika leistungsfähig sei, daß sich in ihr der Geist des arbeitenden Palästinas durch­setze. Zu diesem Zwecke müßten die jüdischen Massen j des Landes mobilisiert werden. Das kann im gegen­wärtigen Augenblicke nur unsere Bruderpartei tun.

M. S.

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Die Vorfälle in der Konferenz] für das arbeitende Palästina in I Warschau.

Die Konferenz für das arbeitende Palästina., die vor einigen Wochen in Warschau stal l fand, ist durch einen unglückseligen inneren Streit zu einein Debakel geworden. Wir haben, bis jetzt v.n den Vorfällen in Warschau .nicht Stellung genommen, weil wir zunächst die Darstellungen der Ereignisse seitens aller Teilnehmer abwarten wollten. Da das bereits geschehen ist, wollen wir zu diesen sehr betrübenden Vorfällen Stellung nehmen.

Die Konferenz berechtigte zu den schönsten Hoffnun­gen. Es wurden gegen 100 Delegierte von nahezu 120.000 Wählern entsendet. Seit Jahren Jia.t eine Aktion für Palä­stina ein ähnliches Interesse in Polen nicht hervorgerufen. Die Mehrheit der Delegierten zählte sich zu unserer V,c- wcgung. Aber gerade du« erregte Unwillen der ,,11'iti i'hitli" (,,llapocl Hazair"). Durch verschiedene! Mätzchen haben, sie versucht, die Einberufung der Konferenz zu hintertreiben. Als ihnen das mißlang, haben sie mit einer regerrec.hteu Sabotage eingesetzt. Sie haben die Sabotage so weit getrieben, daß sie anläßlich der Begrüßung der Vertreter derHistadruth" und auf der Konferenz selbst eine Auseinandersetzung über Jiddisch-Hebräisch' herauf­beschworen, haben, die zum Verhängnis für die .Konferenz wurde. Dieses um-erautworlliehe Treiben wurde leider vom Mitgliccle desHapoel Hazair" (Schurer), der der Dele­gation derHistadruth" angehörte, unterstützt. Ein Mit­glied unserer Bruderpartic (Malkin) ließ sich in der Hitze des Gefechtes zu einer Taktlosigkeit hinreißen, er erklärte sich bareit, Abbitte zu tun.

Allein die 'Vertreter derllitaehduth" ließen, nji locker, sie haben systematisch' jeden Versuch einer Bei­legung der strittigen .Fülle verhindert.

D i e j ü d i s c h e A r b e i t e r s c h n. f t i u V a. 1 ä s t i u a m ii ß i h r U r t e i 1 ü !> e r d a s Ve r h' a. 11 e n d e r Seh ä d- linge der Sache des arbeitenden Palästina, f ä 11 e u. E s i s t c in V e r b r e c h e n, w e n u ra a. n d i es er e rüsten Zeit eine »s o wi c Ii t i g e A k t i o n f ü r s o 1 c Ii e k 1 e i n 1 i o h' e r A w ecke m i ß b r a u c h t.

Auf Grund der ersten unklaren .Berichte h'a.t mau im Dawar" und imKuntrejLV' Angriffe gegen unsere llrmler- partei in Holen gerichtet. ImKuntrejIJ" sind die Tatsachen wohl richtiggestellt worden. Es wäre Pflicht jener Genossen, die die Angriffe erhoben haben, dieselben zurückzuziehen. Unsere (! enos.se n in Polen haben bei der Einberufum.;- der Konferenz ihr volles Verständnis für die Bedürfnisse des arbeitenden Palästina bewiesen, sie halben -mit bewunderns­werter Ausdauer die Provokationen der ,,llit ichdiith ' er tragen. Die Angriffe aus dem eigenen Lager bilden einen Akt- der Ungerechtigkeit. Das muß recht bald wieder gut gemacht werden.

DieHistadruth" muß hier exemplarisch vorgehen, damit die Provokationen, desHapoel lla.zah.'" in Polen nicht Schule machen sollen. L. K.

Nach den deutschen Reichstags­wahlen.

Die Wahlen am 20. Mai haben mit einem großen Siege der proletarischen Parteien geendet. Die Sozial­demokratie geht außerordentlich gestärkt au ihre Ar­beit, und auch die Kommunisten haben von den Wahlen sehr stark profitiert. Starke Teile des Klein­bürgertums, die das letzte Mal deutschnational ge­wählt hatten, haben diesmal für die Sozialdemokratie ihre Stimme abgegeben. Es besteht darüber kein Zweifel, daß dieser Sieg der oppositionellen Haltung der Sozialdemokratie den. reaktionären Maßnahmen der Rechtsregierimg gegenüber zuzuschreiben ist. Die Zollerhöhungen, die Unzufriedenheit der Arbeiter­schaft mit dem Schlichtungswesen, die mangelnde Fürsorge für die Arbeitslosen, Invaliden, Rentner, Sparer und Kriegsbeschädigten, die Klassenjustizskan­dale (Maas, Magdeburg, Jakubowski, Max Hölz usw.), die unsauberen Machenschaften der Reichswehrbeh'ör-