1927
Nr. 88, 4. XL 1927
JUEDISCHE RUNDSCHAU
Seite 023
listischc igetiden 1gft der gen, da :n Volk ?reicher en ver- igungen för die ein, die obwohl aß sehr 1en und 1 wurde fegen !als hat es Maß cekutlve *iedlung längerer finitiven en sind, griechi- einigen lat, und nit den . Dieser wendet Weisls, henland xilungs- :chische !enleben :trachtet unhalt- iit nicht Koioni- ch kein : immer :nn sich :en und rozentig lern für reifelios Er wird ■ ameri- größten :h Ame- )ekannt- dessen nn, zu hat, die enthu- lomm is-
>m mu- n Jubi- Ixekutiv- on eine Arbeiter- tage die ozialisti- werden, :ignisses ith, daß an nach auungen en muß.
Die ungelöste Schulfrage
Bericht unseres Korrespondenten.
b, Jerusalem, 28. Oktober.
Neben der Frage der Arbeitslosen Ist die Aufgabe der Neuorganisierung der Schulen auf Grundlage der vom Kongreß beschlossenen Budgetkürzung das dringendste Problem, das der neuen Exekutive gestellt ist und eine sofortige Lösung ver- langt. Der Kongreß hat das Schulbudget, das im Vorjahre £ 74000 betragen hatte, auf £ 53 000 herabgesetzt. Es war klar, daß diese Kürzung eine vollständige Umorganisierung der Schulen zur Folge haben müßte. Der erste Schritt der F.xe- kutive war die — noch von Basel aus telegraphisch erfolgte — Kündigung (vielmehr Bestätigung der schon von der vorigen Exekutive ausgesprochenen Kündigung) von 142 Lehrern, die in den letzten zwei Jahren angestellt worden waren. Diese negative Maßnahme konnte natürlich nicht genügen. Es war notwendig, daß die Exekutive sofort einen Plan ausarbeitete, auf welche Weise die Sparmaßnahmen durchzuführen waren. Der Plan mußte sofort ausgearbeitet werden, damit die Schulen im Herbste rechtzeitig eröffnet werden können. Die neue Exekutive hätte mit einem von Fachmännern durch- gearbeiteten Abbauplan vor die ()Öffentlichkeit treten müssen und sich die Initiative in dieser Frage nicht nehmen lassen dürfen.
Ungliickseligerweisc hat die Exekutive dies unterlassen. MIß Szold, die Leiterin des Erziehungsdepartments, ist bis beute in Palästina nicht eingetroffen, der bisherige Referent Dr. Lurie hatte noch auf dem Kongreß, da er sich außer- stände sah, mit dem bewilligten Budget zu arbeiten, demissio- niert. Die entscheidenden Wochen verstrichen und nach Sukkoth wurden die Schulen nicht eröffnet. Unbestimmte Gerüchte über die Schließung dieser oder jener Schule, Schließung der Kindergärten usw. verbreiteten sich. Die Eltern wußten nicht, was mit ihren Kindern geschehen wird.
Die Initiative ging nun auf die Lchrerorganisation selbst über, welche für die Woche nach Sukkoth eine all- gemeine Konferenz nach Jerusalem einberief. Nichts ist verständlicher, als daß die Lehrer nicht diejenige Instanz sein konnten, welche Vorschläge für die Schließung von Schulen ausarbeiten oder sich mit der Entlassung von 142 Kollegen einverstanden erklären könnte. Die Lehrer haben in den letzten Jahren schwere Opfer für die Erhaltung der zionistischen Schulen gebracht. Abgesehen davon, daß die Verzögerung der Gehaltszahlung um 3 bis 4 Monate zur Regel geworden war, haben die Lehrer durch ungezählte Ucber- stunden und durch freiwilligen Verzicht auf Gehaltserhöhungen Teile des Schulbudgets gedeckt. Ihnen ist natürlich jedes Stück der Arbeit teuer und sie widersetzen sich einem Abbau, wie ihn der Kongreß beschlossen hat.
Daß es aber gelingen wird, das Schulbudget auszubalan- eieren, ohne abzubauen, ist nicht zu erwarten. An einer Er- höhung der Einnahmen durch Beiträge des Jischub ist nicht zu denken. Diese Beiträge des Jischub sind in den letzten Jahren von £ 7000 auf £ 64 000 gestiegen, die von zirka 130 000 Juden, welche ihre Kinder in zionistische Schulen schicken, getragen werden. Es ist kaum zu erwarten, daß in den gegenwärtigen Zeitläuften der Befrag sich steigert. Schon hat Tci-Awiw beschlossen, den Schulbeitrag von £ 12500 auf £ 7000 herabzusetzen. Auch die Ica will ihren Beitrag herab- setzen, und die Eltern werden in diesem Augenblick kaum zu größeren Opfern zu haben sein. Dies um so weniger, als in den Städten viele Schulen der englisch-jüdischen und der französisch-jüdischen Propaganda bestehen, welche die Kinder aufzunehmen bereit sind. Dazu kommen in Jerusalem die christlichen Missionsschulen, in denen heule schon hunderte kleiner jüdischer Kinder aufgenommen und seelisch geschädigt werden.
Die Beteiligung der Regierung am zionistischen Schulbudget ist im letzten Jahre von £ 2500 auf t 20 000 erhöht worden. Die Regierung glaubt damit ein Maximum erreicht zu haben, denn ihr Beitrag entspricht der Perzent- zahl der jüdischen Bevölkerung. Dagegen wird vonsciten des Jischub argumentiert, daß der Regierungsbeitrag sich nicht nach dem Verhältnis der Einwohnerzahl, sondern nach dem Verhältnis der Schülerzahl zu richten habe. Man verweist darauf, daß die Regierung in England ihren Schulbeitrag an die Stadtverwaltungen nach der 'Schülerzahl der unterhaltenen Schulen richtet, also die kulturelle Höhe der Bevölkerung und das Bedürfnis nach Schulen in Rechnung zieht. Die Zahl der
jüdischen Schüler aber ist fast so groß wie die der arabischen. Vielleicht wird es durch ständigen Druck auf die _ Regierung gelingen, die Beteiligung der Regierung am zionistischen Schulbudget noch weiter zu erhöhen, aber diese Hoffnung bc- deutet keine Lösung der brennenden Frage von heute, ebenso- wenig als die Hoffnung auf die Organisierung jüdischer Ge- meinden auf Grund des eben erlassenen Gemeindegesetzes und die Erhaltung der Schulen aus Steuern dieser Gemeinden.
Und so richten sich die Augen des Jischub wiederum auf den Keren Hajessod und die Exekutive. Die öffentliche Meinung Palästinas hat sozusagen die vom Kongreß be- schlossenen Budgetkürzungen nicht zur Kenntnis genommen und so sehen wir die sonderbare Erscheinung, daß seit dem Kongresse in der Presse täglich Artikel erscheinen, welche beweisen, daß jeder einzelne Budgetposten absolut unhaltbar sei und erhöht werden müsse. Woher diese Erhöhung gedeckt werden soll, weiß niemand, aber man beruft sich darauf, daß ja auch das gekürzte Budget nicht gedeckt sei. Kurz, man fordert die Fortsetzung der Defizitwirtschaft, welche der letzte Kongreß beseitigen wollte. Konsolidierung wird in Palästina nur noch in Anführungsstrichen geschrieben, und gilt als Extrem der bösen Gesinnung.
Daß die Lehrer in dieser Hinsicht eine Ausnahme machen würden, war nicht zu erwarten. Die von der Konferenz an- genommene Resolution greift den Kongreß und die Exekutive an, weil sie ״kurzsichtig“ von ״Männern der Praxis und der Ziffern“ beraten ließen. Kein Wort der Erkenntnis der Tat- sache, daß es sich um eine fatale Notwendigkeit handelt, deren Vollstrecker zu sein die neue Exekutive den Mut hat. Auch hier wiederum wie in dem ganzen gehässigen Kampfe, welcher in Palästina seit dem Kongreß gegen die Exekutive geführt wird, der Wunsch, sich in Illusionen zu wiegen als der Wirk- lichkeit ins Auge zu sehen.
Wie gesagt, ist es noch unbekannt, welchen Ausweg die Exekutive finden wird. Bialik hat an Miß Szold tele- graphiert imd vorgeschlagen, daß die Hadassah die Kindergärten übernehmen möge. Zur Stunde ist keine Antwort da. Der Waad Leumi hat gestern gemeinsam mit Delegierten der Lehrerkonferenz einen Vorschlag aus- gearbeitet, demzufolge das Budget um £ 13000 erhöht werden sollte, von denen £ 3000 die Lehrer (durch Verzicht auf Er- Höhungen ihrer Gehälter), £ 5000 der Jischub und £ 5000 die Exekutive übernehmen soll. Allein die Exekutive hat diesen Vorschlag n i c h t angenommen und so ist, während diese Zeilen geschrieben werden, noch kein Weg zur Lösung der Frage und zur Eröffnung der Schulen gefunden.
Landeskonferenz der Zionisten Ostgaiiziens
Lemberg, 1. November. (J. T. A.) Am 30. Oktober wurde in Lemberg die Landeskonferenz der Zionisten Ost- galiziens in Anwesenheit von mehr als 200 Delegierten aus allen Teilen des Landes mit einer Rede des Vorsitzenden des Landeskomitees, Dr. Leon Reich, eröffnet. Der Redner wies auf die Notwendigkeit hin, die Arbeit für Palästina angesichts der schweren Lage in diesem Lande zu verstärken und sprach sich gegen die Forderung der Opposition nach einer Trennung der Landespolitik von der Palästina-Arbeit aus. Die Oppo- s i t i o n zählt auf der Konferenz ungefähr SO Delegierte, die von dem Sejmdeputierten Frostig, Dr. In sie r und Senator R i n g e 1 geführt werden. Mit einer kleinen Mehrheit wurde der von Dr. Reich vorgeschlagene Dr. Schreiber zum Präsi- denten der Konferenz gewählt; das Resultat wird mit großer Unruhe aufgenommen. ln das Präsidium wurden noch gewählt Dr. Magnes, Stanislau, Reichmann, Przemysl, Dr. Mandel, Ravaruska, und Stup, Lemberg. Dr. Rotfeld erstattete den Bericht der Exekutive, Dr. Lehrer den Bericht der Komitees für Keren Hajessod und Keren Kajemeth.
Wie der ״Falestin“ berichtet, wurde der Bau des Zoll- gebäudes in Jaffa dem Unternehmer Gurowitz über- tragen. Die arabische Zeitung protestiert dagegen, daß die Bau- Vorschläge jüdischen Unternehmern übermittelt worden sind.
In der Siedlung Nachlath Jaakob sind jetzt etwa 100 Arbeiter beim Bau von Ställen und der Durchführung von Kanalisations arbeiten beschäftigt. Ein kleinerer Teil der Arbeiter wohnt bei den Kolonisten, ein weiterer in Zelten, während die übrigen sich von Haifa aus täglich zur Arbeit begeben. (Ziko.)
Aus den Tagen der ״Zionist Commission“
Von Dr. M. D. Eder.
Anläßlich des 10. Jahrestages der Balfour-Deklaration stellt uns Dr. Eder, der bekanntlich der ersten wäh- rend des Krieges nach Palästina entsandten ״Zionist Commission“ angehörte, die folgenden Tagebuch- blätter zur Verfügung.
19. September 1918.
In der Nacht vom 18. September 1918, etwa zwischen drei und vier, wurde ich von ungewöhnlich heftigem Kanonen- donner geweckt. General Allenby’s langerwarteter Vormarsch nach dem Norden hatte begonnen. Commandatore Bi an- c h i n i und ich sahen und hörten das Bombardement von einem Dach in Tel-Awiw aus. Seit einiger Zeit hatten sich Gerüchte verbreitet, daß die britische Armee demnächst vorrücken werde. Das waren jedoch militärische Geheimnisse, von denen ich nichts wußte und von denen ich mich bemühte nichts zu wissen, jedenfalls nichts zu erfragen. Gegen Mittag ver- breitete sich die Nachricht, daß die Australier Afuleh er- reicht hätten, damals nur ein historischer Name, heute für uns mit so ganz anderen Vorstellungen verbunden.
Es wurde uns beiden am nächsten Tage sehr schwer, Uns ruhig zu verhalten, als ob nichts Außergewöhnliches geschehe. Wir wollten wissen, was in unseren Siedlungen in Samaria, die alle in der Zone des Vorinarsrhs lagen, vor- ging. Wir bemühten uns vergeblich, mit dem politischen Offizier, General Clayton, in telephonische Verbindung zu treten. Da wir keine Antwort bekommen konnten, so fuhren wir beide — Bianchini und ich — nordwärts. An einem Straßenposten bei Nablus trafen wir Hauptmann B., der uns begrüßte und uns bat, die jüdischen Kolonien zu besuchen, wo noch große Aufregung und Nervosität herrschte, um die Siedler zu beruhigen. Wir trafen am späten Nachmittag in Sichron Jacob ein, das eben gerade von Hauptmann Alexander Aronson und seiner Ordonnanz eingenommen worden war. Es war die erste der neubefreiten Siedlungen, die wir besuchten, und in der darauf stattfindenden Sitzung des Waad verbrachten wir die nächsten Stunden mit einer aus- führliehen Darlegung der Ereignisse, die zur Balfour-Dekla- ration und zur Entsendung der Zionist Commission nach Palästina geführt hatten. Von Sichron Jacob ging cs weiter nach Chederah, wo wir ebenfalls mit dem Waad eine lange Sitzung abhielten, die sich durch die ganze Nacht hinzog. Wir blieben bis zum Morgen dort. Dann wandten wir uns wieder der Heerstraße zu, konnten aber zunächst nicht weiter nach Norden Vordringen und fuhren wieder nach Tel-Awiw zurück. Auf der Landstraße trafen wir mit General Clayton zusammen, der sich mit vollem Rechte darüber beklagte, daß wir das sichere Tel-Awiw ohne seine Zustimmung verlassen hätten. Ich glaube es war das einzige Mal, daß wir seine Mißbilligung erfuhren. Wenige Tage später waren viele der vertriebenen Flüchtlinge wieder in ihrer Heimat zurück.
Dann erging an uns der Ruf, nach T i b e r i a s zu kommen, wo die Cholera ausgebrochen war. Vor Tiberias schon wurden wir von einer trauervollen, dennoch aber frohen Schar jüdischer Einwohner empfangen. Eine ziemlich ernste Choleraepidemie war ausgebrochen. Bianchini, der mutige und verwegene See- mann, der später in so furchtbarer und sinnloser Weise er- mordet wurde, hatte nur eine Zivilistenangst — die An- steckungsfurcht, und es war mir sehr lieb, daß ich ihn auf eine Tour nach einigen der Kolonien in Galiläa entsenden konnte, während ich mich wieder vom Politiker in den Arzt verwandelte, ln aller Eile wurde unmittelbar vor der Stadt ein Krankenhaus eingerichtet; in Fräulein Goldmann, der Tochter des Begründers der Kolonie Poriah, fanden wir eine ungewöhnlich tüchtige Krankenhausleiterin und Kranken- Schwester. Mit ihrer Unterstützung und durch mehrmalige Anwendung der bekannten Roger’sehen Methode der Cholera- bekämpfung gelang e§ uns, viele der Erkrankten zu retten. Ich hatte inzwischen Telegramme an die Hadassah ge- sandt und sie ersucht, eine Sanitätsabteilung nach Tiberias zu entsenden; ferner an die Militärverwaltung, die ich bat, die Hadassahabteilung sofort durchzulassen. Zu meinem Erstaunen kam weder die Hadassahabteilung noch irgendeine Antwort. Ich fuhr zu Bianchini und wir beide kehrten dann wieder nach Jerusalem zurück. Unterwegs erfuhren wir, daß die Hadassah-Abteilung zurückgehalten worden war. Bianchini und
ilopädie,
: warme erwalter : diesem lehopen- Mensch 1 en, die, len sich :kis und
, letzten winzige einer in ;rdienst- r Band ;chienen enschaft idischen n seiner 1 . Mag arm an tuf, sich mögen ten. Er röffent- ich ihre tze, die verloren um ein -! n ihnen | ld wies ! iltigkeit < n hatte s ¬ז Welt, ■ Rungen . aufrüt- } eb ihm J ; ür euch I
zu tun gewillt seid, da ihr euch keine Gedanken über eure Unsterblichkeit macht, werde ich mich darum bemühen müssen. Zu entrinnen wird keinem gelingen. Tatsächlich stöberte Reisin alte Photographien auf, plagte sich ab, um eine chronologische Aufzählung der Werke oder Aufsätze des Säumigen zu geben. Vom Hörensagen, aus Zeitungsnotizen füllte er die biographi- sehen Lücken aus. Da alle Juden schließlich eine Mischpoche sind und jeder vom anderen genau Bescheid weiß, so stimmten die biographischen Daten und die wichtigsten Begebenheiten des persönlichen Lebens mit der Wirklichkeit überein. Nur was die Photographien anbetrifft, so erkannte sich mancher Schrift- steiler selbst nicht mehr. Dieser junge Herr da mit dem langen Bart gehörte einer fernen Vergangenheit an, als man noch über- mittig, hoffnungsvoll war. Nicht im geringsten erinnert dieser muntere Blick an den jetzigen Betrachter, der mir noch die Atmosphäre der Resignation kennt. Aber Reisin kann nichts dafür, er mußte, da man keine neue Photographie schickte mit einer Photographie der jungen übermütigen Jahre vorlieb- nehmen.
Nicht alle sind wie Reisin. Nicht immer bei einer Enzyklo- pädie wird man mit solcher Beharrlichkeit aufgefordert. Man muß ein wenig selbst dafür Sorge tragen, und nach Stärke der eigenen Bemühungen kann man eine ungefähre Vorstellung von der Tüchtigkeit des Betreffenden haben. So lese ich in dem ״Jüdischen Lexikon“ von dem Werdegang und den Leistungen des jüdischen Schriftstellers und betrachte auch die Photo- graphie, die auf der ihm gewidmeten Seite gebracht worden ist. Eine schöne Photographie, eine gelungene Pose. Er war nicht schlampig. Mir ist nicht bange für die Zukunft dieses Schriftstellers. Dagegen fehlt von einem Maler, der doch selbst Bilder macht, die Photographie. Ich zweifle, ob er es weit bringen wird, und die Nachlässigkeit, die er in diesem Falle bewiesen hat, kann nur symptomatisch sein.
Manchmal geschehen auf diesem Gebiet auch Ungerechtig- keiten. Zwei Schriftsteller, derselben literarischen Epoche an- gehörend, deren künstlerische Qualitäten ungefähr die gleichen ־,ind. Von einem wird ausführlich berichtet, von dem anderen kein ,Wort Wieso denn?. Der bekannte, leider zu früh ver
storbene jüdisch-russische Publizist Idelsohn sagte einmal, als er eine solche Ungleichheit bemerkte: Eine Enzyklopädie ist einem Ferienzug ähnlich; inan muß Glück haben; wer früh genug kommt, findet einen schönen Platz, die anderen bleiben draußen.
Die Joden in der Maierei
Im Verein für jüdische Geschichte und Literatur (Logenhaus, Kleiststr. 10) hielt Max Osborn ein halbes Jahr später als ursprünglich vorgesehen war, seinen damals durch Erkrankung ausgefallenen Vortrag; Die Juden in der Malerei.
Ausgehend von den Malereien in den jüdischen Katakomben Roms, mit einem kleinen Streifzug in die Zeit der Holzsyn- agogen und der mittelalterlichen illuminierten Handschriften, ein Thema, über das hier in anderem Zusammenhänge berichtet wurde, brachte Osborn durch Zusammenstellung des schlecht zugänglichen Materials über jüdische Maier bzw. Graphiker des 18, und 19. Jahrhunderts einen interessanten Einblick in die Auf- fassungen von Kulturzugehörigkeit, die damals in jüdischen Kreisen zu finden waren. Besonders dankenswert war die Ver- mittiung der selbst von der Schwarz-weifl-Reproduktion des Lichtbildes nicht zerstörten zarten, aber festfundierten Anmut der Bilder des ״Frankfurters“ Moritz Daniel Oppen- heim — bekannt durch seine Szenen aus dem jüdischen Fami- lienleben, u. a, Rückkehr aus den Freiheitskriegen. Diese Art ist Kunst in kultiviertem Genrestil und jüdisch nur dem Inhalt nach, immerhin aber bezeichnend für die allgemeine Tat- sache, daß in unfruchtbaren Zeiten die Bewahrung der äußeren Form spätere Entwicklungen beschützt. Und wertvoll ist auch die Erinnerung an die aus dem Osten eingewanderten jüdischen Künstler: Leopold Horowitz, Isidor Kaufmann und Samuel Hircsenberg, die ich im Rahmen des kurzen Referats nur nennen kann. Ihre Bilder, einst in zahlreichen Reproduktionen verbreitet, sind noch hier und da in jüdischem Besitz zu finden. Interessant war auch die Wiedererinnerung an den zu seiner Zeit sehr berühmten Führer der alten Düsset- dorfer Malerschule: Eduard Bendemann, den ״Felix Men- delssohn der Malerei“ so genannt wegen seiner Hinneigung zum melodisch Schönen. Kurz gesagt, der Nazarcnerschönhclt, zur Malerschule der Nazarener nat er auch gehört. Sein ״Jeremias auf den Trümmern Jerusalems“ und sein ebenfalls berühmt ge
wordenes Gemälde ״Die trauernden Juden“ stellen in der Selbst- Verleugnung aller jüdischen Art sicher einen Gipfel dar.
Bei Bendemann würde man nicht auf einen jüdischen Künstler raten; ebensowenig wie bei Hugo Krain. Und des- halb bedeutet Max O s b o r n s Feststellung, daß die jüdischen Maler dieser Zeit keine bahnbrechenden Füll rer waren, sondern bei aller Anerkennung, die sie fanden, nur die vorhandenen Mittel geschickt benutzten, für uns nichts Geringeres als eine Bestätigung. -- Erst die Mitte des 19. Jahrhunderts brachte die großen jüdischen Maler: Josef I sraels und seinen großen Schüler Liebermann. Die im Lichtbild gezeigte jüdische Hochzeit von Israels ist für das, was wir heute unter dem Auffangen jüdischen Lebens verstehen, allerdings noch reichlich kühl, auch nur jüdischer Inhalt, aber das Besondere jüdischer Geistigkeit kommt doch zum Vorschein, da beide Künstler groß sind als Persönlichkeiten. Max Osborn betonte als das Ge- meinsame dieser großen Künstler den kritisch auflösenden, also speziell jüdischen Geist. Von hier aus leitete er auch die be- sonders große Hinneigung her, die fast alle jüdischen Maler zum Impressionismus zog, in Frankreich Pissarro, in Deutschland Liebermann, Lesser U r y , Ernst O p p 1 e r , Spiro. Die im Lichtbild gezeigten Reproduktionen von Werken der modernen jüdischen Kunst gaben weniger ein Bild von der jüngsten wirklichen Renaissance gerade der jüdischen Malerei als von der mannigfach vertretenen jüdischen Geistigkeit auf dem internationalen Kunstmarkt. Chagall, Arthur S e g a 11, dieser in charakteristischen Farben und Kompositions- experlmenten und seiner hier schon beschriebenen entoptischen Plastik, ein Musikbild von Mopp, eine Graphik von M ei d n e r , Max Band, Hermann Struck, Budko, nur genannt und nicht gesondert von Abel Pamt, der eher in die Zeit des allerdings immer noch besseren Leopold Horowitz gehört, machten hier für den Kenner der jüdischen Ma- lerei das Fehlen aller charakteristischen Vertreter der wirklichen jüdischen Kunst besonders deutlich. Rybak, Jaukel Adler, Lazar Segal, Berdzynsky, Kulviansky und der junge Kirschenbaum waren nicht einmal genannt. Möglich, daß Max Osborn noch zweifelt und warten will, obwohl gerade er manchem neuen jüdischen Künstler das Geleitwort schrieb. Aber gerade die Gegenüberstellung dessen, was man bisher für jüdische Kunst hielt, und dis Leistungen der jüdischen Künstler, die ich nannte, zeigen, daß wir in der jüdischen Malerei auf dem Wege zu einer Renaissance sind. R.M.