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,Nr. 31.

alten Parsen ein überflüssiges Volk Juden werden verfolgt und gemartert, wie Parasiten zer­treten werden. So dachte, nein, so er­klärte össentlich der große Herder. Und wer cs nicht glauben mag, der schlage seine Ideen zur Philo­sophie der Geschichte nach und lese in diesem merkwürdigen Buche das Kapitel Juden.

Der Verfasser der allcmanischen Gedichte, Peter Hebel, bespöttelt Napoleon's gutes Ver­hältnis zu den Juden. Napoleon wäre der große Judenfreund, demi Napoleon rief das Syn- hedriou ein. Wer was verlangt Napoleon vom Syuhedrion? Die Vertreter (?) -des Juden­volkes sollten erklären, daß die Juden kein Volk mehr sind; denn auch der große Korse hielt die Juden für ein überflüssiges Volk. Der große Löwe rennt durch das Dickicht, und begegnet er dem Juden, so wird er ein Hund. So erging cs Napoleon. Daß man uns für überflüssige Men­schen hält und für ein überflüssiges Volk er­klärt, ist eine Dokumentiernng ihrer Schwäche. Wenn Herr Schulze mit Herrn Löwe nicht fertig werden kann, dann erklärt er:Herr Löwe, Sie -existieren für mich überhaupt nicht." Das ist, wem: auch nicht übermenschlich, doch menschlich. Zuweilen freilich auch unmenschlich. Wer daß man uns zuerst kopiert, bestiehlt und ausplündert und sich dann für die Erben und Herren unseres Gutes erklärt, um uns dann aufjuristischem" Wege auszuschalten, ist mehr als eine Dokumeu- tierung ihrer Schwäche. Und in dieser Bezieh­ung war kein Volk niederträchtiger, als die Eng­länder. Heinrich VII. und Jacob I. haben auf ihren Thronen mehr Psalmen gelispelt, als De­krete unterschrieben, und der englische Volksmann des 17. Jahrhunderts nannte sich selbstchild of the bible". Ja, die Engländer hielten sich für das auserwählte Volk im biblischen Sinne, die Jude» aber waren überflüssige Menschen und ein überflüssiges Volk. Und erst Oliver Crom- well hat nach vielen Unterhandlungen mit Me­nesse ben Israel den Juden, wenn auch nur als Individuen, Existenzberechtigung zuerkannt. Jeder, aber, der die englische Geschichte kennt, weiß, was die Engländer den Juden und ihrem Kultur- geistc verdanken. Der Einfluß der Bibel aus das englische Volk bildet ein besonderes Kapitel der WeUgeschichte, aber die Behandlung, die die Eng­länder den Juden haben angcdeihen lassen, bildet ein Kapitel jüdisches Martyriums.

So sieht cs aus, wenn wir als Juden den Periodenbau der Weltgeschichte und alles, was hinter und zwischen diesen Perioden liegt, be­trachten. Jede Periode der Weltgeschichte zeigt in dieser oder jener Form die Tendenz, das Juden­tum und seine Fortdauer aus dem Leben und der Geschichte zu eliminieren.

Pogrom-Juszemerimg in der Bukowina.

Unter den Druckschriften des österreichischen Abgeordnetenhauses ist eine Interpellation des- Abgeordneten Dr. Strauch er erschienen, die wir nachstehend gekürzt wiedergeben; sie lautet:

Mit der Reise des nunmehrigen Ministers Dr. Geßmann nach der Bukowina in: Februar 1907 hat die judenfeindliche Bewegung in diesem bislang ruhigen Lande große Dimensionen ange­nommen, uirt) seitdem der Herr Abgeordnete Dr. Geßmann Mitglied des Kabinetts geworden ist, sind organisierte judenfeindlichc Parteien in der Bukowina erstanden, welche unverkennbar unter der Patroimnz des genannten Herrn Ministers stehen. Die ofsizicllcu Organe der organisierten antisemitischen Parteien im Lande, die Organe des k. k. Rcgierungsrates und Landtagsabgcordnclen Josef Wildtmmm, des Reichsrats- und Landtags- abgrordueteu Dr. Wrel Ritter von Onciul und des Landesbankpräsidcntcn Dr. Florian Lupu, er­klären ausdrücklich, daß sie unter der Patro­nanz und werktätigen Förderung Seiner Exzel­lenz des Ministers Dr. Geßmann stehen. . . .

Als ein nur schwacher Beleg für diese jede gesetzliche Grenze überschreitende, in ihren Folgen

Fvlmrstlrter MrarlitkMS FmniltEatt.

unabsehbare, den bürgerlichen Frieden in hohem Grade gefährdende Agitation mag der folgende, in Nr. 44 der in Czernowitz erscheinenden deutsch-christlichsozialen ZeitungBukowinacr Volksblatt", vom Sonntag, den 12. Juli d. I., erschienene Artikel dienen.

Was sind die Juden?

(Belehrung für die christliche Landbevölkerung nach der Apararea Neamului").

Tob schebgoim harogh." Töte den besten unter den Christen. (Eine Stelle aus dem jüdi­schen Gesetz.)

Soll man sich gegen einen Feind mit Er­folg verteidigen können, muß man es sich zur Aufgabe machen, seine Art, seine Gewohnheiten vorerst gründlich zu studieren; insbesondere soll es jedem klar iverden, daß inan es mit einem Feinde zu tun hat, denn wehe dem, der einen Feind nicht erkennt, ihn imterschätzt oder gar für seinen Frcuird hält!

Ist der Feind, der dich bedroht, ein Wolf, so greifst du zum Gewehr, ladest dir ein paar Freunde ein und bringst nun in frischer, fröh­licher Hatz so viel Schädlinge zur Strecke, als du eben erreichen kannst; ist er ein Bär, dann nimmst du mit einem oder zwei Gefährten seine Spur auf, um nicht eher von ihr zu lassen, bis du das Raubtier gestellt und es mit sicherem Schuß und eventueller Nachhilfe des Jagdmessers in das Paradies dieser Bestien befördert hast, erleichternd aufatmend, daß du die Gegend ge­säubert und noch über heile Knochen zu verfügen hast; soll ein Fuchs unschädlich gemacht werden, so streust du ihm Gift am Eingang des Hühner­stalles oder bringst geschickt eine zuverlässige Falle an, die sicher zuschnappt, damit du am Morgen nicht nur seinen linken Handschuh darin findest; hast du cs mit einer Schlange zu tun, dann stöberst du sic mit einem tüchtigen Knüppel und hohen, festen Stiefeln beherzt in ihren: Verstecke auf, ihr dort mit einem, zwei wohlgczielten Schlä­gen den Schädel zertrümniernd; ist ein Hund wütend geworden, machst du seinen Leiden und deiner Gefahr rechtzeitig ein Ende, daß er nicht Unabsehbares auch in der Nachbarschaft her­aufbeschwört; Zimmerwanzen ist am besten mit heißem Wasser, Insektenpulver und diversen Tink­turen zn Leibe zu rücken; Läusen gegenüber hilft fleißiges Baden und in besonders hartnäckigen Fällen Mcrkurialsalbc kurz, nach der Art des Feindes wird man sich das Wwehrmittcl ciu- richten müssen, da man den Läusen nicht mit dem Pflock und dem Bär nicht mit der Zacherliu- spritze zu Leibe rücken kann.

Ter Feind, der dem Christen gefährlicher wird als alles hier aufgezählte, ist der Jude, gefährlicher deswegen, weil wir ihn: gegenüber noch nicht ganz gerüstet sind und weil der Kampf mit ihm zumeist ein Kampf mit unzulänglichen Mitteln ist, denn Wanzentinkturen gegen Wanzen und gezogene Läufe gegen Raubtiere sind längst in Anwendung, während wir erst eine Zacherlin­spritze gegen die Juden erfinden müssen.

Weim wir sie, allerdings noch immer gänz­lich unzureichend, mit irgend einer Gefahr ver­gleichen sollen, dann können wir sie höchstens noch zu einem alles verheerenden Heuschrcckcn- schwarm oder einer nicht einzudämmenden Feuers­gefahr in eine Parallele bringen.

Daß auch dieser Vergleich viel zu schwach diese Blutegel charakterisiert, erhellt daraus, daß sowohl Heuschrecke als Feuersbrunst nur die Früchte deiner Arbeit, während die Juden dir auch das Stückchen Erde, das dir geblieben, weg- eskamotieren, dir also nicht die kleinste Hoffnung auf eine bessere Zukunft lassend. Das sind die Intentionen dieser Blutegel, dahin gehen die Be­strebungen der schmachtlockigen Heuschrecken.

Du wirst also cinsehen, christliches Volk, daß Heuschrecke, Feuersbrunst, Pest keine größere Ge­fahr . für dich sind, denn sie lassen dir die Hoffimng auf eine bessere Zukunft, wenn nicht dies, so doch die Hoffnung auf ein besseres Jen­seits, während der Jude mft seinen Saugwarzcn wie ein langsam tötendes Gift an deinem Gut, ja sogar an Leib und Seele nagt."

Es ist aufliegend, daß derartige raffi­nierte Verhetzungen den gesunden Sinn der Bevölkerung überhaupt und namentlich in der ländlichen Bevölkerung auf welche es zunächst abgesehen ist verwirren, Haß gegen die Juden zu erzeugen geeignet sind, daß mit diesen Brutali­täten unverhohlen der nackte Vernichtungs­krieg gegen die Juden propagiert wird und daß durch die stillschweigende Tolerierung dieser wüsten Hetze und stete unwidersprochene Berufung auf die Unterstützung durch ein Mitglied der Re­gierung der Eindruck hervorgerufen wird, als seien die Juden in diesem Staate geradezu vogelfrei.

Eine solche gewissenlose Agitation kann nur die bösesten Früchte zeitigen, und es ist uner­hört, daß in einem modernen Rechts- staate ein Mitglied der Negierung, welches die geltenden Gesetze beschworen hat, P a r- teien und deren Organe offenkundig favorisiert, die die vorgefchilderten Tendenzen verfolgen und die im vorstehenden angedeutete gesetzwidrige Agitation und Verhetz­ung betreiben. Die Unterzeichneten sind über­zeugt, daß diese den beschworenen Staatsgrund­gesetzen hohnsprechendcn Verhältnisse nicht länger geduldet werden können, und sie stellen daher an Euere Exzellenz die Anfragen:

1. Sind Eurer Exzellenz die geschilderten, derzeit in der Bukowina herrschenden traurigen Verhältnisse bekannt?

2. Sind Eure Exzellenz geneigt, zu veran­lassen, daß Seine Exzellenz der Herr Minister Dr. Geßmann seine oben charakterisierte Tätig­keit in der bisher ruhigen Bukowina einstelle?"

Eine Pseudovereinignng jüdischer Organisationen.

Das Projekt einer Vereinigung der jüdischen Organisationen großen Stils war in der letzten Zeit mehrfach Gegenstand verschiedener, offizieller und nicht offizieller Beratungen und Beschlüsse, welche die maßgebenden .Kreise direkt oder indirekt ver- anlaßten, dem wiederholt angeregten Gedanken der Zentralisation ernste Aufmerksamkeit zu schenken. .

Es durfte konstatiert werben, daß dieser Ge­danke in den meisten jüdischen Organisationen große Sympathieen besitzt und bereits von einer als vor­urteilslos bekannten jüdischen Körperschaft in meh­reren vorbereitenden Aktionen bedeutend gefördert wurde.

Leider begegnete er dem hartnäckigen Wider­stande gewisser finanziell mächtiger Institute, die mit den nationalen -Organisationen der Judenheit auf keinem Gebiete eine Verbindung eingehen zu wollen erklärten.

Vor kurzem aber haben sie, durch die zu Gunsten des besagten Projekts immer zunehmende Stim­mung gedrängt, ihre Stellungnahme geändert, in­dem sie die Gründung einesInternationalen jü­dischen Komitees" beschlossen haben.

Erfährt man aber, wie sich dieses Komitee kon­stituiert, und welchen Charakter es hat, so sieht man bald ein, daß mit dieser partiellen Koalition nur der Zweck verfolgt wer­den kann, der so sehr befürchteten Rea­lisierung des geplanten Zusammen­schlusses der jüdischen Organisationen durch eine Pseudovercinigung recht­zeitig vorzubeugen.

So werden aus demKomitee" sämtliche nationale Organisationen ausgeschlossen (dagegen hat die Alliance eine doppelte Vertretung; Paris und Berlin je 2 Delegierte).

. Der der geplanten Vereinigung zu Grunde liegende Gedanke wurde ferner durch den Beschluß illusorisch gemacht, wonach ihr jeder Inhalt einer Betätigung versagt bleibt, solange keine außer­gewöhnlichen Katastrophen in der jüdischen Welt sich ereignen.

Dieses so gearteteInternationale Jü­dische Komitee" bedeutet daher:

a. eine Ignorierung und mithin eine Schmähung der nationalen Organisationen der Judenheit;

b. eine Fiktion des jahrelang geplanten Ver­bandes, die sich unrechtmäßig den irritierenden Namen beilegte und den falschen Glauben zu erwecken geeignet ist, als sei sie eine Ver­tretung der jüdischen Organisationen. , Als einer der Mitarbeiter an dem Projekte einer

Vereinigung der jüdischen Organisa­tion e n" erlaube ich mir, die jüdische Ocffcntlich- keit auf die Illegitimität des unter Ausschluß der nationalen Organisationen der Judenheit begründe­ten sogenanntenInternationalen jüdi­schen Komitees" aufmerksam zu machen und