1 Nr. 83

die mm WELT

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KUNEROL

ist verbärgt reines Fett ans Kokosnüssen. Die Erzeugung steht unter strenf ritueller Aufsidit des Herrn Be2irksrabbJners S. Ehrenfeld zu Mattersfeurg. KUNEROL kann daher von alten Strenggläubigen zur Zubereitung von Osterspeisen verwendet werden.

Der Kronzeuge von Tisza-Eszlar.

Moritz Schar^ gestorben.

In Not und Armut ist in der vorigen Woche in Amsterdam, 60 Jahre alt, derKronzeuge" des klassi­schesten Prozesses, der aus einer Ritualmordliigc je ge­kleistert worden ist, gestorben. Moritz Scharf, der da­mals 14jährige Sohn des Tempeldieners von Tisza- Eszlar, wurde, wie bekannt, unter den unglaublichsten seelischen und körperlichen Erpresstingen zu der unge­heuerlichen Aussage gezwungen,

daß er durch ein Schlüsselloch gesehen habe, wie sejn Vater in Gesellschaft mehrerer anderer orts­fremder Juden der um jene Zeit verschwundenen kleinen Esther Solymossy für die rituellen Zwecke des herannahenden Pcssachfestes in bestialischer Weise das Blut abge­zapft habe.

Vorher schon hatte dieselbe Untersuchungsmaffia die Aussage des fünfjährigen Bruders des Moritz Scharf, Samuel,protokolliert", wonach auch dieser zuver­lässige Zeuge die ganze schaurige Ritualmordgeschichte mit dem Christenmädchen mit eigenen Augen ge­sehen habe.

Noch niemals haben gewissenlose fletzkapläne, korrupte Untersuchungsrichter, verblendete Justiz- beamte,,eine so widerlich niederträchtige Verschwörung gegen das Judentum angezettelt, als vor genau 46 Jahren in Tisza-Eszlar. Ich lebte damals in Budapest und er­innere mich noch ganz genau an die furchtbaren Tage, in denen wir Juden in Ungarn in jener Zeit, lebten. Ich sehe noch die Leitartikel der antisemitischen Blätter vor mir, und habe es miterlebt, wie, je hart­näckiger und rücksichtsloser die Verwaltungs- und Justizbeamten in jenem verworfenen Winkel Ungarns an, dem Aufbau des Lügengebäudes über den Ritualmord arbeiteten, die liberale Tünche mancher angeblich judenfreundlichen Persönlichkeit allmählich vorblaßte, und ins Antisemitische hinüberlief.

Der Plan war ja vorzüglich ausgeheckt. Dem jüdi­schen-'Volk wird .auch von- seinen . Gegnern Reinheit des Familienlebens und der bedingungslose Respekt vor dem Familienoberhaupt, die Heilighaltung des Ge­botes »Ehre. Vater und Mutter" zugestanden. Niemals so argumentierte damals ein in der Mitte zwischen aus,-, gesprochenem Antisemitismus und bedingungsloser Jud^nfreundlichkeit lavierendes Blatt könnten jüdi­sche Kinder selbst unter den Qualen der höchsten Marter gegen den eigenen Vater, den sie doch als einen Heiligen verehren, eine so furchtbare Anklage erheben, wenn ihr nicht zumindest ein Schein der Berechtigung zugrunde läge. Die konzilianteren unter den Talmi­liberalen, die mit den reichen Juden in lohnender Ver­bindung standen, konnten auch nicht umhin, bei aller Referenz vor ihren gut zahlenden jüdischen Freunden, dem Zweifel Ausdruck zu geben, ob es nicht in jener Gegend um Tisza-Eszlar, wo so viele fromme orthodoxe Juden leben und sehr häufig vongalizischen Kaftaiv- juden" heimgesucht wird, eine Sekte besteht, die nicht nur. an den Ritualmord glaubt, sondern ihn' auch be­tätigt: ; " : : ' "

So war die Atmosphäre beschaffen, in welcher der Fall "fisza-EszIar und die Affaire des Moritz Scharf entstanden ist. Ministerpräsident war damals der alte Protestant; Kolqman Ti s z a, der Vater Stephan Tiszas. Koloman T i;s z,a entging es nicht, daß: die ganze

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Ritualraordhetze" von katholisch-klerikaler Seite nicht nur gegen die bedeutungslose Familie des Schäcbters Scharf, auch nicht nur gegen die sogenannten galizi­schen Juden und die Juden überhaupt, sondern auch gegen ihn, den protestantischen, unüberwindlich scheinenden Ministerpräsidenten und Führer des vom katholischen Klerus so ungern gesehenen Liberalismus gerichtet war.

Schon damals wurde der Versuch gemacht, einen christlich-nationalen Kurs in . Ungarn zu inaugu­rieren, in welchem alle christlichen Elemente gegen dos Judentum und den Liberalismus kon­zentriert werden sollten.

lind in der Tat begann eine schwere, rücksichts­lose, von den niedersten Instinkten genährte antisemiti-, sehe Propaganda das Land zu unterwühlen. Die ge­fährlichsten antisemitischen Führer und Publizisten, Istoczy, Verhovay und andere, wuchsen aus dier sem Sumpf zu großer Macht und starkem Einfluß empor. Diese allgemein politische Lage hat eigentlich dazu geführt, daß die Regierung des Koloman Tisza alles aufbot, um in der Affäre Tisza-Eszlar die Unter­drückung der Wahrheit, wie immer sie lauten möge, zu verhindern.

Der Verlauf des Pl'özes,scs^upd sein Abschluß sind ja jetzt anläßlich des''Äbl^frens.^'deV'Monta Scharf in der Tagespreise ^-wieder 1 \'ap.sjfjii|i s *Iip?ii' rekapitul ie rt wor­den. Moritz Scharf hat, als er, vbm D v irückfbefreit, wie­der offen und frei sprechen durfte,'nicht nur sein. an­gebliches GestänBnis W|Herrufenf^ : , sondern auch genau erzählt,; auf welche -W^ise ;;^^di^;^tt'ss%gen^ einge- trichtertwur^

angedichtet*;' Erzählung JiUt:in;ve ; u n

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Auch die Leiche des verschwundenen Christen- mädchens wurde aus einem Teich gezogen und lieferte den- untrüglichen Beweis; der Lügenhaftig­keit, der ganzen Anklage.

Aber es war keine leichte Aufgabe dieses immer mehr bewußt komplizierte Lügengewebe alle» sieht* bar und jedem verständlich zu zerreißen und in

die Intriguen einer großen antisemitischen triter* essengemeinschaft

hineinzuleuchten. Das konnte nur zwei so großen juristischen Meistern wie Karl Eötvös und Dr. N. Friedmann gelingen, die in zäher Arbeit und unter buchstäblicher Lebensgefahr ihre Aufgabe er­füllten. Besonders Karl Eötvös, der Protestant, hatte sehr viel wegen der Uebernahme der Verteidigung moralisch und wirtschaftlich zu leiden. Lange noch, nachdem der Prozeß beendet, alle au der Verdunke­lung der Tatsachen Beteiligten entlarvt waren, war

Karl Eötvös, der auch als Politiker und Publizist einen angesehenen Namen hatte, Gegenstand der Verleum­dungen und Verfolgungen seiner Gegner. Es wurdöu ihm Bestechungen durch das Judentum, Verschwörung gegen die christliche Lehre und alle möglichen und un­möglichen Dinge, angedichtet. In Wahrheit ist Karl Eötvös unbegüfert gestorben und selbst seinem mehr­bändigen Wert, das er viele Jahre nach dem Prozeß unter dem TitelDer große Prozeß" herausgegeben hat, war kein nennenswerter Erfolg beschieden.

Moritz Scharf ist nach völliger Lir^idierung der Affäre Tisza-Eszlar nach Amsterdam ausgewandert, wo er sich als Diamantenschleifer fortzubringen versuchte. Ein ganz unbedeutender, untalentierter Mensch, auch körperlich nicht ganz gesund, lebte er unbeachtet,.ver­gessen und zumeist in Not und Kümmernis das Leben eines jüdischen Arbeiters. Er sprach nicht gerne über diese traurige Episode seines Lebens. Er schämte' sich ihrer und litt viele viele Jahre darunter. Das war wohl auch der Grund, weshalb er selbst in der größten Not nirgends anklopfte, um unter Berufung auf seine als unerfahrenes Kind erlittene moralische Vergewaltigung iliUc zu erlangen. Er war froh, daß nicht andere ihn an jene furchtbare. Zeit erinnerten, die infolge seines Mangels on Widerstandskraft und weil er sich an seinem Vater versündigte, fast das gesamte Judentum ins Verderben getrieben hätte. So kam es, daß es nur sehr wenige Menschen gab, die überhaupt wußten, daß Moritz Scharf noch am Leben sei. Vor etwa einem Jahr hat ein Budapester jüdisches Blatt aus' Anlaß der 45. Jahreswende der unglückseligen Affäre sogenannte Memoiren des Moritz Scharf veröffehtli,cht. Inhaltlich waren die Erinnerungen ganz unwesenÜ[ifch. Sie brachten nichts, was nicht schon im Verlaufe des Prozesses bereits zutage gefördert worden wäre; V

Nur ein tiefes Gefühl der unstillbaren Reue und der Scham über sein eigenes seelisches Unglück' zieht sich durch jene Erinnerungen

und machen den nunmehr Verstorbeneu sympathischer. Fast auf deu Tag 46 Jahre, nachdem Esther Söly%c»sisy verschwunden war, und wenige Wochen vor dem ;Ta;g r an welchem Moritz Scharf das verhängnisvolle ' ^Ge­ständnis" förmlich in deu Mund gepreßt wurde, "ist Moritz Scharf, der letzte der Hauptakteure der Tra­gödie von Tisza-Eszlar, arm, an Leib und SeeleVgi»» brochen, gestorben. Jakob Krause

Die Ritualmordhetee/

Die Agitation In Polen.

Aus Warschau, 11. April, meldet ; die J. T.vAJ Je mehr man sich den Pessachtagen nähert, um so größer wird die Kette der Ritual mordlegenden in Polen. Besonders! symptomatisch i,st der folgende Fall: In dem Städtchen Kartus-Beresa zwischen Bialystok und Brest-Litowsk' wurde ein christliches Mädchen, das in einer Mazzoth- bäckerei beschäftigt war, vermißt. Der polnische Fleischer-

Päs Judenghetto im päpstlichen Rom«

j Von Ferdinand Gregorovus*) (1853).. ; <

Treten wir nun in eine der Ghettostraßen selbst, .so finden ; wir Israel vor seinen Hütten in rastloser Arbeit, Sie sitzen in den Türen oder draußen ani der Gasse, die* kaum mehr Licht gewährt als die feuchte Kammer» iind wüsten im'Plunderkram oder nähen und flicken mit Emsig­keit. Es ist nicht zu sagen, welches Chaos von Flicken und tappen (Genci genannt irn Italienischen) hier zusammen- gehäuft ist. Die ganze Welt scheint als JudenpJunder-in zahllosen Fetzen zerzupft umherzuliegen. Hautfenhoch liegen die Lappalien vor deu Türe», von jeder Art und.Farbe, goldiges Franseng«flitter, Stücke Seidenbrokats, Saihmet- labpen, rote Flicken, blaue Fetzen, orange, gelbe, schwärze, weiße,alte, zerschlissene, serfaser.te, abgeriebene Stücke vßü Stückchen. Ich habe' nimmer ähnlichen Pluuid-er gesehen, f^je Juden könnten damit die ganze' Schöpfung ausflicken und Rom so bunt belappen wie ein Arlechino bunt ist. Sie sit&en- davor und wühlen in diesem Meer, als suchte^ sie nach Schätzen, wenigstens nach "einem versunkenen Gold­brokat. Denn sie sind so gut römische Altertumsforscher akj.aile jene, welche den Schutt durchwühlen, um einen . Säulenstumpf, ein Stück Relief, eine alte Inschrift, eine I. lifünre und dergleichen Plunder ans Tageslicht zw 'fördern'. Jener hebräische Winckelmami im Ghetto legt mit, einem gewissen Stolz seine Lappen zum Verkauf aus wie der Händler mit Marmortrümmern. Dieser prahlt mit einem Stück Giallo antico dagegen kann der Jude einen vortrefflichen Lappen gelber Seide halten; Porphyr Wer ist ein schön

\ SieheNeue .WeH" Nr, 77, 76. 79,. 80 und 82,

gemusterter Fetzen vou tiefrotem Damast, Verde ariticoc- hier ist ein grünes Sammetstück von ausgesuchtester . An­tike. Und so gibt es weder Jaspis noch Alabaster, noch schwarzen und weißen Marmor oder Breccja, wogegen nicht der Antiquar des Ghetto seine Altertümer stellen könnte. Die Geschichte sämtlicher Moden von Herodes' : bis auf den Erfinder des Paletots und sämtlicher Trachten.der vornehmen wie der bürgerlichen Weit läßt, sich aus diesen Lappen durch geistreiche Hypothesen kritisch herausstellen, und manche Flicken sind wahrscheinlich historisch und'einst getragen worden von Romulus, von Sqipio Africatjus, Hannjbal, Cornelia, Augustus, von Karl dem Großen, Pe- rikles, Kleopatra, Barbarossa, von Gregor VII., Colwribus und so weiter.

Es sitzen nun die Töchter Zions bei diesen Lappen und nähen, was nähbar ist. Groß ist ihre Kunst» so rühmt man ihm Sticken» Stopfen, Vernähen,- und mau sagt, daß ees keinen noch so fürchterlichen Riß in irgend einer Draperie gebe, welchen diese Arachnen night- un« sichtbar zu inachen wüßten. In der Fiumara zumeist,, der untersten, am Fluß gelegenen Straße, und in den Winkel« gassen, von denen eine delle Azzimelle, das heißt der ungesäuerten Brote, genannt wird, treiben sie diese Plun­dergeschäfte. Ich sah ihnen manchmal mit peinlichem 1 Gefühle zu, wenn diese verkommenen Menschen, in sich gebeugt, mit der Nadel emsig arbeiteten Männer;.so gut als Weiber, Mädchen und Kinder. Das Elend starrt aus dem wirren Haar und klagt aus dem braungelben Angesicht. Keine Schönheit der Gesichtszüge erinnert atu Rahel und Lea oder Mirjam; nur bisweilen blickt ein tief versunkenes, schwarzes, blitzendes Auge von der Nadel und dem Lappen auf, als wollte es sagen:Es ist! von der Tochter Zion aller Schmuck dahin. Die eine Fürstin unter dea Heiden und eine Königin in den Ländern war«

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