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Bayerische Israelitische Gemeindezeitung
Nr. 7
Uachwuchsverhältnisse der jüdischen Samilien ln Bayern
Daß die Geburtenziffer der Juden in Bayern wie allgemein dieser Volksteil namentlich in Bayern von den anderen Kon- in Deutschland besonders niedrig steht, ist seit langem bekannt, fessionen wie von der Gesamtbevölkerung scharf abhebt.
Das hängt hauptsächlich mit der vorwiegend städtischen, speziell Nach der Volkszählung vom 16. Juni 1925 ergibt sich in großstädtischen Siedlungsweise der Juden zusammen, womit sich Bayern folgende Gliederung:
Wohnbevölkerung
Großstädte^
sonstige
kreisunmittelbare Städte
Bezirksämter
Zusammen
in
Prozenten
in
Prozenten
in
Prozenten
absolut
absolut
absolut
3m ganzen..
1340589
18,2
1157231
15,6
4881774
66,2
7379594
davon
Katholiken.
856796
16,6
664783
12,9
3641527
70,5
5163106
Evangelische^.
432396
20,5
465212
22,0
1214385
57,5
2111993
Luden.
21085
42,9
14225
28,9
13835
28,2
49145
Die Juden sind damit den Einflüssen der großstädtischen Lebensform in viel höherem Maße ausgesetzt als die anderen Konfessionen, namentlich die katholische Mehrheitskonfession. Die im Zeitgeist liegenden rationalisierenden Tendenzen auf Kleinhaltung der Familie, auf Schonung der weiblichen Gebärkraft wirken sich dementsprechend im jüdischen Volksteil weit stärker aus als in der übrigen Bevölkerung, und zwar nicht nur bei den in Großstädten, sondern auch in Mittel- und Kleinstädten und auf dem Lande wohnenden Juden. Das erhellt aus folgender Berechnung der Geburtenzahl 1925 auf den Bevölkerungsstand:
Auf 1000 der Bevölkerung treffen Geborene
in den
Großstädten^
in den sonst, kreisunmitt. Städten -
in den Bezirksämtern
l Zusammen
3m ganzen.
davon
16.3
21,6
25,6
23.3
Katholiken.
16,9
22,9
26,7
24,6
Evangelische"
15,4
20,2
22,6
20,6
Luden . . .
13,8
12,7
9,1
12,1
Diese summarisch berechneten Ziffern bringen jedoch das in Frage stehende Problem nur unvollkommen zur Anschauung, sie bedürfen weiterer Vertiefung durch die sog. Fruchtbarkeitsziffern — Zahl der Lebendgeborenen auf die im gebärfähigen Alter stehmden Frauen —, welche durch das Bayerische Statistische LandeSamt neuerdings für den Jahresdurchschnitt 1924/26 ausgestellt wurden. Außerdem empfiehlt sich, aus den kreisunmittelbaren Städten die vier größten Mittelstädte — Regensburg, Bamberg, Fürth, Würzburg - herauszunehmen, dann ergibt sich folgendes Bild:
1 München, Nürnberg, Augsburg, Ludwigshafen a. Rh. - Angehörige evangelischer Landeskirchen.
Frauen im 16.-45. Lebensjahr
Lebend
geborene
1924/26
Auf 1000 Frauen im Alter von 16-45 Fahren treffene Lebendgeboren
Gesamtbevö
l k e r u n g
Großstädte. . . .
383697
20561
53,6
Größ.Mittelstädte
78723
6337
80,5
Übriges Land . .
1412883
138070
97,7
Zusammen
1875303
164968
88,0
Luden
Großstädte . . .
4800
262
54,6
Größ.Mittelstädte
1320
90
68,2
Übriges Land . .
4838
229
47,3
Zusammen
10958
581
53,0
Der bestimmende Einfluß der Großstädte auf die jüdische Nachwuchsgeftaltung tritt also auch bei dieser genaueren Berechnung zutage; anderseits erhebt sich die jüdische Großftadtziffer ein wenig über den Staatsdurchschnitt. Überhaupt erscheint der Abstand zwischen der jüdischen und der gesamtbayerischen Fruchtbarkeitsziffern — 39,8% — geringer als der entsprechende Abstand bei der allgemeinen Geburtenziffer - 48,1 %.
Indessen ist noch ein wesentlicher, bisher unerwähnt gebliebener Umstand von Belang: das Verhältnis zwischen ehelichen und unehelichen Geburten. Während bei der Gesamtbevölkerung von 100 Lebendgeborenen 1924/26 unehelicher Herkunft waren:
in den Großstädten.23,7
darunter in München ...... 30,7
in den größeren Mittelstädten . . 20,2
im übrigen Land. . 12,8
im ganzen 14,4