Nr. 5

Mitteilungen des Jüdischen Lehrervereins für Bayern

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heule das Verhältnis so, wie eben ausgesprochen, und wir müssen es als unsere Ehrenpflicht betrachten, daß darin kein Wandel zum Schlechteren eintrikk. Nun läßt sich nicht leugnen, daß das Verdienst daran der Verbindung mit dem Lehrerberufe gebührt.... Auf jeden Fall müssen wir alle, jeder in seiner Weise, dahin streben, daß das Durchschnittsbildungsniveau des deutschen Kantorenstandes nicht sinke."

Auf drei Dingen steht die Welt: Auf der Gotteslehre, dem Gottes­dienste und der Wohltätigkeit. Wenn eine dieser Säulen, die Awo- doh, der Gottesdienst, zu wanken beginnt, kann das Judentum nicht bestehen. Diese Überzeugung spricht aus der Resolution, die der Allgemeine Deutsche Kantorenverband bei seiner Tagung angenom­men hat:

»Der Ausschuß des Allgemeinen Deutschen Kantorenverbandes erblickt in der in jüngster Zeit ganz besonders in den Großgemeinden häufig vorkommenden Art der Besetzung von Kantorenstellungen unter Außerachtlassung jeglichen Qualifikationsnachweises eine schwere Gefahr für die Zukunft des deutschen Kantorenstandes und des Judentums."

Anmerkung der Schriftleitung: Der Verfasser behandelt hier eine Frage, die zweifellos keine standespolitische, sondern eine gesamt- jüdische Angelegenheit ist. Auch der Nichtkantor mußte sich in den letzten Jahren, wenn von der Berufung dieses oder jenes Opern­sängers an eine Großgemeinde zu lesen war, fragen: Sind denn unsere Synagogen Konzertsäle geworden? Gewiß glaubte man da­durch die Besucherzahl der Synagogen zu erhöhen. Mit Erfolg? Wer wagt es, diese Frage zu bejahen? Weil wir die Gefahren sehen, die für das Judentum darin liegen, daß man den Sänger dem Sch'liach Zibbur vorzieht, darum rufen wir allen Verantwortlichen zu: Zurück zu der bewährten Tradition! Der Kantor muß auch Lehrer fein!

Oie gefd)id)tlid>entwicklung des Synagogen- gefanges seil Anfang des 19.Jahrhunderts

Von Oberkantor Wilhelm Heimann (Augsburg)

In der Geschichte des Synagogengesanges brach mit dem neun­zehnten Jahrhundert eine neue Epoche an. Die Emanzipations­bewegung, welche als Folge der unsterblichen Verdienste Moses Mendelssohns die Juden in den deutschen, sowie auch in den anderen Ländern der allgemeinen modernen Kultur zuführte, ließ auch ihre eigene, nicht erstorbene, zu neuem Leben erwachen. Sobald der aus Israel lastende Druck wich, regten sich die in ihm schlummernden geistigen Kräfte und trat die natürliche Begabung der Juden für Wissenschaft und Kunst hervor. Es entwickelte sich allmählich eine jüdische Wissenschaft, mit deren großem Zweig, dem althergebrach­ten Gottesdienste, sich die kritisch-historische Forschung insbesondere befaßte. Diese warf ihre Streiflichter auch aus den gottesdienstlichen Gesang in den Synagogen und deckte die in ihm üppig wuchernden Mißstände aus. Nicht zum kleinen Teil hatten die im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert um sich greifende Zerrüttung des fyna- gogalen Gesanges, von edlen Ausnahmen abgesehen, die damaligen, mit vielen Unmanieren behafteten Vorbeter verschuldet. Sie trübten die Reinheit der altehrwürdigen Melodien mit fremdartigen Zu­sätzen und würdigten vielfach die heiligen Gebete durch Vortrag in den Weisen der profansten Lieder, Bänkelgesänge und Gassenhauer Herab.

Als nun die Emanzipation der Juden eine religiöse Reform zur Folge hatte, machte diese bei der Umgestaltung des Gottesdienstes durch Kürzung der Gebete, Einführung der deutschen Predigt, sowie der Orgel auch nicht vor dem Snyagogengesange Halt, der eine gänzliche Ummodelung erfahren sollte. Diese sich auf falschem Ge­leise bewegende Reform beraubte aber den jüdischen Gottesdienst seines eigentlichen Charakters und drohte durch ihren Radikalismus auch das innerste Wesen des synagogalen Gesanges zu zerstören. Statt ihn zu läutern, ließ man alle Rücksicht auf das teure Ver­mächtnis unserer Väter fallen. Man gab die einfachen, lieblich-ernsten Weisen preis, die mit ihrem Zauber auf die Gemüter unseres Vol­kes gewirkt und ihm in schweren Zeiten eine Quelle des Trostes und Labsals gewesen waren. Eine in abgemessenem Pathos sich dar­stellende außerjüdische Vortragsweise, der deutsche Choralgesang, fand Eingang. Auch wurden hebräische Gebete nach dem Typus des Kirchengesanges komponiert, weil man dadurch die aufgeklärten Glaubensgenossen anzuziehen und den etwa beim Gottesdienste an­wesenden Nichtjuden zu imponieren wähnte. Aber nur da, wo eines Volkes Charakter sich in seinen Liedern wiederspiegelt, ziehen deren Eigentümlichkeiten die Herzen unwiderstehlich an. Von dieser Er­kenntnis wurden bald weite Kreise im Judentum ergriffen und es

wurden Stimmen laut, welche eine Umkehr verlangten und das ver­drängte jüdische Lied wieder in seine alten Rechte eingesetzt wissen wollten. Man sah ein, daß eine heilsame Reform des Synagogen­gesanges einzig und allein auf dem Boden wahrer Kunst und zu­gleich auf dem der jüdischen Tradition erfolgen könne. Auf dieser Basis sollte denn auchneues Leben aus den Ruinen blühen". Die schon von Bach und Händel Ende des siebzehnten Jahrhunderts ausgehende höhere Kunstentwicklung in Deutschland hatte immer ge­waltigere Fortschritte gezeitigt und mit dem Dreigestirn Haydn- Mozart-Beethoven die Blütezeit, der deutschen Musik herbeigeführt.

Fortsetzung folgt

Freie Vereinigung Israelitischer Lehrer und Kantoren der Pfalz

Die Jahresversammlung 1930 findet statt am Donnerstag, dem

29. Mai (Himmelfahrtstag) in Landau (Pfalz) im Englischen Gar­ten. Der Tagung voraus geht eine musikalische Feier in der Syna­goge, ausgeftihrt von Oberkantor Steinem und dem Synagogenchor Landau, um 10 Uhr. Beginn der Tagung um 11 Uhr.

Tagesordnung:

1. Begrüßung.

2. Tätigkeitsbericht.

3. Referate:

a) Vortrag des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Einstein, Landau:

Gedanken zum heutigen Religionsunterricht."

,b) Wie steigern wir den Erfolg unseres Religionsunterrichtes in den Filialgemeinden? (Kollege Bär, Edenkoben.)

4. Besprechung von Vereinsangelegenheiten und Standesfragen.

5. Anträge und Wünsche (vorherige schriftliche Einsendung erbeten).

Die Kollegen werden um vollzähliges Erscheinen gebeten. Anmel­dung zum gemeinsamen Mittagessen umgehend bei Kollegen Steinem, Glacisstraße.

(Einladung nur auf diesem Wege!)

H. Schottland, Vorsitzender.

Bezirkskonferenz Fürlh. Die nächste Konferenz findet am Mon­tag, dem 26. Mai, statt. Beginn 13.30 Uhr. Tagesordnung: 1. Mischna, Forts. (Ellinger). 2. Dinim für das Vorlesen der Thora. (Gutmann.) 3. Besprechung des Buches:Lehrbarkeit der Religion?" von Dr. Schorsch (Godlewski-Amberg). Blumenthal.

Einzahlungen im 2Närz 1930

Von: Schottland, Frankenthal 30.; Pollack, Marktbreit 5.; Strauß, Frankfurt 20.; Reiter, Gerolzhofen 30.; Lion, Grün- stadt 30.; Regensburger, Kriegshaber 30.; Schmid, Ansbach 20.; Neumann, Feuchtwangen 10.; Schloß, Aschasfenburg 45.; Stolberg, Höchberg 15.; Frank, Uffenheim 30.; Laßmann, Rim- par 20.; Mayer, Niederhochstadt 15.; Ehrenreich, Nürnberg

30.; Ochsenmann, Frankfurt 20.; Steinem, Landau 50.; Katz, Nürnberg 15.; Edelstein, Sugenheim 15.; Rosenwald, Frank­furt 15.; Langstädter, Frankfurt 15.; Frau Lehrer Maier, Mün­chen 20.; Müller, München 15.; Samuel, Homburg 20.; Kahn, Hirschaid 30.; Lichtenstädter, Hamburg 10.; Liffgens, Memmingen 15.; Brückheimer, Marktbreit 30.; Laßmann, Rim- par 10.; Strauß, Geroda 30.; Strauß, Weiden 30..

Durch: Mannheimer, Dettelbach 6.; Hellmann, Würzburg 25.; Dr. Bamberger, Nürnberg (Purim) 100.; Gutmann, Dettingen (Purim) 10..

Einzahlungen im April 1930

Von: Lautmann, Frankfurt 15.; Berlinger, München 15.; Buttenwieser, Hamburg 20.; Blatt, Würzburg 15.; Bamberger, Dr., Nürnberg 25.; Steinhäuser, Höchberg 30.; Nußbaum, Dahn 15.; Strauß, Nördlingen 30.; Bamberger, Kitzingen 10.; Bravmann, Gaukönigshofen 15.; Kannemacher, Aub 10.; Ad­ler, Marktbreit 10.; Pollack, Marktbreit 10.; Sonn, Großlang­heim 10.; Wechsler, Aschbach 10.; Bein, Nürnberg 15.; Strauß, Uffenheim 20.; Frank, Uffenheim 15.; Nußbaum, Kissingen 10.; Blumenthal, Neustadt 2.50; Zielinski, Emden 10.; Mayer, Niederhochstadt 20.; Blumenthal, Hofheim 20.; Manes, Nürn­berg 15.; Stein, Regensburg 30.; Grünfeld, Heidingsfeld 25.; Lern, Burgpreppach 32.; Anfänger, Heßdorf 15..

Durch: Rosenfeld, München 350..

Postscheckkonto: Nürnberg 6479.

Würzburg, 30. April 1930. M. Hellmann.

Kollegen, die am Jubiläumschor Mitwirken wollen, mögen sich umgehend bei Hellmann melden.

Für den Inhalt derMitteilungen" verantwortlich: Max Adler, München.