Mitteilungen Des Indischen Lehrervereins für Supern

S ch r i f t l e i t u n g: Max Adler, München

1931 München, 15. Februar Nr. 3

Jsak Kurzmann, Schweinfurt h"'

Ein schweres Geschick raubte unserem Verein in den letzten Mona­ten eine erschreckende Zahl unserer Veteranen, die wir stolz zu den Unseren zählten. Und wieder hat der Tod ein liebes Mitglied aus unserer Mitte gerissen Herr Jsak Kurzmann, Schweinfurt, hat das Zeitliche gesegnet. Er war einer der ersten Mitglieder vor fünf Jahr­zehnten und hielt dem Verein unerschütterlich die Treue. Er war in früheren Jahren Religionslehrer in Thundorf und Maroldsweifach, wirkte dann lange Zeit in Burghaslach und verbrachte die letzten 25 Jahre seines Lebens als Thoraschreiber und allzeit hilfsbereiter Beamter in Schweinfurt. Wer ihn kannte, bewunderte und liebte ihn wegen seines reinen lauteren Charakters, wegen seiner stillen felsenfesten Frömmigkeit, seiner edlen Bescheidenheit und menschen­freundlichen Gesinnung halber. Er starb im patriarchalischen Alter von 83 Jahren. Die tiefe Anteilnahme weiter Kreise an seinem Be­gräbnisse zeigte deutlich die allgemeine Wertschätzung, deren sich der Verblichene erfreuen konnte. Nachdem Herr Bezirksrabbiner Dr. Stein einen tiefempfundenen Nachruf gehalten, widmete Kollege Berlinger namens unseres Vereins dem lieben Mitglieds Worte der Anerkennung, des Dankes und des treuen Gedenkens. Ein wahrr Zaddik ist dahingegangen. Er wird auch in unseren Reihen unver­gessen bleiben. pV*Hi

Die jüdische Schule im Dienste der Abwehr

Von Leopold Weil, Hof a. d. Saale Fortsetzung

Aufklärungsbroschüren, systematische Leitfäden usw. können aber volle Wesenskenntnis über diese Dinge und Fragenkomplexe nicht geben; sie vermögen höchstens zur Auffrischung von Kenntnissen zu dienen oder zur schnellen und genauen Orientierung, wenn es gilt Gegnern in Diskussionen gegenüberzutreten. Dabei lehrt pädago­gische und psychologische Erfahrung, daß jede Erkenntnis, die zu dauerndem Besitzstand der Seele werden soll, ihre Grundlegung in der Jugend erfahren muß. Die jüdische Jugend soll und muß uns die Massenkämpfer liefern, die weil sie das Judentum kennt, es auch liebt und darum mit Begeisterung in die Bresche springen kann. : : | i :

Der jüdischen Schule und dem jüdischen Religionsunterricht fällt deshalb die hohe und heilige Aufgabe zu, jüdische Menschen heranzubilden, die ihr Judentum kennen und es darum auch gegen Verleumdung zu verteidigen wissen. Es braucht in diesem Zusam­menhänge nicht erst betont zu werden, daß die jüdische Volksschule in umfassenderer Weise dieser Aufgabe gerecht werden kann, als die Religionsschule. Und es bleibt deshalb und auch aus anderen schulischen Gründen unverständlich, daß heute noch weite jüdische Kreise der jüdischen Volksschule ablehnend gegenüberstehen. Und gerade die jüdische Volksschule bewahrt doch die jüdischen Kinder vor Anfeindungen, die die Jugendtage oft zu Tagen bitteren Leides werden lassen.

Michael Müller Claudius, ein Nichtjude, schreibt in einer Ab­handlung:Das jüdische Kind in der Schule": Die Schulklasse ist nicht nur eine Arbeitsgemeinschaft, sondern auch eine Schicksalsge­meinschaft, in der sich auch die ersten Begegnungen zwischen christlichen und jüdischen Kindern abspielen. Hier finden Beobachtun­gen statt, die nach ihrem soziologischen Erlebnis- und Reaktions­werk beurteilt werden müssen. Sie geben vor allen Dingen tiefe Einsichten in das psychologische Erwachen und die biologische Struk­tur der späteren Spannungsverhältnisse. Das jüdische Kind ist in eine neue Ordnung hineingestellt, einsam und grell beobachtet, eines Tages erschallt der Ruf:Er ist ein Jude." Das Anderssein wird festgestellt. Und daraus wird ein unheimlicher Ruhm im Kreise der Kinder, an dem das Elternhaus nicht unbeteiligt ist, und bald folgt die Stimme der Feindschaft. Eine Gruppe steht dem jüdischen Kinde gegenüber, von dem er als fremd und nicht zu ihm gehörig betrachtet wird. Häufig ist diese Gruppenbildung dem jüdischen Kinde unbekannt, oder, wenn sie bekannt wird, so ist ihre Nachwirkung zunächst nicht von Dauer und Tiefe. Das wird auf einer späteren Stufe ganz anders. Das jüdische Kind erfährt das Erlebnis des

Abgesondertseins. Die Wunde ist da. Das Lachen des jüdischen Kin­des in der Schule ist ein anderes Lachen. Es hat keinen Boden un­ter sich. Welcher nichtjüdische Lehrer hat das je gehört? Einer, von wenigen. Resultat:Die jüdische Kindheit ist eine andere Kindheit als die unsere, eine umschattete Kindheit durch uns!"

Die Ausführungen des Nichtjuden Claudius zeigen, daß es auch im Interesse des Kindes selbst notwendig ist, im Religionsunter­richte die ewig bedeutsamen ethischen Werte des Judentums aufzu­zeigen, damit das jüdische Kind den seelischen Halt und den Glau­ben an seine Religion nicht verliert und dem nichtjüdischen Kind entsprechend gegenübertreten kann; denn unsere jüdischen Kinder müssen leider bereits in ihrem Jugendalter Kämpfer sein.

Nun aber zurück zu der eigentlichen Aufgabestellung des The­mas. Es ist vielfach der Wunsch laut geworden, einen eigenen Wehrunterricht einzuführen, der besonders die jüdisch-politischen Probleme in den Kreis seiner Betätigung ziehen soll. Diesem Ver­langen dürften aber technische und methodische Gründe verneinend gegenüberstehen. Eine Vermehrung der Religionsstunde würde ge­rade bei vielen jüdischen Eltern auf Widerstand stoßen. Noch mehr sprechen aber methodische Gründe dagegen. Alle Unterrichtsergebnisse sollen organisch aus dem Unterrichte herauswachsen, dann werden dieselben auch sicherer geistiges Eigentum der Schüler werden und sie befähigen in der Schule des Lebens das Erworbene erfolgreich zu verwerten.

Die einzelnen Fächer in der jüdischen Volksschule sind die Anknüpfungsgelegenheiten natürlich viel reichere geben dann auch Gelegenheit und Anlaß genug, um die inbetracht kommenden Fragen- und Stoffkomplexe zu behandeln. Der zur Verfügung ste­hende Raum erlaubt nicht auf Details einzugehen, es seien deshalb nur einige Beispiele zur Illustration angeführt.

In erster Linie ist wohl der jüdische Geschichtsunterricht berufen, dem Kinde die Grundlage zu geben fiir die geistige Einstellung zu den aktuellen Fragen, welche durch die antisemitische Bewegung täglich aufgerollt werden. Dieses Unterrichtsfach muß in dem Schü­ler die Erkenntnis reifen lassen, daß der Antisemitismus als be­trübliche Zeiterscheinung mit unserem Schicksal verkettet ist und daß mit dem weiteren sittlichen Fortschritt der Menschheit derselbe wie­der schwinden wird. Die Behandlung der einzelnen Phasen der jü­dischen Geschichte gibt Gelegenheiten genug, mit den Ereignissen und Fragen der Gegenwart Parallelen zu ziehen. Es sei nur bei­spielsweise hingewiesen auf die Behandlung der Stoffgebiete Mischnoh",Talmud" undSchulhan aruch", die für unsere Geg­ner beliebte Angriffspunkte sind.

Bei Besprechung der Besitznahme des Landes Kanaan durch die Jsraelstämme kann aufgezeigt werden, daß die Juden nicht, wie unsere Feinde immer und immer wieder behaupten, diegebo­renen Schacherer und Kaufleute" sind. Die Kanaaniter blieben auch nach dem Einzuge der Jsraelstämme die Herren des palästinensischen Durchgangshandels; sie waren im Gegensätze zu den Juden, welche ausschließlich Bauern- und Herdenbesitzer waren, die Kaufleute. Das WortKaufmann" galt als Schimpfwort. Schluß folgt.

Vezirkskonferenzen. Wir veröffentlichen einstweilen die uns zu­gegangenen Berichte der Vezirkskonferenzen Fürth und München und machen die übrigen Konferenzen auf 8 14 unserer Satzungen (Pflicht der jährlichen Berichterstattung) aufmerksam. Die Dereinsleitung.

Arbeilsberichk der Vezirkskonferenz Fürth für das Jahr 1930. Im abgelaufenen Jahre wurden sieben Konferenzen abgehalten. Die Beteiligung war im allgemeinen sehr zufriedenstellend.

Ständiger Punkt der Tagesordnung war das Studium der Misch­nah Traktat mt? unter der kundigen Leitung des Kollegen B. Ellinger (Fürth).

Ferner wurden, soweit jeweils die Zeit ausreichte, unter Zugrunde­legung des die Vorschriften über die Thoravorlesung in

gründlicher Weise durchgenommen. Kollege Gutmann hielt hierzu ein einleitendes Referat.

Außerdem beschäftigte die Konferenz:

1. Das BuchDie Lehrbarkeit der Religion" von Dr. Emil Schorsch. Hierüber referierte Godlewsky (Amberg) an zwei Konferenzen und veranlaßte eine eingehende und interessante Diskussion.