(Arnos), Julius Galliner (Schemuel), Sally Gans (Scböfetim), Benno Jacob (Melachim), Emil Levy (Mischle), Ludwig Levy (Maleachi, Kohelet), Selbmann Pick s. A. (Joel), Georg Salzberger (Schir- ha-Schirim), Hermann Schreiber (Die Tora), Caesar Seligmann (Echa, Rut) und Max Wiener (Jescha'jahu, Jeheskel).
Für die Einheitlichkeit des Ganzen sorgte nach deutlichen. Grundsätzen Professor Torczyner: ihm oblag nicht nur die einheitliche Wiedergabe sich wiederholender Partien, Ausdrücke und Wörter, er bestimmte darüber hinaus den durchgehenden Stilcharakter aller Teile, die einheitliche Umschrift der Eigennamen und Wiedergabe religiös wichtiger Termini (Gottesnamen usw.), ferner die Anordnung in Prosaform oder in rhythmischer Gliederung unter strengster Bewahrung des überlieferten Textes. Er machte die Rahmenerzählung mit dichterischen Einlagen kenntlich und ließ auch in einigen Teilen die Zusammensetzung der Bibel aus Stücken zeitlich und weltanschaulich verschiedener Herkunft bei aller Treue der Übersetzung durchscheinen, so daß zwanglos selbständige, in den Bibeltext eingesprengte Sprachdenkmäler, oft kleinste hergebrachte Redeformen, Anektoden, Tier- und Pflanzenfabeln, Lieder, Klagegesänge deutlich in der neuen Ubersetzung wieder sichtbar werden, transponiert' in die Gedankenwelt des Neuhochdeutschen, ohne die leiseste Verrückung oder gar Vergewaltigung des Originals.
Als Glanzleistungen aus dem vielgestaltigen imponierenden Übersetzungswerk erweisen sich Max Wieners „Jescha'jahu" und Torczyners „Jjob."
Da sprichts:
„Bahnt, bahnet,
Macht frei den Weg,
Hebt auf den Strauchelstein
Von meines Volkes Weg."
Denn so spricht er.
Der Hohe und Erhabne,
Der ewig Thronende,
Des Name heilig:
Hoch, heilig thron ich
Und bei Zerschlagenem und Geistgebeugtem,
Um zu beleben der Gebeugten Geist
Und zu beleben der Zerschlagnen Herz!
Denn ewighin nicht will ich hadern,
Und nicht für immer zürne ich,
Hat ja von mir der Odem sich erfacht,
Die Seelen, ich hab sie gewirkt.
Um seines Raffens Schuld hab ich gezürnt
Und es geschlagen, mich verbergend, zürnend;
Da wandelt' es verführt auf seines Herzens Weg.
Ich schaute seine Wege
Und will es heilen,
Es leiten, Tröstung ihm gewähren____(Jesaija 57, 14-18.)
Diese Töne der Jom-Kippur-Haphtara vor Mussaph mit der Friedensverkündigung in der Mitte: „Frieden, Frieden dem Fernen und dem Nahen!, spricht der Ewige, ich heile es!" in ihrer einzigartigen Wirkung und jede Spur des Alltäglichen aufhebenden Kraft, diese Töne sind nicht übersetzbar; sie leben ini hebräischen Vortrag in der Mitte einer verstehenden, betenden Gemeinde, die von einem Herzschlag auf der Höhe des Versöhnungstages durchpulst ist. Wir sehen an diesem Beispiel den Funktionswandel einer Übersetzung, einer „Hausbibel" in deutscher oder auch englischer Sprache. Eine gute deutsche Übertragung ist zum unentbehrlichen Lehrmittel geworden. Nur das hebräisch aus der Tora-Rolle vorgetragene oder sonst als Gebet, als Haphtara rezitierte Wort ist religiös gesprochen d i e B i b e 1. Die Übersetzung bleibt Kommentar unter Kommentaren, mit dem Unterschied, daß sie keine Begründung ihrer exegetischen Entscheidungen abgibt. Wortwahl, Zahl und Art der Wortneubildungen, Unterschiede von anderen Übersetzungen, Auffassungen über rhythmisch gebundene Stücke, vor allem Abbiegungen vom masoretischen Text sind für einen Leser, der nur das geschlossene Ganze in seiner Muttersprache in einer kommentarlosen ..Laienbibel" in sich aufnehmen will, gleichgültig. Der kritisch geschulte, gute Kenner des hebräischen Textes würdigt dagegen jede „exegetische Entscheidung", die der Übersetzer getroffen hat, im vollen Umfang.
In Torczyners Hiob-Übersetzung ist die neu erarbeitete Deutung im Einzelnen wie im Ganzen am sichtbarsten
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und seine eigene kritische Analyse des überlieferten Hiob- Textes aus dem Jahr-1920 verwertet, mannigfach korrigiert, in gewissen Hauptresultaten aber auch schon wieder überwunden. Das Verständnis des einzigartigen Buches und seiner eigentlichen Absicht wird immer schwierig und strittig bleiben, es hängt im allerstärksten Maße, von einer sicheren literarischen Analyse und Worterklärung ab. Das „Lob der. Weisheit", ■ • .die Demonstration . ihrer Unergründlichkeit und Unkäuflich- keit, das großartige Thema des Kapitels 28, muß beispielsweise nach Überwindung aller Worterklärungsschwierigkeiten, den richtigen Platz in dem Gesamtgefüge der 42 Hiob-Kapitei erhalten.
„Hab ich ob des Geschickbeladenen nicht geweint, Hat meine Seele um den Armen nicht geseufzt? Denn Glück erhofft ich, doch das Böse kam, . Ich harrt des Lichts, und Düster ward. Mein Innres siedet, wird nicht still, Des Elends Tage haben mich ereilt. Tiefdüster schreit ich ohne Sonnenlicht, Steh vor dem Volk ich, muß ich klagen. Ein Bruder werd ich den Schakalen Und ein Genoss den Wüstenstraußen. Die Haut war schwarz an mir, Versengt ist mein Gebein von Glut. So ward zum Trauersang die Zither mir . Und die Schalmei zu Jammertönen." (Hiob 30,25—31.)
Die Glätte dieses Rhythmus im Hiob-Monolog scheint auf den ersten Blick auf Kosten der Empfindlichkeit und Behutsamkeit in der Wortwahl zu gehen. Buber wird In seiner künftigen Hiob-Übertragung nicht so „geläufig" den deutschen Text fließen lassen. Und doch lehrt eine Nachprüfung, daß Torczyner treu aus dem Hebräischen übersetzt hat; Vers 30, 28 b („Steh vor dem Volk ich, muß ich klagen") allerdings bleibt befremdend: qamthii waqahal aschawweä; „Ich stehe auf in der Versammlung und schreie auf," damit ist wenig anzufangen. Andere haben korrigiert: biqhal- meschawea = „Ich habe im Verein der Heulenden meinen Stand" (so P. Paul Szcygiel). Völlig zweifelsfreie Erklärungen wird 1 man hier so wenig wie an zahlreichen anderen Hiob^Stellen erreichen. Die Gottesreden (Kap. 38—41) mit ihren Belehrungen über die Unergründlichkeit der göttlichen Schöpfung und über die jenseits aller menschlichen Einsicht waltende Schöpferweisheit und überirdische Majestät (Schilderung des Nilpferdes 40, 15 bis 24 und des Krokodils 40, 25—41. 26) sind von Torczyner prachtvoll und in einer überlegenen Wortwahl wiedergegeben. „Behemoth" (Steigerungsplural mit Singularbedeutung: etwa das „Riesentier") und „Leviathan", die beiden Ungetüme aus dem 40. Kapitel von Hiob, sind später im jüdischen Schrifttum als Sinnbilder der Weltmacht des Heidentums ausgelegt worden. Ihre Schilderung in der Bibel ist in allen Zügen realistisch und von höchster Anschaulichkeit.
Es gäbe des Zitierens. Fragens und Abwägens kein Ende, wollte man allein die Hiob-Interpretation des neuen Bibelwerkes ausschöpfen. Andere Teile, auch aus dem vierten letzten Band, den Ketubim, haben leichtere Aufgaben zu bewältigen; sie geben schlicht, unter spürbarem Verzicht um jeden Preis originell zu. sein, den einfachen Text im Deutschen wieder, mit dem Mut, sich an das Schondagewesene, ja Hergebrachte im deutschen Ausdruck anzulehnen. Die Bubersche Psalmenübersetzung wird von Emil Bernhard-Cohn nicht erreicht; es fehlt dieser an der rückhaltlosen Leidenschaft Bubers, von der gerade in dem „Buch der Preisungen" das Ringen mit der hebräischen Sprache und mit dem tausendmal gehörten und geläufig gewordenen Wortlaut angetrieben wird. Vergleichende Zitate • würden den Unterschied ohne weiteres dartun. • •
Der hingebenden Arbeit der vierzehn treuen Übersetzer haben wir ein abgeschlossenes, bedeutendes neues Bibelwerk zu-verdanken. Man kann sich nur mit den beiden großen Übertragungen, mit „Buber-Rosenzweig" und mit der „Torc- zyner-Bibel" freuen, aus ihren wichtigen grundsätzlichen und einzelnen Verschiedenheiten das Wesen der hebräischen und der deutschen Sprache noch tiefer erfassen. Lehrende und Lernende werden sich mit den alten guten Übersetzungen, etwa der Zunz- und der Bernfeld-Bibel nicht mehr begnügen, sondern, namentlich bei schwierigen und allzu abgeschliffenen Partien, neben der noch unvollständigen Buberübersetzung die jetzt vollständige „Berliner Bibel" mitheranzieheri und sie für alle Erklärungen, mitverwenden. '
Jüdisches Gemeindeblatt für den Verband der Eultusgemeinden in Bayern