Jüdisches "^«.»«b GemeincleMatt

für den Terband der Kultusgemeinden in Bayern

und die Kultus gemeinden München, Augsburg;, Bamberg, Wiirzburg

Ausgabe A.: Allgemeine Ausgabe, Bezugspreis RM. -.60 im Vierteljahr, RM. 240 für das Jahr Ausgabe B: Mit dem Beiblatt für Würzburg und Umgebung. Bezugspreis RM. 1.50 im Vierteljahr, RM. 6. für das Jahr. Erscheint am 1. und 15. jeden Monats. Herausgeber: Verband Bayer. Israel. Gemeinden / Verlag B. Heller, München, Plinganserstr. 64, Tel. 73 665, Postscheck München 39 87 / Anzeigennach Tarif.

Angemeldet beim Sonderbeauftragten des Reichsministers für Volksauf­klärung und Propaganda betr. Über­wachung der geistig und kulturell tä­tigen Juden im deutschen Reichsgebiet.

XIII. Jahrgang

München, 1. November 1937

Kr. 21

Inhalt: Von den ältesten Synagogen in der Gemeinde Speyer Theodor Herzl reist nach Palästina Die Ausgewanderten-Kartei der Israelitischen Kultus^ gemeinde München Ein Judenstaat vor hundert Jahren Geschichte der Juden in Palästina nach dem Peel-Bericht Aus der Gemeinde München Lehrhaus der Kultusgemeinde Staatszionistische Organisation Ortsgruppe München Zionistische Ortsgruppe München Jüd. Kulturbund in Bayern,

Ortsgruppe München Jacques Rosenthal Aus bayerischen Gemeinden Aus dem Reiche Jüdischer Turn- u. Sportverein München e. V.Jtus" Bekanntmachung des Verbandes Bayer. Irael. Gemeinden üb-r Weihnachts­werbung Bekanntmachung der Israel. Kultusgemeinde München über Ausge- wandertenkartei Bekanntmachung über Auflösung der Kultusgemeinde Hei­dingsfeld Bücherschau Personalia Kalendarium und Gebetszeiten.

Von den ältesten Synagogen in der Gemeinde Speyer

Anläß H ch d es hundertj ährigen Be stefoiens der jetzigen Synagoge Von Rabbiner Dr. Ernst Steckelmacher in Ludwigshafen a. Rh.

Das hundertjährige Bestehen der jetzigen Synagoge in Speyer, das am ersten Chanukka-Abend von der Gemeinde durch eine gottesdienstliche Feier begangen werden wird, rechtfertigt ge­wiß, daß in Folgendem auf die ältesten Synagogen, die in Speyer errichtet worden sind, hingewiesen wird.

Zum ersten Male erhalten wir eine beglaubigte Nachricht über eine jüdische Siedlung auf deutschem Boden aus dem Jahre

. 321 n. d. gew. Zeitrechnung. In diesem Jahr richtete Kaiser Konstantin seinen Erlaß über die Aufhebung der Befreiung der Juden von der kostspieligen Berufung in das Dekurionat auch nach Köln. Beglaubigte Nachrichten über jüdische Siedlungen an anderen Orten auf deutschem Boden in dieser frühen Zeit fehlen uns. Dessenungeachtet spricht mein sei. Lehrer am jüdisch-theologischen Seminar in Breslau, M. B r a n n, in seinem Beitrag in der Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. Neue Folge, 17. Jahrgang, 1909, Vorarbeiten zurGermania Judiiaica".Der ArtikelSpeye r", die Vermutung aus, id! Juden in Speyer schön ffüh mit Vorliebe- Aufusalhime gesucht haiben werden. ,iAiu!S"d'e!mi erstaunlich umfangreichen sfiltjt'Maben und wissensohalt- lichien Besite, den wir im den Händen der deutschen Juden des 11. Jahrhunderts finden, dürfen wir auf eine langjährige un­gestörte Entwicklung schließen, iim der diese Güter allmählich waohsen und gedeihen) taonnten." (S. 92). Brann erwähinlt aaich in diesem Zusammenhange dlie Urkunde, die Bischof Rüdiger, auch' Huozmiann geniammit, am 13. September 1084, dier damals auf den Tag nach deim Versöhnungstiage fiel, den Juden

' Speyers ausgestellt hat. Nach Branns Darstellung hatte der Bischof, der diamiails das Darf Altspeier mit zur Stadit zog, dlie Absicht, die von Alters her hier ansässigen und die so­eben aus 'Mainz neu ankommen/dien Juden, die aus Furcht vor den -Folgen einer Feiuersbrunst, die im Judenvalertel ausge­brochen wlar uinldi die übrige Stadt in Mitleidenschaft gezogen, geflohen wären, hier zu konzentrieren. In dem ArtiiikelSpeyer" der Germania Judaica (S. 326-^366), zu dessen Verfassern Brann-gehört. wind Ähnliches ausgeführt. Wenn dem so wäre, wie Brann es darstellt, und -auch von den Verfassern des'Ar­tikelsSpeyer" -in der Germanica Judaioa angenommen wird, würde kein Zweifel darüber bestehen, daß Juden schon vor

,1084 im Speyer gewohnt haben und auch eine Synagoge vor diiesiem Zeitpunkt dort -sich -befunden hat. Denn größere, jü­dische Siedlungen, die längere Zeit hindurch bestehen, sind ohne Synagoge, wenn äußere Umstände nicht bindernd in den Weg treten, nicht denkbar: " . .; '.

Gegen die Ausführungen dn dem ArtikelSpeyer" in dier Germania Judaica wendet sich Richard Krautheim er in seiimem Buche 'Mittelalterliche Synagogen". Nach dieser Darstellung wäre es erst im Jahne 1084, als die aus Mainz flüchtenden Familien vom Bischof Rüdiger aufge­nommen wurden, zu einer Gemeindegründung in Speyer ®e- bommen, und idaher vor diesem Zeitupnktt dort keine Syna­goge errichtet worden.

Im Jahre 1096 ist uns zum ersten Male eine Synagoge in Speyer urkundich bezeugt. In einem der hebräischen Berichte über die Verfolgungen, welche die Speyerer Juden im Kreuzzugsjahr 1096 erdulden mußten, wind eine Synagoge der , Gemeinde Speyer erwähnt Am 8. Tage im Monat Ijar, am Sabbat, begannen die Irrenden und die Städter zuerst gegen die heiligen Männer, die From­men des Höchsten, in Speyer, aufzustehen, und faßten dem Ent­schluß 'gegen sie, sie zusammen in der Synagoge zu ergrei­fen. Das wurde ihnen (den Juden) gemeldet, und säe standen am (frühen) Morgen auf, beteten am Sabibat rasch und ent­fernten sich aus der Synagoge. Als nun (die Feinde) sahen, daß ihr Plan, sie. (die Juden) zusammen zu ergreifen, nicht gelungen war, erhoben sie sich gegen sie und töteten elf Menschen... Als aber der ''Bischof Johann dies erfuhr, kam er mit 'großer Mannschaft, leistete mit ganzem Herzen der Gemeinde Hilfe, Heß sie in seine Gemächer bringen und rettete sie so aus ihrer (der Feinde) Hand..(Zitiert in "dem Ar­tikelSpeyer" der Germania Judaica, S. 330.) Im Jahre 1104 wurde im oberen Judenviertel, in dem Dorfe Altspeyer, eine zweite Synagoge eingeweiht. In einem hebräischen Berichte, der sehr deutlich dartut, wie unsicher sich idie Speyerer Ju­den nach den Verfolgungen des Jahres 1096 füMten. heißt es darüber:Nachher (nach den Ereignissen des Jahres 1096) kehrte ein jeder in die Stadt zurück, in seän Haus und an seinen Platz, und nicht konnten die in der'oberem Nachbar­schaft Wohnenden zu (denen) der unteren des Abends, Mor­gens und Mittags (hinunter)' gehen, aus Furcht .vor der Be­drängnis ... und so beteten wir in der oberen Nachbarschaft im Lehrhaus des R. Jehuda b. R; Kalqmymos. Sie aber in der um/teren Nachbarschaft beteten an ihrem Ort, der Synagoge, und so hielten sie es viele Jahre*. Das ganze Werk (des Sy- nagogenhaus) war vollendet im Monat EM des Jahres 4864 (1104); Am Vorabend des Neujahrsfestes kam. eSper von dien Älesten und sagte zur Gemeinde: Kommet, i ~laßt uns die heüligie Lade hinauftragen in das Haus, das wir gegründet haben au*