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Unsere Tribüne

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der Opposition wäre. Die Seltsttäüschung würde aber in nichts zerrinnen, wenn sie erst ihren Wunsch er­füllt sähen. Eine Erfolgsneuros^ wäre der'Erfolg" dieses über alle innere Kräfte hinaus bewerkstilligten Versuches, in die Opposition überzugehen. ; ;

Denn, in Wirklichkeit können die beiden bürger­lichen Parteien,. Union N und Zionisten, nicht ohne einander leben. Keine ist für sich allein regierungs­fähig. Nur diegroße Koalition" der beiden kann es. £o wissend, daß ihre Eintracht durch nichts in der iWelt außer Neuwahlen gestört werden kann, können sie sich ruhig den Luxus des sich Zürnens, Schmollens, Bachten. und heftigen Zankes leisten. Denn, letzten Endes sind sie auf gemeinsamen Gedeih und Ver­derb verbunden. Nur der Riß wird immer größer und größer. Beide bluten, doch können sie vonein­ander nicht los'. Und so wird ihre Verlegenheit immer ärger.

Es 'gibt schon längst kein regelrechtes parla­mentarisches Leben mehr.in der jüdischen Gemeinde. Kein normales Couloir, kein normales Plenum. Die .Herrschaftsparteien treten nicht mehr mit festgefaßten Beschlüssen in den Saal, die die Gewißheit ihrer parlamentarischen Erledigung in sich haben. End­loses Geplänkel an allen. Linien, .Vorberatungen, die den Charakter endloser Vermeidungen in sich haben, Sitzungsunterbrechungen, die nie mehr zur Eröffnung führen, sind der Ausdruck der schleichenden politi­schen Krise in der jüdischen Gemeinde. Und die eine Wirklichkeit, in der die Parteien sich einig wären, die Ablehnung der sämtlichen Anträge unserer Oppo­sition, wollen sie eben nicht herstellen. Denn, sie spüren, daß ein neuerlicher gemeinsamer Vollzug in der Wahlrechtsfrage sie beide von Grund auf schädigen würde.

' -Inzwischen schlagen die Zioniisten den üblichen Budgetlärm. Es ist gut, daß das politische Leben Saisonen hat, wenigstens ist man,#Qh' nicht das ganze Jahr zuwider. Um die Zeit, wo diepns~lgetforderungen der Zionisten auftauchen, stellen sie sich immer etwas spröder, widerhaariger. Doch ist der Vereiniigungs- akt deswegen nicht ferner. Von diesem Gesichtspunkt aus" sind alle die Enuntiationen zu lesen, in denen die, Herrschaftsparteien sich den Fehdehandschuh zu­werfen. Sie wissen, daß unsere Opposition sie in die Eri,ge treiben und wiedervereinigen wird. Unterdessen kann man noch seinen Budgetlüsten fröhnen. Man braucht dem Kompagnon, der doch' nie austreten kann, nicht zuviel nachzugeben. . '

. Und min zur Lage der. Opposition. Wissend, daß unsere Gegner letzten Endes einig sind, müssen wir das. System der Plänkeleien endgültig liquidieren und jede einzelne Frage ihrer entscheidenden Be­handlung zuführen. Durch nichts gebunden als durch cign .yjllen^ loserer Wählerschaft, demallgemeinen ;^fahlrec|it den Sieg zu erkämpfen, müssen wir mit allen parlamentarischen Mitteln unsere Gegner zwin­gen, sich zu den entscheidenden geistigen Kämpfen

zu stellen. Sie dürfen sich nicht der öffentlichen Erörteriihg der Kampffragen entziehen. Und die jüdische Oeffentlichkeit muß die Entscheidung dieser Fragen im Gemeindevorstand begehren. ;j Dann wird sich zeigen, wieviel Widerstandskraft unsere Gegner besitzen. Ob sie Forderungen der Allgemeinheit standhalten können. Oder ob sie nicht doch im letzten Moment die große Rettungsopera­tion vollziehen und sich auf die Forderungen der Oeffentlichkeit umstellen. Bürgerliche' Parteien pfle­gen das gerade in Wahlrechtsfragen noch im aller­letzten Augenblick zu tun.

Die kommenden Öudgetberatungen werden uns die Möglichkeit geben, mit voller Aktivität einzu­setzen. Unsere Stellung zu jeder einzelnen Gruppe wird sich von Moment zu Moment ändern, je nach­dem die Stellung dieser Gruppe zu unseren Forde­rungen sich ändert. Allem voran geht die Wahlrechts­forderung. Die breiten Massen der jüdischen Bevölke­rung Wiens müssen mitbestimmend werden in allen Angelegenheiten des jüdischen Gemeinwesens. Unsere Gegner müssen wissen, daß es ohne diese primäre Voraussetzung keine Entwicklung der jüdischen Ge­meinde mehr jgibt, daß ein Verbeißen in den wahl­rechtsfeindlichen Standpunkt die Zukunft der jüdi-. sehen Bevölkerung Wiens gefährdet und gegen die Wahlrechtsaktion Gegenkräfte auslösen wird, die den Widerstand der Parteien brechen werden.

Aber lunsere Gegner widersetzen sich auch den kleinsten Veränderungen, nur, um von unseren An­trägen nichts wahr werden zu lassen. So wird unsere Forderung nach einem Gerneiindeamtsblatt nur des­wegen verschleppt, weil man die Wiener Juden zwingen will, ihre * geistige Kost in jüdischen Ange- Jegenheiten aus derWiener Morgenzeitung" und derWahrheit" zu, genießen und weil ein allgemein verbreitetes' Gemeindeblatt das Inseratenmottopol und den Preßfönds' der genannten Zeitungen erheblich schwächen könnte. Die Tatsachen des jüdischen Ge­meindelebens' in Wien : eAr'f- der Leser nur von den herrschenden Parteien ejfahren und nicht aus der Gemeinde selbst. Wir werden die Gegner zu zwingen wissen, unsere Anträge aus dem Dunkel der Parteien­beratungen herauszuheben und zur öffentlichen Ver­handlung zu bringen. Diese unsere nahen Aufgaben erfordern eine politische/Bereitschaft der" Anhänger unseres Programms. Punkt für Punkt wird die Not­wendigkeit größter Konzentration auf einzelne For­derungen auftauchen. .Der jüdischen Bevölkerung Wiens muß schrittweise, -von Forderung zu Forde­rung:, die Notwendigkeit derselben klar werden, unser Aufklärungswerk muß alle Juden Wiens erreichen. Der Kraft unserer Argumente vertrauen wir. Sie wird die große Organisation der Juden Wiens schaffen, für die die Demokratisierung aller jüdischen Insti­tutionen Wiens-oberstes vPrinizip bildet. Sie wird den Juden Wiens in der jüdischen Gemeinde eine neue Gegenwart eröffnen.

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Notizen.

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Das Puppenkabinett zweiter C Auflage.

Die Regierung Ramek hat demissioniert/ um einige Stunden später in zweiter Auflage vor dem Nationalrate zu erscheinen. Daß Mataja endlich aus­geschifft wurde, bedeutet gewiß einen Vorteil für das alt-neue Kabinett, so sind wir zumindest dieses unsaubere, unapetitliche los. Aber im allgemeinen ist es ja schnuppe, ob Dr. Ahrer, oder der Bürgermeister von Baden den Finanzminister mimmt, denn das erste wie das zweite Kabinett Ramek sind ja bloß. Puppen, die nach dem Willen des Drahtziehers Seipei . tanzen.

Aber es wird ein wilder Tanz werden! Die Sozial­demokratie wird eine weitere willkürliche Steigerung der Not der arbeitenden Massen mit allen ihr zu Ge­bote stehenden Mitteln, bekämpfen. Die arbeitendein Menschen der Republik werden sich restlos kampf­bereit hinter der Sozialdemokratie stellen.

Es wird dem Herrn Prälaten noch recht bange werden.

Horthy und Rothschild.

Die Franken fälsch eraffäre hat den ungeheueren Schmutz des blutdurchtränkten Horthy-Regimes zum Vorscheine gebracht. Unter den putschistischeäv Freunden des Horthy-Gesindels wurde auch der Vet- treter des Rothschild-Hauses in Budapest genannt.

Die armen Juden martern die Horfhy-Knechte zu Tode, mit dem Vertreter des reichen Rothschild, sind sie die besten Freunde. Kapitalismus und Reak­tion sind eben aufeinandejr^ngewiesen.

Daß der reiche Rothschild es mit seiner Würde für '.vereinbar hält, mit den Henkern der' armen". Juden gemeinsame Sache zu machen, ist nicht ver- - wunderlich^ denn einem Rotschild wie einem' Siegh. hart ist noch immer ein kleiner Pogrom lieber als eine. J große Vermögensabgabe.

Der rote Terror wütet!

Aus Rußland längen in der letzten Zeit aber­mals Nachrichten von blutigen Verfolgungen von Sozialdemokraten und Sozialrevolutionären, ein. Die Ts'cheka, die man auf G. P. U. umgetauft hat, setzt ihre Grausamkeit ununterbrochen fort. Im 1 jetzigen Zeitpunkte ist Rußland von keinem äußeren Feinde bedroht, im Lande'selbst gibt es nicht die geringste Befürchtung für einen Bürgerkrieg und dennocK werden andersdenkende Sozialisten grausam ver­folgt und wie zur Zeit des Zarismus in entlegene totbringende Gegenden und Inseln verschickt. Dafür gibt es gewiß keine Rechtfertigung. Das ist roter Bona- partismüs, und muß den einmütigen Protest aller Sozialisten hervorrufen. Das Weltproletariat sollte seine mächtige Protes'tstimme erheben.

Mit einer Hand taten sie die Arbeit und mit der andern halten sie die Waffe ...

(Palästina-Rundschau)

Fünf, Jahr© Histadruth. Solidarität zwischen jüdischen und arabischen Arbeitern. Die jüdische Arbeitershaft verteidigt das Heinin trecht der Juden, das Bürgertum fcchweigt. Beratungen über Abhilfe gegen die Arbeits­losigkeit. Konferenz der Krankenkasse. Die neu- gegründete Arbeiterversicherangskasso. Der internationale Vierband der Transportarbeiter und die Organisation der palästinensischen Eisenbahner. Der Konflikt in der Stadt- Verwaltung von Tel-Aviv. Das ^Endresultat der Wühlen für die Assefath Haniwchnrim.

In allen Städten und Siedlungspuukteu des Landes hat die Arbeiterschaft das fünfjährig© Jubiläum des Be­standes der Histadruth feierlich und schlicht begangen. Der Anlaß dieser .Feier wurde wie es der jüdischen Arbeiterschaft Palästinas geziemt zu einer groß ange­legten Aktien für den Pal.-Arb.-Fonds benützt.

Ver fünf Jahren waren einige tausend jüdische Ar­beiter, die sich hinter die Iiistadruth gestellt haben, heute sind ihrer fast 20.000. Im Laufe dieser fünf Jahre hat die Arbeiterschaft ein Netz selbständiger Institutionen (Ar­beiter-Bank, SoleJ-Beuel i, Haimaschbir, Kupath Cholim, Wan- dath Hatavbuth) geschaffen, welche ausgezeichnete Leistun­gen aufweisen, aber die organisierte jüdisch« Arbeiterschaft j&tunzufrieden und unbefriedigt. Wenn auch die Ein­wanderung zunimmt und die Zahl der Arbeiter wächst, wenn auch der Bodenbesitz des Nationalfonds sich ver­vielfacht .hat :und clor Emek zum großen Teil angesiedelt ist, was bedeutet all das im Vergleiche mit dein Ziele da« wir verfolgen: die Schaffung einer Mehrheit von arbeite n d e n J u d e n i n P a 1 Ii s (. i n a Daher die stete Unx-inedeidj^U und Unrast. V/eim sich diese Unruhe und 0'nbafric.diguug in der .jüdischen Volksoia&se bahnbi^cbcu könnt«.;!

Die unermüdliche Opfer volle Tätigkeit der Institutionen der jüdischen Avbeiterschajl, die hanen Kämpfe, die unsere

Geno&seln dort führen', sind der beste Beweis für den hohen Wert dieser wunderbaren Arbeiterairmee. Wir wollen hier auch heilte einige Illustrationen anführen.

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Nach der siegreichen Beendigung des Streikes der arabischen Schneider und Tischler in Chaifa, der von der Histadruth durchgeführt wurde, fand eine feierliche Versammlung statt. Der arabische Arbeiter Hamun erklärte in seiner Eröffnungsrede', daß der eben durohgefulirte Streik für alle arabischen Arbeite]- beispielgebend wirken wird. Es liuben sich bereits jetzt verschiedene Brauchen an uns mit der Bitte gewendet, da<ß wir sie organisieren.Den Erfolg dieses Kampfes sagte der arabische Genosse verdanken wir zum großen Teile den jüdischen Arbeitern, die uns wie treue Genossen unterstützt haben. Auch die ArbeiterzeitungDawar" hat uns unterstützt, während uns derDear Hajo>m" (bürgerliche Zeitung) bekämpft hat." Der Redner verlangte von der Regierung Arbeiterschutz­gesetze, besonders für .Frauen und Kinder, er schließt seine Ausführungen mit einer Solidaritätserklärung für die Amsterdamer Internationale.

Im Namen der Histadmth begrüßte Genosse Tschertok die Versammlung in einer arabischen Ansprache.Zwischen den jüdischen und den arabischen Arbeitern" sagte Ge­nosse T&chertokbesteht ein brüderliches- Bündnis. Die arabischen Genossen sollen nicht jenen Hetzern glauben, die ihnen einreden wollen, daß die jüdischen Arbeiter ins Land gekommen sind, um sie zu verdrängen und sie ihres Brotes zu berauben. Die arabischen Arbeiter arbeiten in den jüdischen Kolonien, Fabriken und Gebäuden, die vor d,er Einwanderung 'nicht vorhanden waren. Die jüdischen Arbeiter haben Interesse daran, daß die arabischen Arbeiter höhere Forderungen 'stellen, damit die Konkurrenz zwischen jüdischer und arabischer Arbeit ausgeschaltet werde. Die Histadruth ist auf die Hilfe, die sie den arabischen Arbeitern geleistet hat, stolz."

Ein arabischer Tischlerarbeit er hiejfc dann eine Rede in hebjäischer Sprache (er hat Hebräisjch in den Abemd- kuiTeri derWaadat Hatarbut"; Kulturorganisation der

jüdischen Arbeiterschaft, erlernt). Er dankte der Histar druth und der Organisation der Eisenbahnarbeitor. Auf. seinen .Vorschlag ist beschlossen worden, an beide Orga^ nisationen Danktelegramme zu schicken.

Es sprachen noch mehrere arabische Arbeiter, der letzte, Genosse- Ali, sagte u. a.:VVir werden es nicht diulden, dal> Pfaffen, Rabbiner und Effendis Streitigkeiten zwischen jüdischen und arabischen Arbeitern entfachen?'

So führt die Politik der Histadruth zur Verständigung zwischen den arbeitenden Massen beider Völker.

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In Tel-Aviv wurden zwei Mitglieder der Jüdischesa Kommunistischen Partei (M. 1'. S.) zu Arreststrafen ver­urteilt.' Das Gericht empfahl auch der Regierung, die Ver^ urteilten einen Lande&verweis zu ertcilaa. DerDawar" protestiert gegen den Antrag des Gerichtes. Obwohl die jüdische Arbeiterschaft die kommunistische Gruppe aufs schärfste bekämpft, wird sie nicht dulden, daß Juden wie Ausländer behandelt werden.

Bezciclmenderweise findet die bürgerliche Presse kein Wort des Protestes gegen solche Maßnahmen. Dem jüdischen Bürgertum in Palästina, sind auch seine Klasseninteresseti wichtiger als die Interessen des gesaraten Volkes.

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Am IL Dezember fand eine Beratung der Arbeiter-* Vertreter mit der zionistischen Exekutive statt. Es wurde* Wege und Mittel besprochen, wie die Arbeitslosigkeit eia- zudämmen ist. Alle waren sich darüber einig, daß die be­gonnene Aufbautätigkeit in Stadt und Land fortgesetzt werden müsse. Das wichtigste Problem sei die Beschaffung 1 von Kredit. Wenn man 6O.C0O Pfund an Kredit für Häuser» und Straßenbau aufbringen könnte, wäi*e die Gefahr (JW Arbeitslosgikeit zu bannen. Die Stadtverwaltung von Tel- Aviv, wie auch eine Reihe von Kolonien und Privatleute» haben sich bereit erklärt, 50 Prozent der notwendige» Summe aufzubringen, wenn die zweite Hälfte von de» öffentlichen Institutionen zur Verfügung gestellt werde» sollte.