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Organ der jüdischen sozialdemokratischen Arbeiterorganisation Poale Zion, Wien

Erscheint zweimal monatlich

Redaktion und Administration:

Wien, IL, Blumauergasse l/II

Postscheckkonto Nr. 38.042

Bezugspreis:

vierteljährig. S 1.20 halbjährig . . 2.40

Einzelne Nummer 20 Groschen

Nr. 8.

Wien, 25. Juni 1926.

3. Jahrgang.

Politische Rundschau.

Die österreichische Reaktion.

Die Reaktion erhebt wieder ihr Haupt. Kaum, daß eine Pause im Kampfe um den Mieterschutz erzwungen wurde und es! ist bereits ein heftiger Kampf an anderen Punkten entbrannt. Die christ- Irchso'zial-großdetsche Regierung scheint allen Ernstes ihren Mißerfolg in der Frage des Mieterschutzes an den Arbeitslosen rächen zu wollen. Um die Bevölke­rung von den wichtigen poltischen und wirtschaft­lichen Problemen abzulenken, hat die Reaktion den Kulturkampf vo'mf Zaune gebrochen. Dieses Ab­lenkungsmanöver ist ;zu durchsichtig, um wirksam­sein zu können.

Der Fastismus in Europa und die Not im eigenen Lande haben den Mut der Reaktion gestärkt. Die Schwarzen hoffen, die Arbeiterschaft einzuschüchtern und mürbe 'zu machen. Sie sollen und werden eines besseren belehrt werden. Die Macht , der österreichi­schen Arbeiterschaft ist trotz der Saniererei unge­brochen. Den Kampf, den die Reaktion heraufbe­schworen hat, wird das österreichische Proletariat mit seiner oft erprobten Entschlossenheit und Disziplin siegreich durchfechten.

Es soll der österreichischen Reaktion noch recht bange werden.

Politische Unreife.

Im deutschen ,Volke hat sich keine Mehrheit gefunden, die den Anspruch der Fürsten auf die im Laufe von Jahrhunderten von ihnen und ihren Vorfahren zusammengeraubten Gütern zurückweisen soll. Die Räuberbande, die die größte Schuld am Elend und an der Vernichtung in Deutschland und in den anderen kriegführenden Ländern trägt, soll nun, statt Verurteilung und Verachtung ein Geschenk vom Volksvermögen erhalten. Das 1 ist kaum faßbar.

Der deutschen Sozialdemokratie obliegt die Pflicht, das Resultat des Volksentscheides mit ge­bührendem Ernst und mit dem erforderlichen Ver­antwortungsgefühl' zu werten. Alle Ausreden können die eine Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß die Mehrheit U er arbeitenden Bevölkerung Deutsch 1 lands für die Fürsten . entschieden hat. Diese politi­sche Unreife Sollte die deutschen Sozialdemokraten bestimmen, in sich zu gehen, ihre Politik zu re­vidieren. Es dürfte nicht schwer sein, festzustellen, wjelchen Anteil auch sie an der poltischen Unreife des deutschen Volkes haben.

*

Die Erscheinung politischer Unreife tritt auch in Polen immer deutlicher zutage. Die Umsturzbe­wegung, die Pilsüdski hervorgerufen, versandet immert mehr und mehr. Da die polnischen Sozialisten (übri­gens; auch die Kommunisten) die Situation nicht aus-: zunützen vermochten, ist man nun bereits bei der Einschränkung der Macht des Sejm und der Er­weiterung der des Präsidenten angelängt.

Auch die polnischen Sozialisten müßten gründlich.) revidieren, wenn sie von sich die Mitschuld an der Unreife des polnischen Volkes abwälzen wollen.

Je früher, desto- besser für die polnische Repu­blik und 'für den Sozialismus.

Katzenjammer.

(Der Umsturz des Marschalls Pilsüdski konnte bis jetzt nicht dahin ausgenützt werden, daß in Polen ein wahrhaft demokratisches Regime Fuß fasse. Die Arbeiterschaft erwies sich als zu schwach und unent­schlossen, das progressive 3auerntum und die ge­ringen Kräfte der bürgerlichen Demokratie waren nicht berufen, das Rad der Ereignisse vorwärts zu treiben. Statt den überlebten Sejm zu allen Teufeln zu jagen und Neuwahlen auslztisChreiben, ließ man sich in schleppende Beratungen über Verfassungsände­rungen ein. Ratlosigkeit herrscht fast überall. Katzen­jammer macht sich fühlbar. Und im Hintergrund lauert die Reaktion, um wieder das 1 Staatsruder zu ergreifen.

Ein traurigeis 1 Fazit.

Und die Juden?

Die jüdischen Arbeiterparteien haben sich im Gegensatze zur bürgerlichen jüdis'chnatronalen Partei, welche Neutralität proklamiert hat, ohne Abwarten) und Zögern auf die Seite Pilsudskis geschlagen. Allen Gruppierungeir-der^'ütKsCheli Arbeiterschaft war es klar, daß der Sturz der Regierung Witos ein Gebot der Stunde sei und daß man So manche Bedenken 5 in diesem Momente zurückstellen muß.

Mit wahrer Genugtuung Sei festgestellt, daß unsere Bruderpartei in Polen die einzige Arbeiter­partei war, die die Grenzen der Aktion Pilsudskis) richtig festzusetzen verstand und vor einer Ueber- treibung der Hoffnungen auf die umwälzenden Wir* kungen dieser Aktion gewarnt hatte. Während alle Arbeiterparteien die Kommunisten inbegriffen sich auf die Unterstützung der Aktion Pilsudskis beschränkt haben, hat das Organ unserer Bruder­partei auf die beschränkten Absichten der Pilsudski- Leute hingewiesen und die Festsetzung eigener poli-» tischer Losungen verlangt. Leider wurde die Stel­lungnahme unserer Genossen nicht genügend be­achtet. Die Ereignisse aber haben ihnen Recht ge­geben.

Es sei übrigens zugegeben, daß die jetzige Re­gierung durch einige Verfügungen ihren Willen zur Gutmachung der an den Juden begangenen Ver­brechen bekundet hat. Es ist gewiß verfrüht, über einen neuen Kurs in der Judenpolitik Polens zu sprechen, aber es darf mit Bestimmtheit behauptet werden, daß von einer demokratischen Regierung viel 1 mehr als durch die 'geheimeUgoda" ein Schanddokument der Politik des jüdischen Bürger­tums mit der Regierung Grabski-Skrzynski er­reicht werden wird. Nur der Sieg der demokratischem Elemente innerhalb des polnischen Volkes und im' Vereine mit den nationalen Minderheiten der pol­nischen Republik können die Juden zu ihren Rechten gelangen. Jede ^»ndere Politik birgt in sich ernste Gefahren für den Kampf der jüdischen Volksmassen.

Der Ermordete ist schuld!

So sehr wir auch den Mord als 1 Mittel des poli­tischen Kampfes 1 ablehnen, können wir dennoch das Attentat Schwarzbarts: auf Sejtnen Petljura nicht glatt verurteilen.

Petljura war das .Oberhaupt einer Armee, die viele Tausende wehrloser Juden auf die grausamste Art hinmetzelte, ohne gegen sie auch nur den Vor­wand eines Vergehens anführen zu können. Wir , wollen die Schwierigkeit der Situation der ukrainischen Armee in jenem Zeitpunkte keinesfalls verkennen. §ie wurde von der roten Armee hart bedrängt. Sie geriet in Verzweiflung. Die durch die langen Kriegs­jahre vertierten Soldaten sind blutrünstig geworden. Der Mord an der wehrlosen jüdischen Bevölkerung konnte mit dem' geringsten Widerstand durchgeführt werden. Unsere wahrlbsen armen Brüder in der. Ukraine mußten deshalb, wie so oft in der Geschichte unseres Volkes, sterben, weil sie zu schwach waren, um die Meuchelmörder abzuwehren. Aber diese und noe'h andere Gründe kann man bloß für die Sol­daten, nicht aber für ihre Führer und gewiß nicht für ihr Oberhaupt Petljura geltend machen. .Die Führer waren verpflichtet, die Soldaten zu zähmen, sie zur Besinnung zu bringen. Das war aber nicht der Fall. Nicht einmal ein ernster Versuch in dieser Richtung ist unternommen worden. Mit Recht ist Petljura der Name: der zweite Chmelnicki beige-, legt worden. Er war der größte Massenhenker der 1 Juden.

Jeder Ruf,-jedes Verlangen nach Bestraf ung dieses Henkers und seiner Helfershelfer hat keinen Wider­hall gefunden. ES darf deshalb -nicht wundernehmen,

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