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Die Aussprache selbst soll einen vollkommen un­verbindlichen Charakter tragen Wünsche zur Tages­ordnung sind an den Vorstand der Deutschen Stu­dentenschaft zu richten.

Es ergibt sich nun die Frage: Wie stehen wir zu einer solchen Einladung? Soll diese freund­lich dargereichte Hand, eine allgemeine Selbst­verwaltung im ganzen Deutschen Reich für alle Gruppen ohne Ansehen der Person, der Religion, der Rasse, der Weltanschauung oder der politischen Ueberzeugung zu verwirklichen, nicht freudig aus­genommen werden? Diese Frage wird noch darum besonders inhaltsschwer, weil auch in den ein­zelnen Städten, an den einzelnen Hochschulen ver­sucht wurde und versucht wird, ähnlicheEinheits­fronten" ins Leben zu rufen. Wenn in voller Einmütigkeit sowohl die Tagung der hochschul- politischen Vertreter des K. C. wie auch der Ge- schaftsführende Ausschuß des K. C. es abgelehnt haben, diesen Sirenenklängen zu folgen, so fragt man sich: Warum nichtDeutsche Studenten­schaft"? Warum nicht, obgleich der Vorstand der Deutschen Studentenschaft schon heute feststellt, daß er seinerseits alles getan hat, um ein ein­heitliches Vorgehen in der studentischen Selbst­verwaltung zu erzielen"?

Für diese letzten kraftvollen Beteuerungen, die sehr stark nach einemHände-in-Unschuld-waschen" aussehen, ist vielleicht ein kleines Intermezzo zur Beurteilung nicht ganz unwichtig. In der ersten Hälfte des Monats Januar trat die D. St. mit ihrem Pronunciamento in die Oeffentlichkeit. In der gesamten völkischen Presse und in allen studentischen Nachrichtenblättern der völkischen Ver­bände konnten wir Nachlesen, daß alle Gruppen in dem oben angegebenen weiten Sinne des Wortes von einem verehrlichen Vorstand der Deut­schen Studentenschaft zu einer Besprechung ein­geladen sind, und daß der Vorstand der D. St. schon heute mit warnendem Finger darauf hin­weist: Ihr seid die Ruhestörer, wenn Ihr dieser freundlichen unverbindlichen Einladung nicht folgt. Nur ein Kleines fällt dabei aus, daß nämlich von dieser Einladung überall berichtet wurde, nur war sie keinem einzigen der freiheitlichen studentischen Verbände zugegangen, weder eine politische Gruppe noch irgendeine örtliche Minderheits­vertretung noch irgendeiner der korporativen frei- heitlichen Verbände hatte die Einladung zu Ge­sicht erhalten. Sie ging ihnen vielmehr erst mehr als zwei Wochen später zu, als die Oeffentlichkeit in Kenntnis gesetzt war. Und womit entschuldigt sich der Vorstand der Deutschen Studentenschaft? Nichts leichter als das: Die Adressen der Ver­bände der Minderheit waren nicht auffindbar. Die Minderheit wird also wohl recht bald die Aufgabe haben, die D. St. auch finanziell zu

unterstützen, da scheinbar durch die Unregelmäßig­keiten einzelner völkischer Kassierer und durch den Verzicht auf Beitrag der völkischen österreichischen Studentenschaften die Mittel der Deutschen Stu­dentenschaft so stark in Anspruch genommen sind, daß es zur Beschaffung eines Universitäts-Taschen- kalenders nicht langt. Sollten aber die Schwierig­keiten der Adressenbeschaffung nicht in finanziel­len Mitteln liegen, so gestatten wir uns, der D.St. die Anschaffung von Schröders Universitäts­kalender höflichst für solche Zwecke zu empfehlen. Die Deutsche Studentenschaft kann dort zum min­desten die Adressen der korporativen Gruppen der Minderheiten durch einfaches Nachschlagen fest­stellen.

Doch Spaß beiseite. Selbstverständlich dürfen ernste Verhandlungen nicht wegen einer Form­frage scheitern, aber die Deutsche Studentenschaft stellt sich ein Armutszeugnis aus, wenn sie mit einem großen Pronunciamento an die Oeffentlich­keit tritt und behauptet, daß sie alle Gruppen eingeladen hat, obgleich sie, aus welchen Gründen immer, dies gar nicht getan hat. Man könnte dies mit recht harten Worten bezeichnen.

Ausschlaggebend für die Ablehnung einer Zu­sammenarbeit mit der Deutschen Studentenschaft sind aber ganz andere Gründe, die sehr leicht dem erkennbar sind, der ein wenig Gedächtnis für Zeitereignisse besitzt.

Wie ist denn eigentlich der Streit um die preußische Studentenschaft entstanden? Doch wohl nicht nur, um die Deutsche Studentenschaft zu zerschlagen, wie es von dieser jetzt sehr gern dar­zustellen versucht wird, sondern man stellt sich auf den Standpunkt, daß eine wirkliche groß­deutsche Studentenschaft in Deutschland wie in Oesterreich allen deutschen Studenten wie es die D. St. in ihrem jetzigen Aufruf bezeichnet ohne Rücksicht auf politische, konfessionelle und -weltanschauliche Richtung" offenstehen muß. Die Einheit der Studentenschaft ist gescheitert, weil die D. St. mit aller Entschiedenheit darauf be­stand, keine Gruppen deutscher Studenten Oester­reichs aufzunehmen, die nicht in den völkischen Studentenschaften organisiert sind. Es folgte die Abstimmung, und die D. St. hatte die Wahl, ob sie ein völkisches Prinzip höher stellt als die Ein­heit der Deutschen Studentenschaft. Die Mehrheit, insbesondere die völkischen Gruppen, hat das völkische Prinzip für wichtiger gehalten oder glaubte, wie ganz doktrinäre Elemente der Freien. Studentenschaft die studentische Selbstverwaltung als Ganzes ablehnen zu sollen. Sie hat mit Nein" gestimmt, sie zog die Einheit mit den Völkischen Oesterreichs der Zusammenarbeit aller Studenten vor. Würden die Gruppen der Minder­heit heute in die Deutsche Studentenschaft ein-