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Der Kuß.

V. Wann küßt man?

a, b) Frieden und Freundschaft. Der Kuß bedeutet Frieden und Freundschaft: as me schlugt sech, küscht me sech nischt, sagt ein ostjüdisches Sprichwort (Grunwald, Mitt. 1, 27). Den christlichen Friedenskuß hat man auf jüdische Vorbilder zurückgeführt (J. Enc. Kiss of peace. Krauß, Arch. 3, Nachtr. 3 zu S. 9). Pax heißt das instrumentum .quod inter Missarum solemnia populo osculandum praebetur (Du Cange. Magyar Nyelv, 13 1917 123). Von Feindesküssen sagt die Bibel, die seien נצתרות , nach Rasi: (Gn 25, 21) sie scheinen zu reichlich zu sein. Die Punkte über וישקהו bei Esjaus Kuß hat man als Andeutung der Falschheit desselben aufgefaßt, doch ist R. Simon b. Eliezer gegenteiliger Ansicht, ihm ist es ein wahrhafter Kuß, nach anderer Lesart: ein Kuß der Liebe, während sonst alles Tun des Esau dem Haß entsprang (Abot Natan c. 37 p. 97b, c. 34 p. 100a n. 23 Schechter. M. Tillim gegen Ende. M V 684). Bei den Juden in slavischen Ländern heißt darum ein falscher Kuß: ,,ein Kuß mit Punkten. Esaus Kuß konnte die Nachwelt nach allem, was sie von Esau, d. i. Rom erfuhr, nur als feindlich be- trachten (Elkan Adler, Ginze Mizrajim 39).

Laban küßt den Jakob, um zu erfahren, ob er nicht Perlen im Munde verborgen habe (B. r. 70, 13), und im Namen des Abba Aricha (Rab) wird die babylonische sprich- wörtliche Wendung mitgeteilt: Wenn einer aus Nares dich geküßt hat, zähle deine Backzähne (Chul. 127a). Der falsche Kuß2 S 20, 9 ist im Judaskuß des N T verewigt. Von bösen Küssen nesikin bisin und Feindesküssen spricht auch der Sohar (2, 266b f). Wenn der Bergjude im Kaukasus mit einem Nachbarn Freundschaft schließt, so wird sie durch einen Kuß besiegelt (Grunwald, Mitt. 27, 124).

In der Schilderung der friedenstiftenden Tätigkeit Ahrons heißt es, er besänftigte die Verfeindeten; trafen sie