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Peter Graden witz
Es sei hier noch erwähnt, daß — wenigstens in Spanien — die Musik ein wichtiges Schulfach für die Juden war 11 , und daß wir auch jüdische Musiktheoretiker des Mittelalters besitzen (wohin, auch die Abhandlung des Maimonides über Gesang uncl Musik gehört). Daß die Juden auch als Mittler zwischen orien- talischer und okzidentaler Welt dienten, ist oft bezeugt 12 und für die Musikgeschichte von großer Bedeutung (eine Unter- suchung hierüber gehört in Kap. IV).
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Wie hat nun das Abendland die Musik beurteilt, die sie von den Juden des Ghetto hörte? Das ist eine Frage, die uns das Wesen der Ghetto-Musik am besten erschließen kann, da sie selbst nicht erhalten ist. War diese Musik unter den Einflüssen von außen her (nicht zuletzt durch die christlichen und mo- hammedanischen Musikanten, die ins Ghetto kamen) so ver- ändert worden, daß sie keine eigenen Merkmale mehr aufwies, oder zeigte sie auffallende Unterschiede?
Zwei wichtige Quellen dienen uns zur Beantwortung dieser Frage. Die erste sind die S c h r i f t s t e 11e r, die über jüdische Musiker schreiben; Zuerst ersehen wir aus ihnen, daß es im Ghetto auch jüdische Instrumentalisten gab. Ja für Prag ist sogar ein eigener jüdischer Musikerstand belegt 13 . Danach haben diese Spielleute als Instrumentalisten bei allerlei Feierlichkeiten große Bedeutung gehabt, auch außerhalb des Ghettos. Ein soi- eher ״Judenaufzüg“ fand in Prag 1716 zur Feier der Geburt des österreichischen Prinzen statt. Er wird ״höchst charakte- ristisch"' 1 beschrieben 14 . Das Ende bilden ״ein großes Positiv, auf welchem eine persianisch schönest verkleidte und auf ge* putzte Fürstin und ihr Hof dam auf einer Violin gespielet. Dann noch zwei Damen mit Harfen etc. — Den Schluß dieses Auf- zuges machte die lustige Bauernhochzeit mit allerhand Sack- pfeifen, Leyem, Geigen und Dudelsäcken auf einem Wagen;
11 Abrahams a. a. O., S. 389^ f.
12 .Die letzten interessanten Forschungen lieferte Lawrence Ecker in seiner motivgeschichtlichen Untersuchung ״Arabischer, provenzalischer, deutscher Minnesang׳", Bern 1934.
13 Paul Nfettl ,,Jüdische Spielleute und Musiker"", Prag 1923.
14 Schottky ״Prag, wie es war und wie es ist"‘, Prag 1831.