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Besprechungen.

aufgefaßie Verhältnis zu Gott ein wesentliches Merkmal der jüdischen Lehre. Lossagung von der Familie (Wer ist meine Mutter, wer meine Brüder?) ist in jüdischem Sinne unmöglich. Die jüdische Lehre st, wie der Zweck der Familie Erziehung, Erziehung zu Gott

Über die Erziehungsmittel handelt das folgende Kapitel. Die 613 Gebote! Sie geben die bekannte Handhabe zu der Anklage der Niederzwlngung des freien Menschen unter das Joch der Gesetze. An Stelle eines Teils dieser Gesetze, von denen ein sehr großer Teil Gemeingut der ganzen religiösen, civilisierten Menschheit ist, tritt in der Lehre des Paulus das bedenklichere Joch des »Glaubens,« Ihr eigentlicher Zweck wird dargelegt und auch die liebevolle Be- schäftigung mit ihrem Studium charakterisiert, die den Juden vor anderer, mystisch-sinnlicher Spekulation behütet habe wie Vermensch- lichung Gottes, Trinität, Sohn Gottes, Mutter Gottes, Bilderanbetung, Heiligenverehrurig u. a. Ein folgendes Kapitel zeigt gegenüber der behaupteten Verflachung und Knechtung durch das Gesetz, wie gerade durch seine Beobachtung eine gewisse Freudigkeit und Lust des Juden erzeugt wurde, wie sie sich in den Ausdrücken ענג שבת und , שבחת^מצור bekundet, daß ferner Darstellung der Gesinnung durch Handlung, Heiligung der Handlung durch Gesinnung ihr Zweck sei und sie den Menschen zu äußerer und innerer Wahrhaftigkeit erziehe.

Ein Schlußkapitel, das wir schon oben berührten, gibt ein farbenprächtiges Bild von der Zukunft der Menschheit, wie sie die jüdische Religion anstrebt. Angeblich habe der praktische Jude an idealistischen Träumen niemals gelitten und sei durch dergleichen in seiner Ruhe nicht gestört worden. An der Hand der Propheten und des jüdischen Gebetbuches, namentlich der herrlichen Gebete für Neujahr und das Versöhnungsfest, beweist der Verfasser, wie ange- reimt diese und ähnliche Behauptungen seien; wie himmelweit ver- schieden dieses jüdische Zukunftsbild vom Frieden und Glück der Menschen auf Erden, auch derer, die sich nicht zur Übung der jüdi- sehen Religion bekennen, von dem des bekehrungseifrigen christlichen Messianismus sei.

Güdemanns Buch ist so vielseitig, an Aufschlüssen und Anre- gungen so reich, daß niemand mehr als der Schreiber dieser Zeilen die Dürftigkeit dieses Auszuges empfindet. Man möge sie mit der Knappheit des zur Verfügung stehenden Raumes entschuldigen. Die jüdische Literatur ist durch diese Schrift, obwohl sie ihrem Plane gemäß nicht alles erschöpft, was über dieses Thema zu sagen ist, um ein bedeutungsvolles Werk bereichert. Badt.