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Zur Geschichte der Juden in den Balkanstaaten.

duldete gesetzliche Beeinträchtigungen, ja schlimme Verfolgungen der Juden. Durch Jakob H. Schiffs und O. Strauß Bemühungen wurde im Jahre 1902 die Aufmerksamkeit der amerikanischen Regierung auf diese unerhörten Zustände gelenkt, die einen Bruch der geschlossenen Verträge darstellten, ohne daß es damals gelang, eine Abstellung zu erzielen. Auch im Jahre 1913 ging, angeregt von der jüdischen Genossenschaft Amerikas, eine neue Bewegung von den Vereinigten Staaten aus, um in der Behandlung der Juden Rumäniens Wandel zu schaffen; auch diesen Bemühungen war kein unmittelbarer Erfolg beschieden.

In dem gegenwärtigen Weltkriege haben sich diese Verhältnisse glücklich gewandelt. Die Türkei und Bulgarien des sind wir sicher werden die Juden auch in Zukunft als Vollbürger an­erkennen. Was aus Serbien wird, läßt sich einstweilen nicht sagen. In Rumänien kündigt sich ein neuer Geist an, und es ist zu hoffen, daß, zumal die dortigen Juden trotz der Ungerechtig­keit, unter der sie litten, ihre Pflicht vollauf getan haben, besonders wenn das nunmehr frei gewordene Rußland Ausschließungs­maßregeln in keiner Weise befürworten oder gar unterstützen wird, endlich die Freiheit erlangen, daß Rumänien nichts anderes übrig bleiben wird, als der Stimme der Vernunft Gehör zu geben und seinen eigenen Vorteil zu bedenken. Dann wird das geeinte Europa denn wir wollen nicht daran verzweifeln, daß dieser Traum sich einmal erfüllt nicht mehr nötig haben, durch Verträge und Deklarationen auf eine Gleichstellung unserer Glaubensgenossen hinzuarbeiten.

Ich will diese kurze Skizze nicht schließen, ohne die ungemein wertvolle, mit zahlreichen wenig bekannten oder ganz ungedruckten Aktenstücken bereicherte Abhandlung als eine höchst wertvolle Publikation zu begrüßen. Es wird lange dauern, bis unser wissenschaftlicher Verkehr mit Amerika wieder regelmäßige Formen an nimmt; möge nach dem Frieden, der doch endlich ein­mal kommen muß, das starke geistige Band, das Deutschland und Amerika bisher umschloß, sich wieder neu anknüpfen und festigen.