74 ׳* ""V Recensioneh undAnzeigen.

Wie gesagt, die Schuld dieses übermässigen, die Paupertät erzeugenden Wuchers lag nicht an den Juden, wenigstens nicht an den Juden allein, sondern in dem Ensemble der mittelalter- liehen Verhältnisse. Aber die Strafe traf die Juden allein. Wer sie bürgerlich oder kirchlich verfolgen wollte und Rädelsführer, sowie Helfershelfer suchte, hatte ein Stichwort, das rasch zün- dete. Er konnte die Juden als Wucherer und Blutsauger an- schwärzen, und er fand Arme, sie todt zu schlagen. Sie konnten sich noch glücklich preisen, wenn sie mit einem blauen Auge davonkamen, d. h. wenn sie der Schulden oder der ausstehenden Zinsen für verlustig erklärt wurden. Verfasser widmet dem Capitel: Aufhebung oder Reduction der Forderungen jüdischer Gläubiger durch Kaiser und Landesherren eine gründliche Untersuchung (S. 131). In Note 126 stellt Ver- lasser die Schuldentilgung in chronologischer Reihenfolge unter Ludwig dem Bai er und Karl IV. zusammen. Am gemeinsten wurde diese Schuldentilgung unter Wenzel betrieben. Dieses Factum ist erst durch Veröffentlichung der Urkunden der Stadt Nürnberg von Hegel (Chroniken der Stadt N. I. 8. 113 f.) an'8 Licht ge- treten. Zweimal schon fand diese Spoliation statt, 1385 und 1390. Die Juden in den schwäbischen Landestheilen verloren alle ihre ausstehenden Capitalien, mussten Schuldverschreibungen und Pfänder ausliefern und die Schuldner hatten nichts davon, der Kaiser, die Edelleute und Städte theilten mit einander die Beute. Es war ein einfacher Raub in scheinbar legaler Form.

Interessant ist auch das Capital; die Gemeinde- und Rechts- Verhältnisse (S. 140 f.). Auch hierbei nehmen die Rechtverhält- nisse mit zunehmendem Mittelalter einen immer ungünstigem Cha^ rakter an. Bei der Invasion der Deutschen zur Zeit der Völker- Wanderung hatte jeder Volksstamm, und also auch die Juden, seine eigene Gerichtsbarkeit für Glieder desselben Stammes. Dieses Verhältniss hat sich am längsten in Köln erhalten, weil die eingewanderten Deutschen dort bereits eine längst bestehende fest organisirte Gemeinde vorfanden. Die Kölner Juden standen bis ins 14. Jahrhundert unter der Gerichtsbarkeit des ״ Juden- bischofs (d. h. Rabbiners, eigentlich die b.eibehaltehe Bezeich- nung für הזן הכנסת f ^7c[aK0nog rHs ovvaycoyrjg). Selbst wenn ein Cleriker eine Klage gegen einen Juden hatte, musste er sich an den Judenbischof und an das Capitel wenden und mit dem Ur-